Kuba in der Krise und die Theorie der permanenten Revolution
Die Krise in Kuba, welche mehrere Ursachen hat, verschärft sich weiter. Die Lebensumstände sind äußerst schwierig, die soziale Ungleichheit wächst kontinuierlich. Über die Situation auf Kuba und eine fortschrittliche Perspektive, welche in Leo Trotzkis Theorie der permanenten Revolution liegt.
Ob Klimawandel, Corona-Pandemie, steigende Inflation oder Kriege. Die vielen Krisen dieser Zeit wirken sich besonders stark auf die abhängigen Länder aus. Kuba bildet dabei keine Ausnahme und ist nicht zuletzt aufgrund des verschärften US-Embargos und der Krise in Venezuela, welcher für Kuba ein wichtiger Partner war, noch stärker betroffen. Auch der Kurs der „kapitalistischen Restauration”, welchen die Regierung seit langem verfolgt, wirkt sich immer verheerender auf die soziale Situation aus. Diese Krise erinnert teilweise an die sogenannte „Sonderperiode“, also der Zeit nach dem Fall der Bürokratien, die die Länder des „Sowjetblocks“ leiteten, wodurch Kuba den Zugang zu wichtigen Rohstoffen und Gütern verlor. Was den Blick auf Kuba besonders interessant und wichtig macht, ist der Fakt, dass Kuba ein Land mit teilweise kollektiviertem Eigentum und auch Elementen staatlicher Planwirtschaft ist. Dies ermöglicht insbesondere auch eine Auseinandersetzung mit der „Theorie der permanenten Revolution“, mit deren Hilfe wir die Lage besser verstehen können und eine Perspektive aufzeigen.
Kubas Geschichte und die Revolution
Um die gesellschaftlichen Prozesse zu verstehen, welche sich nach der kubanischen Revolution bis heute vollzogen haben, ist es essentiell, die Geschichte Kubas im Hinblick auf die Bedingungen vor der Revolution und ihren Verlauf zu analysieren. Anfang des 20. Jahrhunderts war Kuba in kolonialer und halbkolonialer Abhängigkeit von den USA. Diese hatten in den Unabhängigkeitskrieg, den die Kubaner:innen gegen Spanien führten, eingegriffen. Sie unterstützen zwar die Kubaner:innen in ihrem Kampf, doch nur um dann selbst die Macht zu übernehmen. Bei der spanischen Kapitulation in Havanna war kein einziger Kubaner und auch keine einzige Kubanerin eingeladen, es wehte die amerikanische Flagge. Mehrere Male intervenierten die USA auch darauffolgend militärisch. Eine Souveränität Kubas bestand ab 1902 zwar formell mit der Ausrufung der kubanischen Republik. Doch behielten die Vereinigten Staaten weiterhin das Recht, auf der Insel militärisch zu intervenieren. Die US-Botschaft konnte zudem darüber entscheiden, wer das Amt des Präsidenten innehaben durfte. Die wichtigsten Wirtschaftszweige wurden durch US-Kapitalist:innen kontrolliert und 75 Prozent der Importe stammten aus den USA. Trotzdem gelang es den Vereinigten Staaten nicht vollständig, die Kontrolle zu erlangen. Im Jahr 1916 gewann Alfredo Zayas, welcher sich von Anfang an gegen die Übernahme durch den US-Imperialismus ausgesprochen hatte, die Wahl zum Präsidenten. Die US-Regierung ging militärisch gegen ihn vor und verhinderte so seine Amtsübernahme. Vier Jahre später wurde er jedoch wiedergewählt; nach einem langen Prozess des juristischen Angriffs auf seine Kandidatur, konnte er das Amt übernehmen, allerdings mit erheblichen Einschränkungen. Um die Kontrolle wiederzuerlangen, brauchte der US-Imperialismus einen starken Kandidaten für die nächsten Wahlen, der ihnen völlig loyal war. Mit Gerardo Machado, auch bekannt als der „Tropen-Mussolini„, wurde dieser Kandidat gefunden. Mithilfe finanzieller Unterstützung aus der US-Elite, kam dieser an die Macht und regierte mit extremer Brutalität. Doch auch dieser konnte der sozialen Dynamik im Land