Kursk-Offensive: Selenskyj versucht, die Unterstützung für den Krieg wiederzubeleben

29.08.2024, Lesezeit 15 Min.
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Der überwältigende Vorstoß der Ukraine auf russisches Territorium wird die Dynamik auf dem Schlachtfeld nicht wesentlich verändern, aber er könnte den Krieg verlängern.

Während die Welt in Erwartung einer möglichen Eskalation des Konflikts zwischen Israel und Iran auf den Nahen Osten blickte, schaffte es der Krieg in der Ukraine mit einer schockierenden Entwicklung zurück in die Schlagzeilen. Über mehrere Tage hinweg drangen ukrainische Streitkräfte in russisches Hoheitsgebiet ein, drangen tief in die Region Kursk vor und nahmen mit Leichtigkeit kleine Städte ein.

Die offensichtlichste Errungenschaft ist die positive PR, die es der Ukraine beschert hat. Dies ist keine geringe Leistung, da die Unterstützer:innen der Ukraine in der NATO mit internen und internationalen Krisen zu kämpfen haben, die sie dazu veranlasst haben, ihre Unterstützung für die Ukraine zu vernachlässigen.

Präsident Selenskyj bestätigte erst nach einer Woche des Schweigens den Einmarsch der ukrainischen Truppen. Nach Angaben ukrainischer Beamt:innen gelang es den ukrainischen Truppen, 1.000 Quadratkilometer russisches Territorium, mindestens 74 Siedlungen zu erobern und Hunderte russischer Soldaten:innen gefangen zu nehmen. Am 18. August gab Selenskyj bekannt, dass mit dem Einmarsch eine „Pufferzone“ geschaffen werden soll, um russische Angriffe abzuschrecken, obwohl die Ukraine nur wenige Einzelheiten über ihre größere Strategie bekannt gegeben hat.

Dies ist das erste Mal seit dem Zweiten Weltkrieg, dass die russischen Grenzen von einer gegnerischen Partei durchbrochen wurden. Putins Regime hat darauf reagiert, indem es den Russ:innen versicherte, dass alles in Ordnung sei und man sich darum kümmere. Doch das ist eindeutig nicht der Fall. Die New York Times berichtet, dass durch den Einmarsch 130.000 Menschen innerhalb Russlands vertrieben wurden. Der ukrainische Vorstoß hat Russland eindeutig überrumpelt und Putins Fassade der russischen Sicherheit und Stabilität erschüttert.

Neben Selenskyj und Putin haben sich auch die Staats- und Regierungschefs der verschiedenen NATO-Länder recht zurückhaltend zu diesem Thema geäußert, wobei sie zumeist rhetorische Unterstützung für die Ukraine bekundeten und behaupteten, von dem Vorstoß nichts gewusst zu haben.

Nach Angaben der Sprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre, waren die Vereinigten Staaten an dem Überfall „nicht beteiligt“ und wurden von der Ukraine auch nicht darüber informiert. Biden hat inzwischen eingeräumt, dass die Vereinigten Staaten „in ständigem Kontakt mit den Ukrainer:innen stehen, die auf dem Vormasch sind“. Obwohl es unmöglich ist, sich vorzustellen, dass die Vereinigten Staaten von dem Einmarsch nichts wussten, haben sie ihn möglicherweise nicht vollständig unterstützt.

Die Regierung Bidens vertrat im Allgemeinen die Auffassung, dass es im Interesse der USA sei, den Krieg auf ukrainisches Territorium zu beschränken, während Selenskyj bei den Vereinigten Staaten und anderen NATO-Ländern dafür warb, offensivere Schritte der Ukraine zu unterstützen. Erst im Mai dieses Jahres hat Biden der Ukraine teilweise erlaubt, US-Waffen für Angriffe auf russisches Territorium einzusetzen. Es ist nicht auszuschließen, dass die Vereinigten Staaten in die Pläne der Ukraine eingeweiht waren und davon abrieten, sich aber letztlich für ein Szenario entschieden, in dem die Ukraine vorrückt und die Vereinigten Staaten Unwissenheit vortäuschen können.

