„Lasst uns gemeinsam kämpfen als Studierende und Beschäftigte der Uni Potsdam für ein freies Palästina“
Über 70 Menschen demonstrierten am Donnerstag an Universität Potsdam gegen den Genozid am palästinensischen Volk. Wir dokumentieren die Rede von Tom Krüger von der marxistischen Hochschulgruppe Waffen der Kritik.
Während wir uns hier versammeln, hat die israelische Armee fast 25.000 Menschen in Gaza ermordet, das entspricht einem Schnitt von 250 getöteten Menschen am Tag. Bei der Hälfte der getöteten handelt es sich um Kinder. Damit handelt es sich um den statistisch gesehen mit Abstand tödlichsten Konflikt des 20. Jahrhunderts – vor dem syrischen Bürgerkrieg mit 100 Toten pro Tag. Sowohl AStA als auch Unipräsidium verlieren darüber kein Wort in ihren ersten Statements zur Situation. Unser AStA diffamiert quasi jeden Protest gegen den laufenden Genozid antisemitisch. Die Universität betont in ihrem ersten Statement sogar ihre Solidarität mit Israel und ihre Partnerschaft mit der Hebrew University, die mit ihren Gebäuden auf sogar laut UN besetzem Land. Erst in ihrem zweiten Statement verurteilt die Universität wenigstens teilweise, wenn auch viel zu zaghaft, die Politik Israels. Als Reaktion darauf hat sich jedoch der brandenburgische Ministerpräsident eingeschaltet, um jede Kritik am israelischen Staat wegzuwischen. Laut ihm stehe ganz Brandenburg hinter Israel. Wir nehmen uns vor das zu ändern!
Alle, die hier zuhören, wir müssen gemeinsam eine Studierendenbewegung gegen Imperialismus und Genozid aufbauen. Dafür benötigt es zunächst einmal eine Vollversammlung aller Studierenden der Universität Potsdam, auf der wir über das schweigen aller wichtigen studentischen und Universitären Gremien über den Völkermord diskutieren können. Wir brauchen eine Universität, in der man keine Angst hat, sich gegen einen Genozid auszusprechen, und die stattdessen einen Beitrag leistet, über den Genozid aufzuklären. Zentral dafür ist, dass es einen demokratisch von den Studierenden und Beschäftigten kontrollierten Fachbereich für Palästinastudien geben muss. Außerdem muss die Universität jegliche militärforschung aufgeben und eine umfassende Zivilklausel einführen, damit aus Potsdam nicht nur kein Beitrag zum Genozid geleistet wird, immerhin haben sich deutsche Waffenlieferungen nach dem 07.10. mehr als verzehnfacht, sondern auch kein Beitrag leistet zu den anderen Verwüstungen, die deutsche Waffen international allgemein anrichten, wie bei den türkischen Bombardements auf Rojava.
Wir müssen uns auch anschauen, wer bis jetzt am effektivsten aus Europa gegen den Genozid gekämpft hat: Das waren die Arbeiter:innen an den Flughäfen Belgiens, die sich geweigert haben, Waffenlieferungen nach Israel zu verladen und die Arbeiter:innen aus Großbritannien, die die Fabrik des israelischen Waffenherstellers Elbit blockiert haben. Die Arbeiter:innenklasse hat mit den Mitteln des politischen Streiks die größte materielle Kraft, die in der kapitalistischen Gesellschaft aufgebracht werden kann. Deshalb ist es für uns notwendig, uns auch hier mit den Arbeiter:innen zu verbünden und zum Beispiel die Streiks der Lokführer:innen und die anstehenden Streiks im Nahverkehr zu unterstützen oder in unsere eigenen Streiks im TV-Stud zu tragen. Eine Perspektive des Kampfes gegen den Militarismus des deutschen Staates und seiner Komplizenschaft mit Israel kommt uns allen zu gute. Wir müssen die Streiks unterstützen und in Diskussion treten, dass auch gegen deutsche Waffenlieferungen, die Aufrüstungen der Bundeswehr und für massive Investitionen in Bildung und Soziales gestreikt werden muss. Deutsche Rüstungsunternehmen müssen unter Arbeiter:innenkontrolle verstaatlicht und auf zivile Produktion umgestellt werden.
Wir müssen uns auch bewusst machen, dass wir die einzigen hier an der Uni organisierten Student:innen sind, die gegen alle Rechten kämpfen – sei es die AfD oder Zionist:innen. Im Angesicht der Säuberungspläne der AfD , und dass sich unser AStA so aufspielt, als würde sie sich ernsthaft gegen rechts einsetzen, während er kein Wort zum Genozid an den Palästinenser:innen verliert, während unsere Uni viel zu zaghaft die israelische Politik verurteilt und während ausnahmslos alle Parteien im Bundestag den Genozid unterstützen, müssen wir den Kampf gegen Rechts selbst in die Hand nehmen. Schließlich ist die Repression gegen Palästinenser:innen und die sogenannte “Israelsolidarität” ein zentraler Brandbeschleuniger des Rechtsrucks. Wir müssen es uns zur Aufgabe machen, in die kommenden Mobilisierungen gegen die AfD mit einem palästinasolidarischen Programm zu intervenieren und dürfen es nicht zulassen, dass sich AStA & Bundesregierung, die sich beide voll hinter Israel stellen, sich als Widerstand gegen die AfD inszenieren können, während sie die Palästinasolidarität zum schweigen bringen.
Schlussendlich möchte ich noch sagen, dass es notwendig ist, dass wir uns nicht nur mit allen Palästinenser:innen solidarisieren, sondern mit allen progressiven Kämpfenden im gesamten arabischen Raum. Der Grund für die massive Unterstützung Israels durch die Bundesregierung und alle anderen wichtigen westlichen mächte, ist der, dass Israel einen riesiger militärischer Stützpunkt des Imperialismus im nahen Osten ist. Es ist notwendig, dass der Imperialismus aus der Region rausgeworfen wird für einen dauerhaften gerechten Frieden, was bedeutet, dass wir auch die Massendemonstrationen in Ägypten, Jordanien usw unterstützen müssen, damit diese ihre mit dem Westen verpartnerten Regime stürzen. Auch hier spielen die Arbeiter:innen und ihre Macht, die sie mit dem Mittel des poltiischen Streiks besitzen eine zentrale Rolle. Um den Imperialismus nachhaltig aus der Region herauszuhalten bedeutet dies die enteignung der schlüsselindustrien unter Arbeiter:innenkontrolle und einem föderalen zusammenschluss dieser Staaten unter Arbeiter:innenkontrolle im ostarabischen Raum. Teil einer solchen Föderation muss ein Staat mit gleichen Staatsbürger:innenrechten für Palästinenser:innen, Jüd:innen und alle Volksgruppen im Gebiet des historischen Palästina sein, mit einem bedingungslosen Rückkehrrecht für alle Palästinenser:innen in der Diaspora. Lasst uns gemeinsam kämpfen, in den kommenden Streiks, in den mobilisierungen gegen Rechts, als Student:innen und Beschäftigte der Uni Potsdam für ein freies Palästina.