Linkes FAQ: So beantwortest du Weihnachtsdiskussionen
Weihnachten steht vor der Tür und für viele von uns bedeutet das, trotz der verordneten Harmonie, politische Auseinandersetzungen im Kreis der Familie. Um euch für die Feiertage zu wappnen, haben wir angesichts der aktuellen Lage einige Standard-Sprüche gesammelt und beantwortet.
“Wenn du gegen Putins Krieg bist, dann musst du auch frieren”. Solche schiefen Argumente müssen sich viele von euch an Weihnachten anhören. Wir haben über Instagram eine Umfrage zu den Weihnachts-Diskussionen gemacht und wollen in diesem Artikel auf einige eingehen.
#1: “Gegen die Rechten brauchen wir nur gute Argumente”
Seine Familie kann man sich nicht aussuchen und oftmals ist sie ein unangenehmer Spiegel der Gesellschaft. Viele haben Eltern, Geschwister, Großeltern oder Cousins mit rechtsradikalem Gedankengut. Kein Wunder, schließlich kommt die AfD nach aktuellen Umfragen auf 12 bis 15 Prozent. Oft versuchen diejenigen, die den Rechten auch entschieden widersprechen, die rechten Familienmitglieder mit ihren Argumenten zu überzeugen. Doch sie unterliegen dabei einem Irrtum. Wenn der rechtsradikale Onkel der Meinung ist, dass die Geflüchteten an allem Schuld sind, wenn sie denken, dass der Klimawandel frei erfunden ist oder wenn sie ganz offen die AfD oder noch rechtere Kräfte unterstützen, dann gibt es keine Grundlage für eine Diskussion. Die Gewalttaten, die Hetze von AfD und Co.sowie die rassistische Gesetzgebung fördern in der Öffentlichkeit das Bild, die Migration sei der Hauptfeind der “Deutschen”. Die Entrechtung von migrantischen und nicht-weißen Menschen sei also im Interesse deutscher Arbeiter:innen und die Kosten für die Krise der Kapitalist:innen sollten demnach die “Nicht-Deutschen” tragen. Menschen werden nicht von Gottes Hand zu Rassist:innen, sondern sie haben reale Sorgen und Nöte, auf die sie einfache Antworten und Lösungen suchen, die oft grundlegend reaktionär sind. Die Ängste der AfD-Anhänger:innen sind nicht einfach nur irrational und müssen auf den Boden der Realität zurückgeholt werden, sondern sie haben eine echte Basis. Die hohe Inflation, die kommende Wirtschaftskrise, die steigende Kriegsgefahr führen dazu, dass Menschen verständlicherweise Zukunftsängste entwickeln. Die Verschärfung all dieser Elemente seit Beginn des Ukraine-Kriegs stärkt die soziale Basis der Rechten, solange die Linke keine besseren Antworten mit einer realen Kampfperspektive bietet. Es reicht auch nicht, das nur in Worten zu formulieren, sondern es muss eine reale Kraft aufgebaut werden, die diese Fragen beantworten kann. Die Rechten machen das schon. Während linke Organisationen sich unter den Arbeiter:innen und Unterdrückten verankern, nutzt die AfD das sogenannte Kleinbürgertum als soziale Basis. Dabei handelt es sich nach Marx um eine soziale Zwischenschicht zwischen den Arbeiter:innen und den Kapitalist:innen. Kleinbürger:innen haben mit den Herrschenden gemeinsam, dass sie über privates Eigentum an Produktionsmitteln (kleine Firmen, Läden, etc.) verfügen, mit dem sie einen kleinen Gewinn erwirtschaften können. Allerdings sind sie nicht in der Lage, im großen Stil auszubeuten und leiden vor allem in der Krise unter dem Druck der großen Monopole und der Krise. Weil sie sich dennoch an ihr Privateigentum klammern, hassen sie den Sozialismus als Antwort auf die Krise wie die Pest. In ihrer Verzweiflung fallen sie auf die Hetze der Bosse rein, die versuchen, die Arbeiter:innenbewegung und ihren Kampf gegen die Herrschenden zu spalten. Rechte kann man also nicht durch Argumente überzeugen, sondern höchstens in der Praxis aufzeigen, dass sozialistische Politik die einzige Antwort auf die Krisen unserer Zeit ist. Deshalb ist es sinnvoller, mit anderen nicht-rechten Familienmitgliedern eine Diskussion darüber zu führen, welche Antworten man auf die Krisen unserer Zeit braucht.