nicht standhalten. Im Jahr 1933 wurde er mit Hilfe eines Generalstreiks gestürzt und eine Interimsregierung wurde installiert. In der darauffolgenden Zeit gab es einige soziale Reformen und der Einfluss linker Kräfte wurde größer. Fulgencio Batista, der Kuba als gewählter Präsident von 1940-44 regierte, übernahm 1952 mit Hilfe eines Militärputsches wieder die Kontrolle und führte Kuba in eine grausame Diktatur, die den Interessen der US-Bourgeoisie untergeordnet war. Die Bourgeoisie war nicht in der Lage, eine demokratische Entwicklung zu vollziehen, um ihre Macht abzusichern, weshalb die Klassenkampfprozesse mit der Machtübernahme des Batista-Regimes in einer extrem brutalen Diktatur mündeten. Die Bourgeoisie Kubas und ihre Partner in den USA waren für die Sicherung ihrer Macht auf diese Form der Herrschaft angewiesen. Von dem Reichtum, der vorwiegend durch den Zuckerexport entstand, bekam die einfache Bevölkerung nichts ab. Die sozialen Gegensätze waren damals sehr hoch und auch grundlegende demokratische Fragen nicht geklärt, so wurde Kritik an der Führung Batistas und dem Einfluss der USA mit dem Tod bestraft. Etwa 20 Tausend Menschen wurden vom Geheimdienst des Batista-Regimes in diesen Jahren gefoltert und ermordet. Vor der Revolution hatten wir es zusammenfassend gesagt, mit einem Zustand der kombinierten und ungleichen Entwicklung in kolonialer Abhängigkeit von den USA zu tun, der sich durch den extremen Reichtum der Bourgeoisie und die durch Sklaverei und Kolonialismus geprägte Rückständigkeit der Bevölkerung kennzeichnete. 90 Prozent der Menschen hatten keinen Strom, die meisten Kinder gingen nur ein Jahr zur Schule. Der englische Wirtschaftswissenschaftler Dudley Seers stellte fest, dass die Situation 1958 unerträglich war: „Auf dem Lande waren die sozialen Bedingungen entsetzlich. Fast ein Drittel des Volkes lebte im Elend […] in Baracken, meist ohne Strom und Latrinen, litt unter parasitären Krankheiten und hatte keinen Zugang zum Gesundheitswesen.” Auf der anderen Seite standen die amerikanischen Touristen und Geschäftsleute, die einem kleinen Teil der nationalen Bourgeoisie einen erheblichen Reichtum einbrachten und sich in Kuba vergnügten und ein luxuriöses Leben führten.
Gegen diese Verhältnisse und die Diktatur Batistas organisierte Fidel Castro, der damals noch Mitglied der liberalen Orthodoxen Partei war, am 26. Juli 1953 einen militärischen „Putsch” gegen eine Kaserne, mit Hilfe einer kleinen Guerilla-Organisation. Dieser schlug fehl, er selbst wurde gefangen genommen, allerdings früh amnestiert. Zwei Jahre später gründeten Castro und andere Linksnationalist:innen die „Bewegung des 26 Juli”, in Erinnerung an das Datum des Sturms auf die Kaserne. Sie nahmen den bewaffneten Kampf nach Fidel Castros Freilassung, mit mehr Erfolg wieder auf. Dabei unterstützten sie auch liberale und bürgerliche Teile der Gesellschaft und ebenso der ehemalige Präsident Kubas Carlos Prío, der von Batista gestürzt wurde. Erst zu einem späten Zeitpunkt im Verlauf des „revolutionären Prozesses“ wandten sich die Gewerkschaften und die damalige kommunistische Partei der Bewegung des 26. Juli, welche zunächst von ihnen als bürgerlich eingestuft worden war, zu.
Wie das folgende Zitat von Trotzki definiert, war es aufgrund der existierenden Bedingungen möglich, dass eine kleinbürgerliche Bewegung erfolgreich gegen den Imperialismus kämpft, doch die Etappentheorie, welche besagte, dass nun eine liberale kapitalistische Herrschaft entstehen müsste, bevor es zum Sozialismus kommen kann, kollidierte wie auch schon bei der der russischen Revolution mit der Realität.