Ein politischer Sieg für die Ukraine

Der Einmarsch ist in erster Linie ein moralischer Gewinn für die Ukraine, nachdem die ukrainischen Kriegsanstrengungen monatelang nur wenig Erfolg hatten und in eine schwere Krise gerieten. Die Fähigkeit der Ukraine, sich militärisch gegen Russland zu behaupten, sieht seit Mai besonders düster aus, als es Russland gelang, in die Region Charkiw vorzustoßen und damit eine monatelange Pattsituation zu beenden. Aufgrund der geringen Truppenstärke hat Selenskyj im April den antidemokratischen Schritt unternommen, die Wehrpflicht durch eine Reihe von Maßnahmen auszuweiten, darunter den Verzicht auf einige medizinische Ausnahmen und die Senkung des Wehrpflichtalters von 27 auf 25 Jahre. Wie unpopulär diese Maßnahme ist, zeigt sich an der Entstehung von Schlepperbanden, die Tausende von Wehrdienstverweigerern aus dem Land schmuggeln, sowie an den grausamen Videos, die zeigen, wie ukrainische Soldaten junge Männer in Fahrzeuge zwingen, um sie zum Sterben in Schützengräben zu schicken.

Auch an Herausforderungen durch internationale Entwicklungen hat es der Ukraine nicht gemangelt. Seit Oktober sind die Vereinigten Staaten, die nach wie vor die Hauptverantwortung für die Aufrechterhaltung der ukrainischen Kriegsanstrengungen tragen, diplomatisch und militärisch tief in den Nahen Osten verstrickt, wo Israel seinen Völkermord in Gaza fortsetzt und versucht, einen regionalen Krieg mit dem Iran anzuzetteln.

Die Welt wartet auch auf den Ausgang der Präsidentschaftswahlen in den USA, die die Möglichkeit einer weiteren Trump-Regierung und damit den unberechenbaren und unilateralen Ansatz in der Außenpolitik, den Trump und die extreme Rechte zu ihrem Programm gemacht haben, in sich bergen. Die Ungewissheit darüber, was eine weitere Trump-Regierung für die Ukraine bedeuten könnte, wird durch die Wahl von Trumps Vizepräsidenten J. D. Vance noch verstärkt, der ein lautstarker Kritiker der militärischen Unterstützung für die Ukraine ist.

Die Ukraine-Skepsis, die innerhalb der Republikanischen Partei gewachsen ist, spiegelt eine echte Besorgnis eines Teils des Kapitals wieder, der die militärische Konzentration der USA auf Europa als Ablenkung von der Vorbereitung auf die Konfrontation mit China und als Verschwendung ohnehin knapper militärischer Ressourcen betrachtet. In Anbetracht dieser Grenzen sollte die Ukraine-Skepsis der trumpistischen Republikanischen Partei nicht nur als Wahlkampfappell an Wähler:innen gesehen werden, die der ewigen Kriege überdrüssig sind (obwohl es dafür eine sehr reale Basis gibt), sondern als Vorschlag an Teile des Kapitals, wie die Vereinigten Staaten eine große Strategie der Konfrontation mit China verfolgen können. Diese sieht unter anderem vor, dass die militärischen Mittel der USA von Europa weggelenkt werden.

Auch Westeuropa befindet sich in einer Krise, die sich im Erstarken extrem rechter Parteien ausdrückt. Von diesen stellen viele ebenfalls die unbegrenzte Unterstützung ihrer Länder für die Ukraine in Frage. Wie bei der Ukraine-Skepsis in den Vereinigten Staaten beruht der Anstieg dieser Stimmung in Europa auf der Skepsis der durchschnittlichen Wähler:in sowie auf der Skepsis von Teilen des Kapitals, die den Krieg nicht als in ihrem Interesse liegend betrachten. Dies zeigt sich vielleicht am besten am Aufstieg von Sahra Wagenknecht, die den Krieg in der Ukraine nicht aus antiimperialistischen Gründen in Frage stellt, sondern aus der Perspektive, dass das deutsche Kapital davon profitieren würde, wenn es den Vereinigten Staaten weniger untergeordnet wäre und mehr Handel mit Russland treiben würde.

