„Lasst uns Komitees an der Uni für ein freies Palästina aufbauen“
250 Menschen demonstrierten am Freitag an der Freien Universität Berlin gegen den Genozid am palästinensischen Volk. Wir dokumentieren die Rede von Caro Vargas von der marxistischen Hochschulgruppe Waffen der Kritik.
“Noch nie in der Geschichte von Oxfam haben wir eine derartige humanitäre Krise, wie die in Gaza gesehen.” Dieses Statement veröffentlichte der CEO von Oxfam vor einigen Tagen.
Wir schreiben 28 Tage seit dem genozidalen Angriff auf Gaza. In 28 Tagen wurden 9061 Menschen in Gaza ermordet. Hört euch diese Zahl an, lasst sie euch auf der Zunge zergehen: Seit dem 07. Oktober ermordete das israelische Militär jeden Tag 324 Menschen.
Das ist mit deutscher Staatsräson gemeint, wenn Politiker:innen von “bedingungsloser Unterstützung mit Israel” reden. Es ist das Blut der abertausenden palästinensischen Kinder, was an den Händen deutscher Politiker:innen klebt. Das, was sie Verteidigung nennen, benennen wir ganz klar als das, was es eigentlich ist: ein Genozid.
Vorgestern veröffentlichte Robert Habeck ein Video, in dem er sich als Friedensstifter kundtut. In seiner Ansprache betont er zwar sein Mitleid für die zivilen Opfer, aber behauptet, die internationalen Proteste seien “islamistischer” Natur. Die eindeutige Schuld liege bei der Hamas, die all dies angefangen hätten. Herr Habeck, wir brauchen ihre leeren Lippenbekenntnisse nicht, wir brauchen ihr falsches Mitleid nicht!
Wir teilen weder die Methoden noch die Strategie der Hamas. Eine Organisation, die gezielt Zivilist:innen angreift, ein theokratisches Regime aufbauen will und zutiefst Arbeiter:innenfeindlich, Frauenfeindlich, Queerfeindlich und antisemitisch ist. Natürlich verurteilen wir die Hamas. Aber warum zur Hölle müssen wir uns immer und immer wieder von Hamas distanzieren, bevor man uns zuhört. Warum darf man erst wütend über die Apartheid, Vertreibung und Ermordung sein, wenn man sich von Hamas distanziert. Die Kritik an der Hamas ändert nichts daran, dass wir das Recht des palästinensischen Volkes auf nationale Selbstbestimmung und den Kampf gegen den Apartheidstaat verteidigen. Ich frage, wie fucking oft wollt ihr es noch hören, bis palästinensisches Leben endlich einen Wert für euch hat?!
Herr Habeck, zu sagen, dieser Genozid hätte erst am 07. Oktober begonnen, ist purer Geschichtsrevisionismus. Die Hamas ist nicht im luftleeren Raum entstanden und hat eines Tages entschlossen anzugreifen. Diese Betrachtung verkennt 75 Jahre Besatzung Palästinas, sie verkennt die anhaltende Nakba seit 1948, sie verkennt den Prozess in dem Gaza in das größte Freiluftgefängnis der Welt verwandelt wurde.
Nein, Herr Habeck wir sind keine Hamas Unterstützenden “Islamisten”, wir stehen hier zu Millionen Menschen auf dieser Welt und fordern Freiheit für Palästina. Im Gegensatz zum israelischen Staat haben wir die Hamas auch noch nie unterstützt.
Wir stehen hier vor Wut über genau diese imperialistische Politik, welche die Vertreibung und Ermordung von zig Tausenden, unter dem Deckmantel des angeblichen Kampfes gegen Antisemitismus, in Kauf nimmt. Natürlich verurteilen wir jede Art von antisemitischen Angriffen auf jüdisches Leben, wir sind wütend und schockiert über die neusten Angriffe auf Synagogen und andere Einrichtungen. Wir stellen uns gegen die Gleichsetzung von jüdischen Menschen, mit dem israelischen Staat. Antizionismus bedeutet immer auch der Kampf gegen Antisemitismus. Niemand von uns ist frei, bis wir alle frei sind.