Ist die Errichtung einer solchen Regierung durch die traditionellen Arbeiterorganisationen möglich? Die bisherige Erfahrung zeigt uns, wie gesagt, dass dies zumindest unwahrscheinlich ist.Man kann jedoch nicht von vornherein kategorisch die theoretische Möglichkeit ausschließen, dass unter dem Einfluss eines außergewöhnlichen Zusammentreffens bestimmter Umstände (Krieg, Niederlage, Finanzkrach, revolutionäre Offensive der Massen usw.) kleinbürgerliche Parteien – die Stalinisten eingeschlossen – auf dem Weg des Bruchs mit der Bourgeoisie weiter gehen können, als ihnen selbst lieb ist. Jedenfalls steht eines außer Zweifel:selbstwenn diese wenig wahrscheinliche Variante irgendwann und irgendwo verwirklicht und eine »Arbeiter- und Bauernregierung« im oben bezeichneten Sinn tatsächlich gebildet würde, so stellte sie nur ein kurzes Zwischenspiel auf dem Wege zur wirklichen Diktatur des Proletariats dar.–LeoTrotzki
Die Strategie des revolutionären Bonapartismus
Das Batista-Regime hatte bei den Massen in Kuba keinen Rückhalt. Die Schwächen des Regimes nutzte die Bewegung des 26. Juni, welche von Fidel Castro angeführt wurde, um am 2. Dezember 1956 einen Guerillakampf, der das Regime zu Fall bringen sollte, zu beginnen. Aber wie konnten nur etwa 100 Guerilleros die Herrschaft einer brutalen Diktatur beenden? Eine große strategische Inspiration dafür war Louis Bonapartes Konzept der Machteroberung. In seinem Essay über den 18. Brumaire des Louis Bonapartes analysierte Marx, wie unter den Bedingungen und Beziehungen, die der Klassenkampf in Frankreich geschaffen hatte, eine „heroische Minderheit”, die Macht übernehmen konnte. Dieses Essay studierte Fidel Castro während er in Haft saß sehr ausführlich. Ihm schwebte ein neuer Versuch des Staatsstreichs vor, für diesen schaute er sich die für das Gelingen der Machtübernahme Bonapartes zentralen Faktoren ab. Seine Machtübernahme, durfte sich nicht auf die Bourgeoisie stürzen, es brauchte soziale und demokratische Versprechungen, die den Rückhalt in den ausgebeuteten und unterdrückten Massen sichern. Diese durften aber nicht zu radikal und offen kommunistisch sein, um nicht den Rückhalt bei bürgerlichen Sektoren der Gesellschaft zu verlieren. Diese Strategie war ein Ausdruck des Glaubens an die Unfähigkeit der Arbeiter:innenklasse, selbst die Macht zu übernehmen. Der Unterschied von Castros „revolutionären Bonapartismus” zum Bonapartismus im eigentlichen Sinne war, die Ambition nach der Machtübernahme wirklich soziale Versprechungen einzulösen, wobei selbst unter den Revolutionsführern ungeklärt war, wie diese aussehen werden. Bereits kurz nach der Machtübernahme begann Fidel Castro sich von den ursprünglich propagierten bürgerlich-demokratischen Idealen und Zielen der Revolution zu distanzieren und eine Umdeutung hin zum Sozialismus als Ziel der Bewegung vorzunehmen. Gegen die Hinwendung der Regierung zum „sowjetischen System” begannen auch Anführer der Revolution wie Hubert Matos zu protestieren, was zu seiner Inhaftierung führte. Bereits Anfang 1959, kurz nach der Machtübernahme, begann dann die neue Regierung einen Prozess, der die grundlegenden Verhältnisse sozial verändern würde. Landwirtschaft und Industrie wurden verstaatlicht, US-Vermögenswerte enteignet, eine staatliche Wirtschaftsplanung wurde antizipiert und so weiter. Dies hört sich zunächst nach einer guten Strategie an. Doch welche Bedingungen und Probleme schaffte der „revolutionäre Bonapartismus”?
Es entstanden keine Räte, mit denen die Arbeiter:innen und Unterdrückten die Macht ausübten, sondern eine bürokratisch-militärische Herrschaft in der Arbeiter:innen und Bäuer:innen keine selbständige Rolle erhielten, mit aber durchaus starken sozialen Errungenschaften. So wurde beispielsweise der Einfluss des Imperialismus zurückgedrängt, das Bildungs- und Gesundheitssystem für alle Menschen zugänglich gemacht, die Arbeitslosigkeit stark reduziert und vieles mehr. Diese Errungenschaften waren aufgrund der sozialen Dynamik möglich geworden, sie sind keine Errungenschaft der Guerilla, sondern der protestierenden und streikenden Arbeiter:innen und Bäuer:innen, die sich in Kuba über viele Perioden, gegen Sklaverei, Korruption, Ausbeutung und den Imperialismus zu Wehr gesetzt haben. Die Guerilla machte das politische zum militärischen, im „revolutionären Prozess” wurde die Macht nicht an die Arbeiter:innenklasse gekoppelt, sondern an das Militär. Die Führungsrolle des Proletariats, die mit der Erfahrung der Oktoberrevolution bestätigt wurde, wurde aufgegeben. Stattdessen war die Idee, eine militärisch geführte, bäuerliche, nationale und demokratische Revolution ohne die Macht des Proletariats durchzuführen, was, wie wir auch im weiteren Verlauf der Geschichte sehen konnten, schwerwiegende Folgen hatte.
