Lauterbach: Statt echter Lösungen wird der Pflegebeitrag erhöht

07.10.2024, Lesezeit 4 Min.
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Foto: Juergen Nowak / Shutterstock

Am Montag verkündete Gesundheitsminister Karl Lauterbach, dass er bald einen konkreten Finanzplan für die Pflegeversicherung präsentieren wolle. Auch wenn vieles noch nicht feststeht: Teil des Plans soll die Erhöhung des Pflegebeitrags sein - also eine Lösung, die vor allem Arbeiter:innen mit geringen und mittleren Einkommen belasten wird.

Schon seit mehreren Monaten wird über die voraussichtliche Erhöhung der Beitragszahlungen der Pflegeversicherung für gesetzlich Versicherte geredet. Das RND berichtete dann jüngst unter Berufung auf Regierungskreise, dass die Pflegeversicherung im Februar 2025 zahlungsunfähig sein könnte, wenn sie kein zusätzliches Geld erhalte. Die Krankenkassen prognostizierten demnach eine notwendige Erhöhung des Beitragssatzes um 0,2 Prozentpunkte, während die Regierung sogar von 0,25 – 0,3 Prozentpunkten ausgeht. Dies wurde damit begründet, dass nach den Wahlen im Herbst 2025 eine längere Phase der Regierungsbildung erwartet wird. Deswegen wolle man den Beitragssatz so erhöhen, dass das Geld mindestens bis 2026 ausreicht. Am Montag kündigte  Lauterbach in Reaktion auf diese Berichte an, dass er ein Finanzkonzept vorlegen wolle, um die Pflegeversicherung zu stabilisieren. Er widersprach gleichzeitig den Medienberichten, dass die Pflegeversicherung pleitegehen könnte und betonte, dass die finanziellen Schwierigkeiten der Pflegeversicherung bekannt seien. Insbesondere die neuen Zuschüsse zum Eigenanteil für Pflegebedürftige in Heimen seien ein Grund dafür, außerdem bekämen immer mehr Pflegekräfte Löhne auf Tarifniveau und es gebe eine steigende Zahl an Pflegebedürftigen. 

Derzeit liegt der Beitragssatz der Pflege allgemein bei 3,4 Prozent des Bruttolohns, für Kinderlose über 23 bei 4 Prozent und für Familien mit mehr als einem Kind unter 25 Jahren gibt es Abschläge. Geplant ist eine Beitragserhöhung von 0,3 Prozentpunkten, also beispielsweise für Kinderlose auf 4,3 Prozent.. Zusammen mit den erwarteten 0,7 Prozentpunkten für die Krankenversicherung bedeutet dies, dass Sozialbeiträge ab dem nächsten Frühjahr ansteigen könnten, wie seit 20 Jahren nicht mehr. 

Bereits die Pflegereform 2023 ging mit einer Erhöhung des Pflegebeitrags einher. Es werden also erneut Arbeiter:innen belastet, um das Gesundheitssystem am Laufen zu halten. Gerade für Beschäftigte mit wenig Geld fällt jede Erhöhung besonders ins Gewicht. Zusammen mit der geplanten Erhöhung der Beiträge zur Krankenversicherung handelt es sich im Schnitt um rund 200 Euro pro Jahr, die ab 2025 zusätzlich gezahlt werden müssen.

Dass jetzt, kurz nach der letzten Pflegereform, vorhersehbare Schwierigkeiten für eine erneute Erhöhung der Beiträge herangezogen werden, ist irritierend. Dass Patient:innen in Pflegeheimen richtigerweise entlastet werden, war Teil der letzten Reform. Die Kosten dafür waren wohl abzusehen. Dass es nun “mehr Pflegebedürftige gibt”, sollte hinsichtlich des seit langem bekannten demographischen Wandels auch nicht überraschen. Und dass Pflegekräfte – auch solche ohne Tarifvertrag – angesichts des hausgemachten Fachkräftemangels und schlechter Arbeitsbedingungen höhere Löhne verlangen, ist ebenfalls erwartbar. Ihnen jetzt indirekt eine Mitschuld für die steigenden Beiträge zu geben, ist dagegen unerwartet dreist vom Gesundheitsminister.

Würden der Pflegesektor und besonders auch Pflegebedürftige von der Regierung auch nur annähernd so ernst genommen wie die Interessen von Großkonzernen und die Militarisierung Deutschlands, dann würde es niemals eine derartige Instabilität in der Pflegeversicherung geben.

Doch vom SPD-Politiker Karl Lauterbach sollten wir keine nachhaltige Gesundheitspolitik für alle erwarten. Seine Reformen verwalten nur die stetige Verschlechterung: Die Ausbildung und die Arbeit in der Pflege wurden so sehr prekarisiert, dass allein eine höhere Finanzierung kaum noch ausreicht, da es auch an Arbeitskräften mangelt. Dadurch ist auch die Pflegeversicherung keine Garantie, dass man tatsächlich ausreichend versorgt wird. Das zeigt sich auch daran, dass die Pflege von Familienmitgliedern häufig von Angehörigen ganz oder teilweise übernommen werden muss.

Statt eines Beitragssystems für die Pflege, das vor allem Beschäftigte belastet, braucht es also alternative Lösungen: Zum Beispiel eine Finanzierung des Gesundheitssystems, die von einer massiven Besteuerung großer Vermögen getragen wird, und durch ein Ende von Aufrüstung und Militarisierung. 

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