Kunst für Apartheid: Deutsche Artists hetzen gegen Palästina

07.06.2021, Lesezeit 6 Min.
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Foto von Loredana Sangiuliano / shutterstock.com

Hunderte von Künstler:innen aus aller Welt veröffentlichten einen Brief, in dem sie ihre Solidarität mit der palästinensischen Bevölkerung und die Ablehnung der Siedlerpolitik Israels bekundeten. Daraufhin starteten Künstler:innen und Medienfiguren in Deutschland eine Petition, um ihre Übereinstimmung mit der Politik Israels zu erklären und die palästinensischen Stimmen zu stigmatisieren. Wofür steht die Kunst?

Rassistische Einheit: Artists against Antisemitism or for Apartheid?

Hierzulande kursiert momentan ein Brief mit dem Titel „Artists against Antisemitism“, welcher von zahlreichen Künstler:innen der liberalen und autonomen Szene, wie z. B. die DJs Torsun & Björn, die als Initiatoren auffallen, die Bands “Frittenbude” und “die Sterne”, sowie Rapper:innen wie “Captain Gips” oder “Babsi Tollwut”, kommt. Zu diesen Szenekünstler:innen kommen Journalist:innen wie Hengameh Yaghoobifarah, Schauspieler:innen und Unternehmer:innen wie Rebecca Siemoneit-Barum und einem Mitglied der Linkspartei.

Obwohl der Brief in einem Satz erklärt, es gehe nicht „explizit darum, uns in innerisraelische Konflikte einzumischen“ beweist der Rest des Briefes jedoch das Gegenteil. In diesem Brief geht es ausschließlich um die Diffamierung pro-palästinensischer Positionen und die Gleichsetzung von Jüd:innen mit dem israelischen Staat. Während die Erklärung kein Wort zur staatlichen Verantwortung der Aufrechterhaltung des Antisemitismus in Deutschland, beispielsweise durch die Verstrickung des Rechtsextremismus mit dem bewaffneten Staatsapparat und dem Verfassungsschutz, verliert, versucht der Brief die antisemitischen Tendenzen in der Gesellschaft auf die gegenwärtige Solidarität mit den Palästinenser:innen zurückzuführen.

Hierfür bedient sich die Initiative an dem „3D-Test für Antisemitismus“ des ehemaligen Handels- und Industrieministers Israels Natan Scharanski, einem leidenschaftlichen Unterstützer der Besatzung des Gazastreifens. Dieser erklärt mit seinem Modell, dass eine Kritik am Israelischen Staat durch die „Dämonisierung, Delegitimierung und Setzung doppelter Standards“ den Übergang zum Antisemitismus bedeutet. Eine allgemeine Definition, die jede Kritik am israelischen Staat zu einer antisemitischen Haltung erklärt.

Die Heuchelei dieser Erklärung besteht jedoch nicht nur an dieser Definition und der unkritischen Haltung gegenüber dem deutschen Staat. Er erklärt das Leiden der Palästinenser:innen als die Folge von Hamas, welche selbst an der Bombardierung des Gazastreifens verantwortlich wäre. Ihren anti-palästinensischen Rassismus erklären sie folgendermaßen: „Allen Menschen weltweit – ungeachtet ihrer Religion, Herkunft, sexueller Orientierung oder sozialem Status – muss ein würdiges Leben möglich sein. Dazu gehört selbstverständlich auch, dass z. B. die Menschen in Gaza ihr Leben individuell und frei gestalten können und nicht unter der Hamas, die, ohne mit der Wimper zu zucken, 20% ihrer vom Iran finanzierten Raketen auf die eigenen Leute fallen lässt, leiden müssen. “

Kein Wort zu den Enteignungen und gewaltvollen Räumungen in Sheikh Jarrah. Kein Wort zu den Angriffen auf die Al-Aqsa Moschee zum Ende des Ramadans. Kein Wort zu den völlig unterschiedlichen und ungleichen militärischen und politischen Ausstattungen beider Regierungen. Kein Wort dazu, dass der Gazastreifen sich seit mehr als einem Jahrzehnt in einer Wirtschafts-, Luft- und Landblockade durch den Staat Israel befindet. Kein Wort zum Elend für zwei Millionen Menschen in Gaza, die nicht einmal sicheren Zugang zu Trinkwasser oder Strom haben.