Demgegenüber stellen wir die permanente Revolution, diese bedeutet, dass es in den Händen des Proletariats einen Übergang von den demokratischen und nationalen Aufgaben zur sozialistischen Revolution und deren Ausdehnung auf die Regional- und Weltarena geben muss. Darin enthalten ist die Neustrukturierung der ganzen Nation unter Führung des Proletariats. Dafür benötigt es Rätestrukturen, die nicht vom Himmel fallen, sondern bewusst aufgebaut werden müssen. Die Erfüllung der verspäteten bürgerlich-demokratischen Aufgaben konnte nicht von einem linken Bonaparte übernommen werden, der sich aufs Militär oder die Zwischenklassen stützt. Wie Trotzki betonte, ist die volle und wirkliche Lösung der demokratischen Aufgaben und des Problems der nationalen Befreiung nur mittels der Diktatur des Proletariats als Anführerin der unterdrückten Nationen und vor allem ihrer bäuerlichen Massen denkbar. Das Proletariat muss in zurückgebliebenen und kolonial abhängigen Ländern die Bäuer:innenschaft um sich sammeln, um die Macht zu ergreifen. 1
Die Erfahrung der kubanischen Revolution bestätigt diese Theorie, doch trotzdem analysieren viele Linke die historischen und gegenwärtigen Gegebenheiten anders. Die „sozialistische deutsche Arbeiterjugend”, welche die Verhältnisse in Kuba positiv beurteilt, schreibt beispielsweise: „Kuba ist keine Parteiendemokratie, sondern geprägt durch starke Elemente direkter Demokratie.” Solche Elemente kann man wohl nur mit einer besonders starken „rosaroten Brille” erkennen. Es stimmt, dass die Bevölkerung mehrmals im Laufe der Geschichte Kubas, über die Gesetze abstimmen durfte. Doch das „demokratische System”, welches sie in Kuba als besonders ausgeprägt hervorheben, existiert schlichtweg nicht. Die absolute legislative Macht übt der Staatsrat aus, wer in diesen kommen darf, wird, bevor das Parlament befragt wird, vom Zentralkomitee der Partei abgestimmt. Regionale Vertretungen werden zwar aus Nachbarschaftversammlungen heraus gewählt, doch verfügen real über kaum einen Einfluss. Kandidierende für das nationale-Parlament werden zu einem Teil von der Kommunistischen Partei und von ihr kontrollierten Organisationen vorgeschlagen und zum anderen Teil von den regionalen Vertretungen. Das Parlament tagt lediglich zweimal jährlich und verfügt zwar über einen formellen Einfluss, übt diesen aber nicht aus und dient nur dazu Beschlüsse von oben abzusegnen und ihnen so einen demokratischen Anschein zu verleihen. Wenn Kuba so eine „starke Demokratie” ist, wieso wurden dann nahezu alle Abstimmungen der Geschichte ohne Gegenstimme angenommen? (Lediglich einmal stimmte Mariela Castro gegen einen Gesetzentwurf) Wieso gab es dann von der Revolution bis heute kontinuierliche Repressionen gegen regierungskritische Linke?
Zur derzeitigen Krise in Kuba: Die Corona-Pandemie und das US-Embargo
Da nun vorwiegend historische Fragen geklärt worden sind, wird es Zeit sich mit den Bedingungen und Diskussionen der Gegenwart auseinanderzusetzen. Wie entwickeln sich die sozialen und politischen Verhältnisse in Kuba und inwieweit bestätigen sie die Kritik an der „Strategie des revolutionären Bonapartismus”?