Weltweit stehen tausende jüdische Menschen auf der Straße, besetzen den US-Kongress und forderten ein Ende der Bombardierung Gazas. Einige Tage später besetzten jüdische Aktivist:innen die New Yorker Central Station. In London sahen wir einer der größten Demonstrationen in den letzten Jahrzehnten mit 500.000 Teilnehmenden.
Nicht zuletzt haben Arbeiter:innen in Kent, England, die Tore einer Fabrik von einem israelischen Waffenproduzenten, blockiert und konnten damit die Ausfuhr von Drohnen und Geschütz bremsen.
In Belgien haben die Arbeiter:innen verschiedener Flughäfen ebenfalls erklärt, dass sie sich weigern werden, „militärisches Material für den Krieg in Palästina abzufertigen“.
Es sind diese Beispiele, die uns zeigen, welche Macht die Arbeiter:innen der imperialistischen Länder haben. Es sind diese Beispiele, die uns Hoffnung geben, wenn wir keine Hoffnung mehr haben. Es sind Arbeiter:innen, die die Kriegsmaschinerie ins Stocken bringen. Alle zusammen für die Freiheit Palästinas, Hoch die internationale Solidarität!
Gleichzeitig schauen wir mit Erschrecken zu, wie sich nicht nur die Lage Vorort immer weiter zuspitzt. Wir sehen, wie die Herrschenden dieser Welt, einige humanitäre Hilfsgüter als extremst großartig darstellen, während die Menschen in Gaza dem sicheren Tod entgegensehen. Vor allem die Kriegsverbrechen werden nur zögerlich kritisiert und oft mit einem Freibrief versehen.
Deutschland spielt eine unheimlich große Rolle, sei es durch die Enthaltung bei den Vereinten Nationen oder durch Waffenlieferungen und finanzielle Unterstützung.
Deutschland unterstützt den Genozid und dies zieht sich von der Linkspartei bis zur AfD.
Die Gewerkschaftsführungen reihen sich ebenfalls ein, in dem sie sich hinter die Politik des deutschen Staates stellen. Auch Organisationen wie Fridays for Future Deutschland knicken ein und distanzieren sich von der internationalen Organisation und mischen mit bei rassistischen und konspirativen Hetzkampagnen gegen ihre eigenen Mitglieder.
Sei das nicht schon alles schlimm genug, spukt das Märchen des importierten Antisemitismus durch die Parlamente und Zeitungen. Ja richtig, das Land in dem 6 Millionen jüdische Menschen systematisch ermordet wurden, tut so, als ob Antisemitismus ein Problem wäre, was durch Migration komme.
84 % aller antisemitischen Straftaten passieren durch Nazis und Rechtsextreme, die Erzählung des importierten Antisemitismus reiht sich ein in die Kontinuität rassistischer Politik in diesem Land.
Aber wir wissen, der deutsche Staat schützt jüdisches Leben nur, solange sie den Kampf gegen Antisemitismus für rassistische Hetze und Spaltung nutzen können. Um es mit den Worten der jüdischen Antifaschistin und Holocaustüberlebenden Esther Bejerano zu sagen: ”Wer gegen Nazis kämpft, kann sich auf den Staat nicht verlassen”.
Deswegen müssen wir uns auch konsequent, gegen das Verbot des palästinensischen Gefangenen Netzwerks Samidoun stellen, dieser Angriff, ist ein Angriff auf uns alle. Wir verurteilen das Verbot und auch die bundesweite Struktur der Roten Hilfe, die sie sich dem staatlichen Narrativ hingeben. Gegen das Verbot von Samidoun und Freiheit für alle politischen Gefangenen!
Warum stehen wir also hier in Dahlem vor der Freien Universität? Am 09. Oktober veröffentlichte die Freie Universität ein Statement, indem sie sich mit allen ihren israelischen Koorperationspartnern solidarisieren.
