Kurzarbeit in Zeiten von Corona: Ein Angriff auf uns alle
Im Zuge der drohenden Wirtschaftskrise wollen die Unternehmen ihre Profite durch Kurzarbeit retten. Bereits 470.000 Unternehmen mit Millionen Beschäftigten haben Kurzarbeiter*innengeld angemeldet. Die Bundesregierung ist ihnen behilflich und vereinfacht die Möglichkeiten, diese staatlichen Hilfsgelder zu kassieren. Doch was ist Kurzarbeit eigentlich und was bedeutet das für uns?
Kurzarbeit wird von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) als Sicherungsmethode für Arbeitsplätze verkauft. Der Staat hilft Unternehmen dabei, einen Teil des Lohns weiter zu zahlen, dafür bleiben viele der Beschäftigten weiterhin angestellt. Konkret bedeutet das, dass Unternehmen X zur Bundesagentur für Arbeit (BA) geht und Kurzarbeit anmeldet. Das Unternehmen muss Beschäftigten dann 60 Prozent des Lohnes weiterzahlen (67 Prozent, wenn Kinder im Haushalt leben) und wird von allen Sozialbeiträgen befreit. Die BA zahlt dann die Kosten für die Löhne an das Unternehmen. Faktisch bezahlen die Unternehmen also nichts.
Die Hürden für Kurzarbeit wurden in diesem Monat von der Regierung massiv gelockert. Statt 30 Prozent müssen nur noch zehn Prozent der Beschäftigten betroffen sein. Neuerdings gilt das sogar für Leiharbeiter*innen, die sowieso weniger verdienen. Auch die Befreiung von den Sozialbeiträgen wurde neu eingeführt und wird hohe Kosten für den Staat nach sich ziehen, der diese Zahlung übernimmt.
In der aktuellen Situation meldeten schon 470.000 Unternehmen Kurzarbeit an, alleine in Berlin waren es über 20.000 Konzerne, die so auf die staatlichen Gelder zugreifen wollen. Das Bundesministerium für Arbeit geht dabei davon aus, dass insgesamt weit mehr Menschen von Kurzarbeit betroffen sein werden als infolge der Wirtschafts- und Finanzkrise 2008, als 1,4 Millionen Arbeiter*innen Kurzarbeiter*innengeld erhielten. Die Kapitalist*innen wollen dadurch die Kosten der Krise auf den Rücken der Beschäftigten abwälzen und ihre eigenen Gewinne retten. Die Bundesregierung kommt ihnen durch die in Rekordzeit durchgebrachte Flexibilisierung zu Hilfe und stellt erneut unter Beweis, dass sie im Interesse der großen Konzerne regiert und nicht für die Arbeiter*innen.
Denn auch wenn es so verkauft wird, dass Kurzarbeit Jobs rettet – wirkliche Sicherheit gibt es nicht. Nicht nur das Gehalt, egal wie gering, wird massiv gekürzt. Das bedeutet für viele prekär Beschäftigte, die schon so kaum mit ihrem Lohn über die Runden kommen, dass sie laufende Ausgaben nicht mehr stemmen können. Urlaub aus dem Vorjahr, sowie Überstunden müssen davor komplett abgebaut sein. Auch Kündigungen sind nicht wirklich erschwert. Unternehmen sind lediglich verpflichtet, in den drei Monaten nach der Kurzarbeit die Arbeiter*innen nicht zu feuern, die davon betroffen waren. Es ist den meisten Arbeiter*innen nicht möglich, vernünftig zu kalkulieren und man muss unfreiwillig Geld einsparen. Die einzige Antwort des Staates ist die Erlaubnis, weiteren kurzfristigen Beschäftigungen nachzugehen. Allerdings darf man auch dabei nicht mehr verdienen als davor, sonst wird das Geld abgezogen. Doch gerade in Zeiten der sich zuspitzenden Wirtschaftskrise ist die Jobsuche nicht einfach.
Interessant ist auch, dass Arbeitslosengeld 1 (ALG1) genauso hoch ist wie die Lohnfortzahlung bei Kurzarbeit. Empfängern von ALG 1 stehen 60 Prozent bzw. 67 Prozent (mit Kind) ihres letzten Nettogehalts zu. Im Endeffekt ist Kurzarbeit also verschleierte kurzzeitige Arbeitslosigkeit. Somit ist es auch nicht verwunderlich, dass in Deutschland „nur“ 200.000 Menschen zusätzlich ihre Arbeit verloren haben, während es in anderen Ländern Millionen sind. Dabei müssten alle Betriebe, die nur für den Profit der Kapitalist*innen weiter laufen und nicht gesellschaftlich notwendige Bereiche abdecken, bei vollständiger Lohnfortzahlung geschlossen werden, um die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen. Wenn Unternehmen daraufhin mit Schließungen und Entlassungen drohen, sollten sie unter Kontrolle der Beschäftigten verstaatlicht werden.
Die Kurzarbeit-Maßnahmen der Bundesregierung sind also nicht nur ein Angriff auf uns Arbeiter*innen, sondern zeigen auch, dass der Staat nur die Wirtschaft retten will und nicht – wie er vorgibt – die „Menschen“. Da kann Hubertus Heil noch so viel von „zusammenstehen trotz Interessensunterschieden in Wirtschaft und Politik“ schwadronieren und auch den Unterschied zwischen „Chef oder Mitarbeiter“ und „Wirtschaft oder Gewerkschaften“ verschleiern. Sein Zusammenhalt erfolgt auf dem Rücken der Bevölkerung, zugunsten der Wirtschaft. Große Unternehmen müssen zur Kasse gebeten werden und ein Fonds für voller Lohnzahlung für alle Beschäftigten eingerichtet werden.