Zwei wichtige Faktoren im Moment sind weiterhin das US-Embargo, sowie die Pandemie. Durch die Corona-Pandemie und das unter US-Präsident Trump wieder massiv verschärfte und durch Präsident Biden fortgeführte Embargo, sind auf Kuba viele Probleme entstanden und verschlimmert worden. Besonders eklatant ist aktuell der Mangel an Treibstoff und Strom. An den Straßen stehen unzählige Menschen, um von einem der wenigen verfügbaren Transportmittel mitgenommen zu werden. Selbst eine Pferdekutsche ist heiß begehrt, denn öffentliche Transportmittel lassen lange auf sich warten und sind immer restlos überfüllt. Ein privates Auto oder Motorrad besitzen die wenigsten. Ein weiteres Problem stellen Stromausfälle da, diese passieren regelmäßig und sind manchmal von eher kurzer Dauer, teilweise halten sie aber auch für mehr als 12 Stunden an. Aufgrund des Embargos können auch viel weniger Menschen nach Kuba kommen, denn Kreuzfahrtschiffe dürfen nicht anlegen und US-Bürger:innen ist die Einreise bis auf wenige Ausnahmen verboten. Durch die Corona-Pandemie ist der Fernreise-Tourismus völlig eingebrochen. An Sehenswürdigkeiten, an denen sich sonst die Menschen drängten und in Fußgängerzonen, wo Trubel war, herrscht nun gähnende Leere. Die vielen Menschen, die vom Tourismus lebten, haben es momentan besonders schwer. Der Tourismus brachte sonst mehr Devisen in das Land, welche der Wirtschaft nun fehlen, was als Grund dafür genannt wird, dass notwendige Güter nicht importiert werden.
Inflationskrise und kapitalistische Währungsreformen schaffen neue Ausbeutungsverhältnisse und verschärfen die Armut
Bereits vor den Preissteigerungen, die die Arbeiter:innenklasse gerade weltweit im Zuge der Corona-Pandemie und dem Krieg in der Ukraine spürt, gab es in Kuba eine starke Inflation. Diese wurde durch die Währungsreform, welche die Regierung im Zuge des Prozesses der kapitalistischen Restauration durchgeführt hat, verursacht. In den 1990er Jahren hatte die kubanische Regierung im Zuge der „Sonderperiode”, einen doppelten Geldkreislauf eingeführt. Zum regulären kubanischen Peso, stieß der CUC dazu, welcher eine Art Ersatz für ausländische Währungen darstellte und den Wechselkurs Dollar zu kubanischem Peso senkte. Mit einem Kurs von 1:24 für die reguläre Bevölkerung und 1:1 für staatliche Unternehmen. Immer wieder schob die Regierung die Vereinheitlichung der Währungen auf, entschied sich dann aber im für die einfache Bevölkerung ungünstigsten Moment im Jahr 2021 dazu, den CUC abzuschaffen. „Die Reform solle allen Kubanern mehr Chancengleichheit garantieren und größeren Anreiz zur Arbeit schaffen”, bekräftigte Präsident Miguel Díaz-Canel bei der Ankündigung der Reform. Die Realität ist eine ganz andere gewesen. Innerhalb von kurzer Zeit wurde der kubanische Peso um über 2400 Prozent abgewertet, zwar wurden Gehälter darauffolgend erhöht, doch die neuen Gehälter bedeuten gemessen an dem vorherigen Niveau einen starken Reallohnverlust. Diese finanzpolitische Maßnahme diente nicht den Interessen der Arbeiter:innenklasse, sondern wurde durchgeführt, um die für den Staat beim Import von Waren entstehenden Kosten, an die einfache Bevölkerung weiterzugeben, den Zugang für ausländisches Kapital zu öffnen und Anreize zu schaffen mehr Waren in das Ausland zu exportieren!