Angesichts all dieser Herausforderungen für die Fähigkeit der Ukraine, durchzuhalten, ermöglicht es der Einmarsch in Kursk Selenskyj und den Ukraine-Unterstützer:innen in den imperialistischen Ländern, verstärkt für eine Aufstockung der militärischen Unterstützung für die Ukraine einzutreten. Während die Auswirkungen des Einmarsches auf dem Schlachtfeld schwer vorherzusagen sind, ist es möglich, dass Selenskyj ein politisches Ziel verfolgte. Der Nutzen für die Ukraine könnte sogar noch größer sein, wenn die Demokratische Partei die Wahl gewinnen und ihre Politik fortsetzen, den Krieg zu nutzen, um Russland zu schwächen und die Vorherrschaft der USA über Europa durch die NATO-Erweiterung zu stärken. Aber selbst wenn Trump ins Weiße Haus einzieht, hat der Einmarsch den Teilen des Kapitals, die immer noch einen traditionelleren Ansatz des US-Imperialismus unterstützen, mehr Gewicht verliehen.

Der Einmarsch wirft auch Fragen darüber auf, wie stabil Putins Regime wirklich ist. Zwar verfügt Russland über weitaus größere militärische Kapazitäten als die Ukraine, doch zeigt der Einmarsch deutlich die Grenzen der militärischen Bereitschaft Russlands und der Kompetenz der Kommandostrukturen auf. Es bleibt abzuwarten, ob die Erschütterung des Sicherheitsgefühls der Russ:innen durch den Einmarsch sowie die zunehmenden ukrainischen Angriffe auf russisches Territorium zu einer stärkeren Opposition im Lande gegen Putins Kriegshandeln führen.

Auf dem Weg zu Verhandlungen?

Wenn das wahrscheinlichste Ergebnis des Einmarsches darin besteht, dass Selenskyj der NATO und der USA mehr Argumente für die Entsendung von Waffen liefert, dann stellt sich immer noch die Frage, was ein erneutes Engagement der USA und der NATO in diesem Krieg auf längere Sicht bedeutet.

Einige Analyst:innen sind bereits der Ansicht, dass der Einmarsch ein schnelleres Ende des Krieges herbeiführen könnte. Andreas Umland, Analyst am Schwedischen Institut für Internationale Angelegenheiten, schreibt in diesem Sinne in Foreign Policy und behauptet,

Die Operation macht dem russischen Präsidenten Wladimir Putin klar, dass die Ukraine noch immer ein erhebliches Potenzial hat, Russland Schmerzen zuzufügen. Und wenn es den ukrainischen Streitkräften gelingt, die Kontrolle über das russische Territorium aufrechtzuerhalten – wofür sie anscheinend immer mehr Ausrüstung heranschaffen und neue Verteidigungslinien aufbauen -, könnte dies das Druckmittel der Ukraine bei möglichen Verhandlungen zur Beendigung des Krieges stärken. Schon jetzt untergräbt der blitzartige Vorstoß der Ukraine in Russland die weit verbreitete Vorstellung, Putin habe alle Trümpfe in der Hand, um die Bedingungen für einen Waffenstillstand zu diktieren.

Umland argumentiert, dass Selenskyj angesichts der zunehmenden Kriegsmüdigkeit in der Ukraine und der schwindenden Unterstützung durch die Vereinigten Staaten, insbesondere im Falle eines Wahlsiegs von Trump, ernsthaft einen Schritt in Richtung Verhandlungen – mit größerem Einfluss für die Ukraine – in Betracht ziehen könnte.

Dies setzt jedoch voraus, dass die Ukraine das eroberte Gebiet halten kann, was zweifelhaft ist. Militärisch gesehen war der Einmarsch in Kursk ein Wagnis, auf das Russland reagieren würde, indem es seine Kräfte aus der Ostukraine abzieht, wo der Krieg am intensivsten ist. Dieses Spiel scheint bereits gescheitert zu sein, denn Berichten zufolge rückt Russland in der Region Donezk weiter vor.

Der geopolitische Analyst George Friedman vertrat kürzlich die Ansicht, dass sich der Krieg in der Ukraine bald in Richtung Verhandlungen bewegen könnte. Dabei verwies er auf Erklärungen sowohl aus Moskau als auch aus Kiew, die in diese Richtung weisen. Interessanterweise vertritt Friedman die Ansicht, dass Moskau mit der Aufnahme von Verhandlungen möglicherweise das Ziel verfolgt, sich von den Strapazen des laufenden Krieges zu erholen. Friedman ist der Ansicht, dass Russland das Eskalationspotential im Nahen Osten im Auge hat und damit rechnet, dass es einen Konflikt zwischen dem Iran und den USA zu seinem Vorteil nutzen kann, um die USA im Nahen Osten in die Enge zu treiben, so dass sich Russland neu formieren kann.