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#2: “Wer gegen Putins Krieg ist, muss für die NATO und die Bundeswehr sein”
Seit nunmehr zehn Monaten führt Putin seinen Angriffskrieg auf die Ukraine. Und beinahe ebenso lang versorgen die NATO-Staaten die Ukraine mit Waffen, Panzern und sonstiger Rüstung. Mit einem Vorwurf sehen sich all diejenigen, die sich gegen Waffenlieferungen und die 100 Mrd. Euro schwere Aufrüstung der Bundeswehr positionieren, besonders häufig konfrontiert: Sie seien damit für Putin. Diese Schlussfolgerung basiert auf einem Weltbild, das in Kategorien von gut/böse, schwarz/weiß, richtig/falsch denkt, womit komplexe Zusammenhänge nur unzureichend analysiert werden können. Ob der Einmarsch in Afghanistan, der Irak-, Syrien-, Libyen-, oder Kosovokrieg – auch die NATO-Staaten haben durch ihre militärischen Einsätze und Überfälle Millionen an Toten und unendlich große Zerstörung zu verantworten. Sich gegen Putins Angriffskrieg zu positionieren, muss nicht zwangsläufig bedeuten für die NATO zu seinGegen die NATO zu sein, muss nicht bedeuten sich hinter Putin zu stellen. Es gibt eine dritte Position, die da lautet: „Weder Putin noch NATO“. Diese stützt sich nicht auf westliche Interventionen und ein ständiges Eskalationspotential, sondern auf Beispiele von Arbeiter:innen, die sich mit Streiks und Sabotagen gegen den Krieg stellen, indem sie Waffenlieferungen und Kriegslogistik für alle Beteiligten blockieren. Sie beinhaltet außerdem eine klare Absage an die Aufrüstung und damit die Forderung zur Rücknahme des 100 Mrd. Euro Sondervermögens sowie ein Nein zum 2-Prozent-Ziel der NATO.
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#3: “Wir müssen jetzt gegen Putin frieren”
Gefroren wird in diesem Jahr auch nicht aufgrund exorbitant hoher Strom-, und Gaspreise sowie einer Inflation von 10 %, sondern aus moralisch edlen Gründen, die von Regierungsseite als „Frieren für die Freiheit“ oder „Frieren gegen Putin“ vermarktet werden. Während private Haushalte zum Sparen immer und immer wieder aufgerufen werden, läuft die Produktion in den Kriegsmaschinerien von Rheinmetall, Krauss-Maffei Wegmann & Co. einfach weiter. Dieser Widerspruch wird umso deutlicher, wenn Habecks Gas-Deals mit Katar als Erfolg gewertet werden. Fast so, als gebe es gute und schlechte Diktatoren. Zwar wurden die Missachtung der Menschenrechte und die teils zum Tode führenden Arbeitsbedingungen im Kontext der Fußball-Weltmeisterschaft durchaus kritisiert, wenn es aber um LNG geht, ist dies schnell vergessen. Eine solche Haltung ist heuchlerisch und argumentiert mit einer extremen Doppelmoral. Die Antwort darauf kann kein „Weiter-so“ sein, weder was billiges russisches Gas, noch LNG aus Katar oder den USA betrifft. Stattdessen müssen Energiewirtschaft und Produktion demokratisch nach dem täglichen Bedarf geplant werden, was einen Umbau des Energiesystems, der Schwerindustrie, Logistik, Mobilität und Landwirtschaft nach sozialen und ökologischen Standards erfordert. Zudem müssen hohe Steuern auf Übergewinne der Krisenprofiteure erhoben und die Energiekonzerne mittels einer entschädigungslosen Enteignung unter Kontrolle der Beschäftigten gestellt werden. Die Losung lautet: Wir frieren nicht für ihre Profite!