Die Gehälter in Kuba unterscheiden sich, abgesehen davon, dass sie durch die globale Inflation, gekürzte Subventionen und nationale Währungsreformen gesunken sind, generell sehr stark. So verdienen Arbeiter:innen in der Landwirtschaft gerade einmal 80 Euro im Monat. Das Gehalt einer Krankenschwester liegt bei 180 Euro. Die Löhne von Beschäftigten im Dienste der Staatsbürokratie, in den Ministerien, beim Militär oder der Polizei übertreffen diese Gehälter um ein Vielfaches. Des Weiteren kommen dieser Gruppe von Beschäftigten auch Privilegien beim Einkauf zu. In speziellen Geschäften können sie beispielsweise subventioniertes Bier erwerben. Ein gewöhnliches Bier, welches in Kuba hergestellt wird, kostet umgerechnet etwa 1,30-2 Euro und ist daher für die einfachen Arbeiter:innen unbezahlbar. Zwar sind Grundnahrungsmittel teilweise subventioniert, doch reichen die in den Lebensmittelkarten angegebenen Rationen nicht wirklich für den monatlichen Bedarf. Die Preise, mit denen dann privat gehandelt wird, sind massiv gestiegen, so kostet ein Pfund Reis zwischen drei und fünf Euro auf dem Schwarzmarkt. Die Folge der Währungsreform und Preissteigerung infolge der globalen Inflationskrise ist, dass viele Menschen auf essentielle Produkte verzichten müssen. Zwar hat Kuba für die Region ein verhältnismäßig starkes Gesundheits- und Bildungssystem, doch sichern diese den Menschen kein Leben ohne Armut und Unterdrückung. Anzumerken ist auch, dass es zwar eine gute Ausbildung und keinen Personalmangel gibt, aber wichtige Geräte und Materialien fehlen, wofür vor allem auch das Embargo des US-Imperialismus verantwortlich ist. Wie jedoch die kubanischen Blogs Comunistas, Tremenda Nota und La Joven Cuba in einer gemeinsamen Petition ausführen, ist die kubanische Regierung durch ihre Anpassungsstrategie mitverantwortlich für den Mangel an medizinischen Bedarfsgütern. Der Artikel beschreibt als eine weitere Ursache neben der Blockade den Rückgang von Investitionen in Wissenschaft und technologische Innovation. Im Jahr 2020 waren sie 72-mal geringer als Investitionen in die Bereiche, Unternehmensdienstleistungen, Immobilien und Vermietungstätigkeit, zu denen auch die Tourismusinvestitionen gehören. Dies geschah wohlgemerkt während der Pandemie.
Unterdrückung und Ungleichheit bestehen weiter
Vor kurzem hat die Regierung Kubas ein neues „Familiengesetz” eingeführt. Die Politik in Bezug auf die LGBTQ-Gemeinschaft ist im weltweiten und regionalen Maßstab betrachtet definitiv fortschrittlich, denn die vorhandenen Gesetzgebungen, welche sich insbesondere gegen sexualisierte Gewalt und für diverse Familienmodelle und explizit eine Eheschließung für alle richten, dienen eindeutig dem Schutz und der Gleichberechtigung von Frauen und queeren Menschen. Das kubanische Gesundheitssystem, welches für alle Menschen kostenlos ist, bietet auch diverse Spezifikationen in Bezug auf queere Menschen, so gibt es ein vielfältiges Programm gegen HIV und dadurch eine der niedrigsten Infektionsraten in Lateinamerika. Des Weiteren gibt es seit 1988 medizinische Angebote für Trans-Menschen, die Ende der 2000er Jahre verallgemeinert wurden. Trotz diesen fortschrittlichen Aspekten ging der Staat immer wieder mit Repressionen gegen Mitglieder der LGBTQ-Community, wie beispielsweise Maikel González Vivero (Direktor der LGBTQ-Community Zeitschrift „Tremenda Nota“) vor. Es sind insbesondere Frauen und Queers besonders stark von der derzeitigen Krise betroffen, da sie in der Regel weniger verdienen und unter Diskriminierung und Gewalt leiden, ohne die materiellen Grundlagen zu schaffen, die ein Leben ohne Armut und in Gleichberechtigung möglich machen, werden Frauen und queere Menschen auch in Kuba niemals frei sein.
Neben Frauen und Queers sind insbesondere die Afro-Kubaner:innen, welche mindestens 10 Prozent der Gesellschaft ausmachen, überproportional von den sozialen Missständen betroffen. Sie leben viel häufiger in extremer Armut und haben einen erschwerten Zugang zu guter Arbeit, zivilgesellschaftlichen Organisationen, den Medien und der Politik. Es ist eine Schande, dass schwarze Menschen in Kuba immer noch rassistisch unterdrückt werden. Bemühungen diese Situation zu ändern, kamen erst nach massivem Druck der schwarzen Gemeinschaft zustande und haben kaum etwas geändert. Immer wieder wird ihre Opposition, selbst wenn sie sich ebenso als marxistisch begreift, mit Repressionen konfrontiert.