Entgegen der Vorstellung der bürgerlichen Pazifist:innen, dass Verhandlungen ein Weg sein könnten, um das Gemetzel in der Ukraine zu beenden und Frieden zwischen den Großmächten zu schaffen, ist das Szenario, das Friedman entwirft, unabhängig davon, ob es sich bewahrheitet oder nicht, viel stärker an der Realität der Weltpolitik orientiert. Tatsache ist, dass selbst ein auf dem Verhandlungswege erreichtes Ende des Krieges in der Ukraine nicht zustande kommen wird, weil sich die NATO und Russland dem Frieden verpflichtet fühlen, sondern weil andere Faktoren sie dazu veranlassen werden, ihre Interessen neu zu kalkulieren, während die Spannungen zwischen den Mächten im Grunde ungelöst bleiben.

Diese Berechnungen zeigen auch, dass die spezifische Kriegsführung in der Ukraine nichts mit der Befreiung der Ukraine zu tun hat, wie einige Linke immer noch behaupten. Ohne eine Revolution der ukrainischen Arbeiter:innen (die von der NATO, Selenskyj und Putin vehement abgelehnt würde) kann der Krieg in der Ukraine auf eine von drei Arten enden. Russische Truppen marschieren auf Kiew (unwahrscheinlich), ukrainische und NATO-Truppen marschieren auf Moskau (noch unwahrscheinlicher), oder die Kapitalist:innen einigen sich darauf, wer welche Teile des ukrainischen Territoriums bekommt. Die Fortsetzung des Krieges ist im Wesentlichen ein Spiel darum, wie viel ukrainisches Land die NATO und wie viel Russland beherrschen darf, und jeder Zentimeter Land in diesem eventuellen Kompromiss wird mit dem Blut und dem Leid der ukrainischen und russischen Arbeiter:innen und Armen bezahlt, die sich gegenseitig in Stücke reißen sollen.

Auf dem Weg zur Eskalation?

Die Fortsetzung des Krieges bedeutet auch das Risiko einer Eskalation hin zu einer größeren Konfrontation zwischen der NATO und Russland.

Selbst wenn nach Trumps Wahlsieg im November Verhandlungen aufgenommen werden, ist nicht garantiert, dass Trump an seiner erklärten Position festhält, eine Einigung mit Putin zur Beendigung des Krieges anzustreben. Schließlich hat seine vorherige Amtszeit deutlich gezeigt, dass es viel leichter ist, eine neue Außenpolitik zu versprechen, als die Welt im Sinne des US-Imperialismus zu gestalten. Wenn Putin nicht auf die Forderungen der USA eingeht, könnte Trump den Ansatz verfolgen, Putin mit Gewalt zu besseren Zugeständnissen an die Vereinigten Staaten zu bewegen, was das Risiko einer Eskalation des Konflikts birgt.

Sollte Trump einen Deal eingehen, könnte dies einige der europäischen Mächte zu einer Eskalation veranlassen. Diese Möglichkeit hat sich angesichts des russischen Vormarsches im Mai bereits angedeutet. Damals schrieb Claudia Cinatti in La Izquierda Diario (Schwesterzeitung von Klasse Gegen Klasse):

In dieser brenzligen Situation verstärken sich die militaristischen und kriegerischen Tendenzen. In Europa, das das ukrainische Debakel als eine Konfrontation des Kontinents mit Russland ansieht, sind diese Tendenzen deutlich zu beobachten. Norwegen, das Mitglied der NATO, aber nicht der Europäischen Union ist, kündigte einen 12-Jahres-Plan für den Ausbau der Streitkräfte an, der vorsieht, dass das Land bis 2036 seinen Verteidigungshaushalt verdoppelt und seine Armeebrigaden verdreifacht haben wird. Der unpopuläre britische Premierminister, der Konservative Rishi Sunak, hat sich verpflichtet,die Verteidigungsausgaben deutlich zu erhöhen, um das Land „auf Kriegsfuß“ zu stellen. Die deutsche Regierung unter dem Sozialdemokraten Olaf Scholz erwägt die Wiedereinführung der Wehrpflicht, ebenso wie andere EU-Länder.

