Kuba: Proteste wegen eines langen Stromausfalls

23.10.2024, Lesezeit 3 Min.
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Quelle: Alexander Y / shutterstock.com

Fast vier Tage lang war die karibische Insel ohne Strom. Straßenproteste brachen in Havanna, Santiago de Cuba und anderen Städten aus. Die Regierung antwortete mit Repressionsdrohungen, während sie weiterhin Anpassungspläne und prokapitalistische Maßnahmen durchsetzt.

Am Freitag, den 18. Oktober, kam es zu einem allgemeinen Stromausfall, der praktisch das ganze Land in Dunkelheit versetzte. Am darauffolgenden Tag führte der Frust der Bevölkerung (die seit Jahren eine harte Anpassungspolitik erdulden muss) zu Protesten in verschiedenen Stadtvierteln, hauptsächlich mit „cacerolazos“ (Töpfen und Pfannen). Es ist zu bedenken, dass der Stromausfall direkte Auswirkungen auf die Versorgung mit Trinkwasser und Gas hat, was die Situation ernsthaft verschlimmert.

Die Versorgung wurde erst am Montagmorgen allmählich wiederhergestellt, aber es gibt keine Garantie dafür, dass es angesichts der Auswirkungen des Hurrikans Oscar, der die Insel heimgesucht hat, nicht zu neuen Ausfällen kommen wird.

Die Regierung von Miguel Díaz-Canel von der Kommunistischen Partei Kubas reagierte auf die Proteste mit Repressionsdrohungen und setzte damit ihre Politik der Kriminalisierung sozialer Proteste seit dem Volksaufstand vom Juli 2021 fort.

Am Sonntag drohte der Präsident in Militäruniform den Demonstrant:innen: „Besonders in der letzten Nacht hat sich eine kleine Anzahl von Menschen, die meisten von ihnen betrunken, unanständig verhalten. Sie versuchten, Störungen der öffentlichen Ordnung zu provozieren (…) Wir werden es nicht zulassen, dass irgendjemand Vandalismus provoziert und noch viel weniger, dass er den Frieden und die Ruhe unseres Volkes stört“.

Díaz-Canel führte den Zusammenbruch des Stromnetzes auf den von den USA geführten Wirtschaftskrieg und die Schäden des Hurrikans Oscar zurück, der in der Region wütet. All die Symbolik, die Reden und die Repressionsmaßnahmen der herrschenden Bürokratie zeigen nur den Ernst der Lage in ihrer ganzen Bandbreite, d.h. wirtschaftlich, politisch und sozial. Erstens kommen die Folgen der strukturellen Wirtschaftskrise wieder zum Vorschein, die die Regierung durch pro-kapitalistische Maßnahmen, welche nur einem kleinen Sektor zugute kommen, noch verschärft. Zweitens ist es offensichtlich, dass die Diskurse, die an „Disziplin“ oder „Anstrengung“ für „das Vaterland“ appellieren, längst ihre Wirksamkeit verloren haben und die soziale Kontrolle hauptsächlich von staatlicher und parastaatlicher Repression abhängt. Drittens wächst – trotz des repressiven Sprungs des Einparteienregimes seit 2021 – die Wahrscheinlichkeit einer neuen sozialen Explosion, der die restaurative Bürokratie als sichtbares Gesicht der täglichen Not direkt herausfordert.

In der Tat hat die imperialistische Blockade, die seit 1961 auf der Insel lastet, immer wieder zu schwerwiegenden Problemen geführt, vor allem seitdem Kuba keinen Handelspartner hat wie die UdSSR im letzten Jahrhundert oder Venezuela im ersten Jahrzehnt der 2000er Jahre. Die Bürokratie der Kommunistischen Partei kann ihre Verantwortung jedoch nicht länger verbergen, wenn sie knappe Ressourcen in „profitable“ Bereiche der Wirtschaft wie den Tourismus umleitet und ihre Privilegien aufrechterhält, während die Dienstleistungen für die Bevölkerung wie das Stromnetz, das Gesundheitswesen oder die Versorgung mit Lebensmitteln und anderen grundlegenden Elementen nicht finanziert werden. Diese für das tägliche Leben von Millionen Menschen wichtigen Bereiche werden zunehmend der Logik des Marktes unterworfen, d. h. sie müssen sich selbst finanzieren.

Dieser Artikel erschien zuerst am 21. Oktober 2024 auf Spanisch bei La Izquierda Diario.

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