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#4: “Die Ausländer bekommen doch eh immer alles, die sollen mal arbeiten gehen”
Die Hetze gegen Geflüchtete ist längst nichts mehr, was sich nur in Ansprachen der extremen Rechten finden würde. Sie ist längst in Parteien mit Bundestagsmandaten angekommen und zieht sich – mal mehr, mal weniger offen -, durch die mediale Berichterstattung. Im Kontext des Angriffskrieges geht das UN-Flüchtlingskommissariat von etwa 16,6 Millionen Menschen aus, die aus der Ukraine flohen. Für sie, sofern sie über einen ukrainischen Pass verfügen, gilt die sogenannte EU-Massenzustromrichtlinie, womit etwa das langwierige Asylverfahren nicht durchlaufen werden muss. Ebenso bekommen sie Unterstützung durch die Grundsicherung, und nicht durch das Asylbewerberleistungsgesetz, einen sofortigen Zugang zum Arbeitsmarkt, Gesundheitsleistungen und Integrationskursen. Möglichkeiten demnach, die Geflüchteten aus anderen Gebieten sowie Menschen, die zwar aus der Ukraine geflohen sind, aber keinen ukrainischen Pass besitzen, nicht zukommen. Die Einteilung in „gute“ und „schlechte“ Geflüchtete sowie das Ausspielen beider gegeneinander offenbaren einen Rassismus, der nicht nur von einzelnen Rechten geteilt wird, sondern sich durch Institutionen und Politik insgesamt zieht. Geflüchtete sind in Deutschland oftmals einem menschenunwürdigen Lagersystem, Repressionen und dem ständigen Damoklesschwert der Abschiebung ausgesetzt. Positiv konnotiert ist Migration oftmals nur dann, wenn sie der Verminderung des immer weiter zunehmenden Fachkräfte- bzw. Personalmangels dient. An Aussagen, wie derjenigen von Udo Witschas (Landrat von Bautzen), es sei nicht die Absicht, den Sport für die Asylpolitik bluten zu lassen, wird deutlich, wer oder was Priorität hat. Sporthallen werden zu Unterkünften, für die sie nur wenig bis gar nicht geeignet sind, umfunktioniert, während das Privateigentum in Form von leerstehendem Wohnraum geschützt bleibt. Dies gilt nicht nur in Bezug auf Geflüchtete, sondern ebenso für Obdachlosigkeit. Um in Not geratenen Menschen zu helfen, ist es notwendig, die Festung Europa und das Asylregime zu bekämpfen. Für alle Geflüchteten müssen die gleichen Rechte gelten, d.h. die bedingungslose und visafreie Aufnahme, die Anerkennung aller Abschlüsse und volle Staatsbürger:innenrechte. Abschiebungen müssen sofort gestoppt und untersagt werden. Ebenso gilt es, Waffenexporte, Wirtschaftskriege und Auslandeinsätze zu verhindern sowie gegen die imperialistische Unterdrückung insgesamt zu kämpfen, insofern all diese Faktoren Fluchtursache schaffen. Rechte und nationalistische Kräfte betreibe eine soziale Demagogie, die letztlich die Profite der Konzerne verteidigt, ebenso wie es der bürgerliche Staat macht. Weiterhin ist dem Personal-, und Fachkräftemangel in erster Linie mit besseren Arbeitsbedingungen und höheren Löhnen zu begegnen. Dazu gehört beispielsweise auch eine gleitende Lohnskala, mit der die Löhne an die Inflation angepasst werden. Diese Forderungen müssen durch Streiks durchgesetzt werden.
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#5: “Diese verrückten Klimakleber haben sie doch nicht mehr alle! Die gehören weggesperrt!”
Das Thema Letzte Generation wird vermutlich auch auf deiner Familienfeier ein Thema sein. Darüber regt sich dein CDU-Opa gerne auf. Jegliche staatliche Repression wird gutgeheißen und eine “härtere Gangart” gefordert. Trotz aller berechtigter Kritik an den Aktionsformen der Letzten Generation sind die Repression von staatlicher Seite und der rechte Mediendiskurs inakzeptabel und wir müssen uns auf die Seite der von Repression betroffenen Aktivist:innen stellen. Teilweise werden sie ohne Anhörung 30 Tage inhaftiert. Anstatt die Klimakrise zu bekämpfen, wird versucht, Aktivismus zu kriminalisieren. Hinzu kommt die Gleichsetzung von Klimaaktivist:innen mit bewaffneten Nazis, die einen Putsch planten. Hier kannst du anmerken, dass du die Aktionsform nicht als richtig erachtest, es jedoch nicht sein kann, wie der Aktivismus kriminalisiert und delegitimiert wird. Stattdessen kannst du vorschlagen, dass die Klimabewegung gemeinsam mit der Arbeiter:innenbewegung für die Umstellung der Produktion nach ökologischen und sozialen Aspekten kämpfen sollte. Denn diese hat die gesellschaftliche Macht, die zentralen Stellen der kapitalistischen Produktion nicht nur lahm zu legen, sondern auch unter ihre Kontrolle zu bringen. Dann kann die Wirtschaft und die Produktion demokratisch und ökologisch geplant werden und wird nicht von einer kleinen Zahl von Kapitalist:innen geführt werden, die von der Ausbeutung von Mensch und Natur profitieren.
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