Es ist bemerkenswert, dass die deutsche Erklärung sich nicht einmal bemüht, eine Unterscheidung zwischen den Zehntausenden Demonstrant:innen in vielen Städten Deutschlands und weltweit, die sich mit den Palästinenser:innen solidarisieren, und denjenigen Antisemit:innen, die mit ihrem türkischen oder deutschen Nationalismus, diese Demonstrationen unterwandern und ihren Judenhass verbreiten, zu machen.

Gegen diese antisemitische Unterwanderung braucht es eine dezidierte Politik, die die geopolitischen Interessen der türkischen und deutschen Regierung am Fortbestand Israels offenbart.

Dieser chauvinistische Brief setzt die anti-palästinensiche Hetze fort. Er reiht sich ein in den Konsens des gesamten deutschen Regimes mit den bürgerlichen Medien, welches unter dem Vorwand der Bekämpfung des Antisemitismus lediglich die Durchsetzung der eigenen Interessen im westasiatischen Raum verfolgt. Gleichzeitig wird der Kampf gegen die Unterdrückung von Jüd:innen niemals in einem abgeschotteten Gebiet erfolgen, dessen Grundlage die Vertreibung eines Volkes aus ihrem historischen Gebiet darstellt. Die Fortsetzung der Siedlerpolitik durch die neue Regierung Israels ist eine gegebene Tatsache, die trotz ihrer instabilen Zusammensetzung eine weitere Zuspitzung des Konfliktes versichert.

Artists for Palestine

Es ist offensichtlich, dass die deutsche Initiative eine Antwort auf “Artists for Palestine” ist. Mehr als 600 Künstler:innen unterzeichneten einen Brief, der zum Boykott Israels aufruft und die ethnische Säuberung Palästinas anprangert. Darunter forderten die Kunstschaffenden ihre Kolleg:innen aus der Branche dazu auf, Konzerte und andere kulturelle Veranstaltungen in Israel zu vermeiden.

„Wir bitten dich, sich uns mit deinem Namen anzuschließen und sich zu weigern, in Israels komplizenhaften Kultureinrichtungen aufzutreten“, heißt es in dem Brief, der seit Donnerstag letzter Woche in der Medienwelt kursiert.

Unter den Unterzeichner:innen sind bekannte Musiker:innen wie die Band “Rage Against the Machine”, die Rap-Gruppe “Run the Jewels”, Serj Tankian von “System of a Down”, sowie der DJ und Schlagzeuger “Questlove”, der Rapper “Black Thought” von “The Roots” und Patti Smith und Julian Casablancas von “The Strokes”. Eine Reihe jüdischer Künstler:innen haben ebenfalls unterschrieben, darunter Peter Silberman von “The Antlers”, einer unabhängigen Indie-Rock Band.

In dem Brief heißt es, dass Israel bei seinen jüngsten Kämpfen mit der Hamas im Gazastreifen Kriegsverbrechen begangen habe und dass die „israelische Regierung ein Besatzer-Kolonialprojekt betreibt, dass der ethnischen Säuberung der palästinensischen Bevölkerung verpflichtet ist.“

Roger Waters, der ehemalige Frontmann von “Pink Floyd” und ein langjähriger führender Aktivist der Boykott-, Desinvestitions- und Sanktionsbewegung (BDS) gegen Israel, ist unter den Unterzeichner:innen, aber es ist unklar, ob er den Brief initiiert hat. Waters hat in der Vergangenheit mehrere Musiker:innen davon überzeugt, ähnliche Briefe zu unterschreiben. Allerdings scheint diese Initiative die größte Gruppe von Mainstream-Künstler:innen zu umfassen, die zu einem Boykott aufrufen.

Auf ihrem Twitter-Account schrieben “Rage Against The Machine”: „Wir haben uns [dem Brief] mit über 600 Musiker:innen angeschlossen, die sich weigern, in Israels komplizenhaften Kultureinrichtungen aufzutreten. Wir stehen an der Seite der Palästinenser:innen und ihres Rechts auf Souveränität und Freiheit.“

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