Dazu zählt unter anderem die Hebrew University of Jerusalem. Die Universität stand in den vergangenen Jahren immer wieder unter massiver Kritik für die Diskriminierung palästinensischer Studierender, aber auch von jüdischen und internationalen Studierenden, welche öffentlich den israelischen Staat kritisieren.
1968 besetzte die Hebrew University of Jerusalem unrechtmäßig einen beträchtlichen Teil des Geländes, auf dem ihr Mount Scopus Campus und ihre Wohnheime gebaut sind. Dieses Land ist Teil von Ost-Jerusalem, das nach internationalem Recht durch Israel illegal besetzt ist.
Kein Wort verliert das Uni Präsidium über den genozidalen Anschlag auf Gaza, kein Wort über den Schutz palästinensischer und ausländischer Studierenden, welche Sorge, um ihre Familien haben oder denen möglicherweise Abschiebungen drohen. Dieses Statement ist ein Schlag ins Gesicht für alle Akademiker:innen und Studierenden international, die aufgrund ihrer Identität oder Kritik am israelischen Staat ihre Jobs oder Studienplätze verloren haben.
Als Studierende der Freien Universität fordern wir das Präsidium und den AStA zur Rücknahme dieses Statements auf. Wir fordern außerdem die Verurteilung des israelischen Genozids in Gaza und der illegalen Annexion der Westbank. Die Freie Universität und der AStA sollten zudem, die völkerrechtswidrige Besatzung in Ost-Jerusalem durch die Hebrew University anklagen und sich von dieser distanzieren.
Wir wollen und können nicht einfach so weiterstudieren, während ein Genozid verübt wird. Wir müssen an der Universität, ein relevanter Ort für die gesellschaftliche Meinung, Druck ausüben und präsent sein.
Dafür brauchen wir:
Keine Forschung an Waffen an unserer Uni! Wir brauchen eine Zivilklausel, die integral funktioniert und auch sogenannte “dual use” Forschung verbietet, die für zivile und militärische Zwecke verwendet wird
wir müssen gegen jegliche Repression kämpfen, vor allem in Unterstützung von palästinensischen und solidarischen Wissenschaftler:innen und Beschäftigten, die um ihre Jobs bangen
Wir wissen jedoch, dass das nicht ausreicht. Das gesamte deutsche Regime ist mit dem israelischen Siedlerkolonialismus verbündet und wir müssen die Verbündeten auch woanders suchen. Machen wir es wie in England, in Italien und Belgien und suchen wir uns die Arbeiter:innen als Verbündete, die real die israelische Kriegsmaschinerie auch von hier bekämpfen können.
Ein Anfangspunkt kann TV-Stud und TV-L sein. Bisher ist es noch eine unpolitische Tarifrunde, aber lasst uns dort hereingehen und weitergehende Forderungen aufmachen. Wir kämpfen nicht nur für bessere Arbeitsbedingungen, sondern für eine Uni unter Kontrolle der Studierenden und Beschäftigten, im Dienste der Unterdrückten. Lasst uns ein Komitee aufbauen, was an der Uni und darüber hinaus für ein freies Palästina und gegen rassistische und antisemitische Hetze kämpft.
Der Kampf für ein freies Palästina muss daher ein zentraler Kampf der Studierenden und Beschäftigten heute sein.
Als Waffen der Kritik wollen wir eine antiimperialistische und revolutionäre Jugend an der Seite der Arbeiter:innenklasse und aller Unterdrückten aufbauen. Lasst uns hier an der FU damit beginnen!
Die Situation aktuell zeigt, dass wir weiter gehen müssen, und dass es keinen Frieden ohne Gerechtigkeit geben kann. Befreiung können wir nur erkämpfen, wenn wir uns gegen den deutschen Imperialismus stellen und kämpfen für ein freies, laizistisches und sozialistisches Palästina, in dem jüdische und palästinensische Menschen gemeinsam in Frieden leben können.
VIVA FALESTIN!