Die Antwort der Regierung ist ein Prozess der „kapitalistischen Restauration”
Die sozialen Verhältnisse in Kuba sind, so lässt sich zusammenfassen, von enormer Ungerechtigkeit und Ungleichheit geprägt. Kubaner:innen mit Familie im Ausland oder in der Staatsbürokratie genießen viele materielle Vorteile, die soziale Lage verschlechtert sich kontinuierlich, insbesondere für die, die ohnehin schon am wenigsten haben. Doch welches Programm und was für eine Strategie bietet die Regierung im Angesicht dieser Zustände?
Nach dem Zusammenbruch des sogenannten Ostblocks begann in den ehemaligen „Arbeiterstaaten” die Phase der bürgerlichen Restauration. Diese Prozesse, die 1989 begannen, haben Ausbeutungsverhältnisse neu geschaffen, die Ungleichheit vertieft und entgegen aller demokratischen Illusionen autoritäre (bonapartistische) Regime etabliert und reaktionäre und rassistische Kräfte an die Macht gebracht, wie in Ungarn und Polen, wo demokratische Grundrechte wie die legale Abtreibung angegriffen werden. In Kuba konnte die Kommunistische Partei ihre Macht absichern und begann aber ebenso mit einem Prozess der Restauration kapitalistischer Verhältnisse. Zu den zentralen Maßnahmen die sie ergriff, gehörten die verschiedenen Reformen des Gesetzes über ausländische Investitionen, die den Eintritt des imperialistischen Kapitals erleichterten; die Aushöhlung der Wirtschaftsplanung (mit einigen Ausnahmen beispielsweise des Bildungs- und Gesundheitswesens) und des Außenhandelsmonopols (wenn auch in diesem Fall mit Mechanismen staatlicher Kontrolle). Und die Umwandlung der revolutionären Streitkräfte in eine de facto Aktiengesellschaft, die eine Holding der wichtigsten Tourismusunternehmen, Devisengeschäfte und andere Unternehmen verwaltet. Dieser Prozess des Voranschreitens der kapitalistischen Verhältnisse verlangsamte sich in den letzten Jahren von Fidel Castro, vor allem in der Periode, die als „Kampf um die Ideen“ bezeichnet wird und beschleunigte sich wieder mit der Amtsübernahme von Raúl Castro im Jahr 2008. Während seiner beiden Amtszeiten sorgte Raul für die Ausweitung des privaten Wirtschaftssektors, die Entlassung von etwa 500.000 Staatsbediensteten und für ein neues Arbeitsgesetz, welches ab 2014 verabschiedet wurde und die Ausbeutung der Arbeiter:innen erleichtert, indem es 10- oder 12-Stunden-Arbeitstage ohne Überstundenzuschläge und ohne das Recht auf freie gewerkschaftliche Organisation erlaubte. Die Regierung Díaz Canel vertieft diesen pro-kapitalistischen Kurs, der auf dem 8. Kongress der kommunistischen Partei Kubas im April 2021 gebilligt wurde, weiter.
Es braucht stattdessen einen Kampf der Arbeiter:innen gegen die Privilegien der Bürokratie und ihre Macht, für gleiche und gerechte Löhne, für die Legalität aller Parteien, die die noch verbleibenden Eroberungen der Revolution verteidigen, aber auch das Recht auf freie Meinungsäußerung, die Pressefreiheit und die Freiheit der gewerkschaftlichen Organisation, die für die Arbeiter:innen von grundlegender Bedeutung ist, in Perspektive eine echte Arbeiter:innen- und Volksregierung durchzusetzen, die auf der Selbstorganisation der Massen und der Arbeiter:innendemokratie basiert, wo es volle Organisationsfreiheit für jede:n gibt, der:die die Errungenschaften der Revolution verteidigt und dem Imperialismus entgegentritt. Das alles muss gemeinsam mit allen unterdrückten Gruppen der Bevölkerung geschehen, denn sie sind ebenso Teil der Arbeiter:innenklasse und nehmen, wie wir in der Geschichte sehen können, eine besonders große Rolle in den Kämpfen, Mobilisierungen und Revolutionen ein!
Die Kontinuität der Macht
Wie wir sehen können, geht der Prozess der kapitalistischen Restauration weiter voran. Die Mehrheit der Arbeiter:innen und Unterdrückten steht diesem kritisch gegenüber, da dessen Auswirkungen ihre Lebensqualität massiv verschlechtert haben. Sie sind es nicht, die diesen Prozess vorantreiben, sie haben weder die Macht dazu, noch ein Interesse daran. Doch wer sind dann die treibenden Kräfte und was sind ihre Ziele?