Die vielleicht extremste Position vertrat der französische Präsident Emmanuel Macron, der die Entsendung von Truppen in die Ukraine nicht ausschloss – eine Idee, die sehr unpopulär ist und auch von den übrigen europäischen Mächten und den Vereinigten Staaten abgelehnt wird, die aber von anderen mit Russland verfeindeten Ländern wie Litauen aufgegriffen wird. In einem Interview mitThe Economistsprach sich Macron kürzlich für den Einsatz von Atomwaffen zur Abschreckung aus und beharrte auf seinem Vorschlag einer „souveränen Autonomie“ der EU gegenüber den Vereinigten Staaten.

Dann besteht die Möglichkeit, dass die Demokratische Partei gewinnt und in einer besseren Position ist, um die derzeitige Konzentration der USA auf die NATO-Erweiterung und die Konfrontation mit Russland über die Ukraine fortzusetzen, zumindest für die nächsten vier Jahre. Wie bereits erwähnt, erhöht eine Verlängerung des Krieges um mehrere Jahre die Wahrscheinlichkeit einer Eskalation. Grund dafür ist die zunehmend instabile internationale Lage, die weltweit und insbesondere in Europa von Tendenzen zu mehr Militarismus geprägt ist.

Wie Mattias Maiello und Emilio Albamonte in einem Artikel in La Izquierda Diario darlegen,

Nach Jahrzehnten der imperialistischen Globalisierung, die fraglos von den USA angeführt wurde, ist die internationale Szene heute von einem zunehmenden geopolitischen, wirtschaftlichen und militärischen Wettbewerb zwischen den Mächten geprägt. Der Krieg in der Ukraine stellt ein historisches Novum im 21. Jahrhundert dar, indem er erneut einen zwischenstaatlichen Krieg mit der Beteiligung von Großmächten auf beiden Seiten hervorbringt: Russland gegen die NATO, die als Stellvertreterpartei hinter den ukrainischen Streitkräften steht. Ein Krieg an der Peripherie Europas, für den mehr als zwei Jahre nach seinem Beginn noch immerkeine Lösung in Sicht istund der zu einem Wettrüsten der wichtigsten europäischen Mächte geführt hat. Der Pol Russland-China hat sich verstärkt und zieht mehrere „Schwellenländer“ und regionale Mächte wie den Iran an. Der „Handelskrieg“ zwischen China und den USA – der einen viel umfassenderen Streit widerspiegelt – wird mit militärischen Spannungen um das Südchinesische Meer und die Insel Taiwan kombiniert. Der Völkermord des israelischen Staates in Gaza stellt eine wachsende Bedrohung für einen regionalen Krieg dar, an dem auch der Iran beteiligt ist. Wir stehen zwar noch nicht vor einem dritten Weltkrieg, aber Analogien mit der Zeit vor 1914 sind an der Tagesordnung.

Selbst wenn eine Eskalation vermieden werden kann, sind weder die Fortsetzung des Krieges für mindestens einige weitere Jahre noch ein zwischen den USA und Russland ausgehandelter „Frieden“ Optionen, die als Gewinn für die ukrainische Arbeiter:innenklasse angesehen werden könnten. Sie würden auch nicht zu irgendeiner Form einer nachhaltigen Lösung der Widersprüche führen, die den Krieg überhaupt erst ausgelöst haben.

Wie unsere internationale Strömung, die Trotzkistische Fraktion – Vierte Internationale (FT-CI), seit Beginn des Krieges argumentieren, ist die einzige Veränderung in der Ukraine, die einen vorteilhaften Weg für die Interessen der ukrainischen Arbeiter:innen und die ukrainische Souveränität bedeuten könnte, die Intervention der Arbeiter:innenklasse. Dies erfordert die Unabhängigkeit von den Zielen der USA/NATO/Selenskyj sowie eine entschiedene Opposition gegen die russische Invasion, die Vereinigung der Arbeiter:innen in diesen Ländern und auf der ganzen Welt gegen die Kriege der Kapitalist:innen, die Ablehnung des Nationalismus und die Erarbeitung sozialistischer Lösungen für die Krisen, mit denen wir konfrontiert sind.

Dieser Artikel erschien zunächst auf Left Voice.

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