Miguel Díaz-Canel ist Präsident Kubas, damit auch Präsident des Staats- und Ministerrats, Vorsitzender der kommunistischen Partei und Oberbefehlshaber der „revolutionären Streitkräfte”. Neben dem Präsidenten kommt in Kuba eine besonders große Macht dem Militär zu. Es hat die Kontrolle über die Schlüsselbereiche der Wirtschaft inne und verwaltet die stärkste und kommerziell erfolgreichste Unternehmensstruktur Kubas. Dabei gibt es wenig Transparenz über die wirtschaftlichen Kennzahlen. Einiges ist jedoch bekannt. Etwa ein Viertel oder mehr der Beschäftigten des Militärs arbeitet für die drei Haupt Firmengeflechte des Militärs „Gaviota”, „Cimex” und „TRD”. Zu diesen gehören Hotels, Transport- und Mietwagenfirmen, Immobilienfirmen, Handelsketten, eine Imbisskette und Finanzdienstleistungsunternehmen. Das Militär hat auch Anteile an dem wichtigen Kommunikationsunternehmen „ETECSA”. Diese Unternehmen arbeiten außerhalb staatlicher Planung und mit großen wirtschaftlichen Freiräumen.
Die Staatsbürokratie, welche sich zu großen Teilen aus Militärkadern und Parteikadern zusammensetzt, regiert also einerseits das Land und verwaltet andererseits die wichtigsten Unternehmen. Wirtschaftliche Entscheidungen werden daher in ihrem Interesse getroffen. Das können wir an den vielen Bevorzugungen sehen, die diese Sektoren der Wirtschaft im Vergleich zu anderen erhalten. Die Macht befand sich in Kuba zu keinem Zeitpunkt in den Händen der werktätigen Klasse, sondern in den Händen von Militär- und Parteibürokrat:innen. Dies ist ein direktes Resultat aus der Guerilla-Strategie. Von dem Prozess der kapitalistischen Restauration erhoffen sich die Verantwortlichen weitere soziale Privilegien.
Die Rechten nutzen die Krise für ihre Interessen aus
Wie wir sehen können, bietet die Regierung der Arbeiter:innenklasse und den Unterdrückten in Kuba keine Lösung für ihre Probleme. Die Bürokratie und einige aus der Mittelschicht profitieren von den kapitalistischen Reformen und versprechen den Massen daher weiterhin, dass diese eine Lösung darstellen würden, doch die wenigsten glauben nach zahlreichen Reformen, die ihre Lage nur verschlechtert haben, noch an diese Versprechen. Frustration und Demobilisierung sind das Resultat. Viele, insbesondere junge Menschen, verlassen das Land. Aus dieser Situation heraus probieren vor allem rechte Kräfte Profit zu schlagen. Sie verteidigen das Embargo, welches erst kürzlich von allen UN-Mitgliedern außer der USA und Israel verurteilt wurde und kämpfen für ein Programm, welches auch die letzten sozialen Errungenschaften der Revolution zunichte machen soll. Die USA wollen ebenso die Krise für sich ausnutzen. Kuba als ein nicht kapitalistisches Land in direkter Nachbarschaft ist für sie seit jeher ein Problem. Davon zeugt nicht nur die Invasion der Schweinebucht 1961, als die USA kubanische Exilanten bewaffnete und erfolglos versuchte, die Regierung zu stürzen, sondern natürlich auch die zahlreichen darauffolgenden Destabilisierungsversuche, Attentate und die Unterstützung der rechten Opposition durch US-finanzierte „Thinktanks“. Die US-Regierung weiß um die soziale Krise. Ihre Entscheidung, das Embargo weiter zu verschärfen und aufrechtzuerhalten, muss als bewusster Akt angesehen werden, der dazu dient, die Kontrolle über Kuba wiederzuerlangen. Der Widerstand der Kubaner:innen gegen den Imperialismus ist seit jeher eine Gefährdung der US-Hegemonie, wie das bekannte Zitat von Che Guevara: „Amerika wird also, angeführt und aufgeweckt von der kubanischen Revolution, eine Aufgabe von großer, entscheidender Bedeutung haben: die Schaffung eines zweiten, dritten Vietnams.“ treffend bezeugt. Die Befreiung Kubas aus der Herrschaft Washingtons, die einzige erfolgreiche Revolution gegen den US-Imperialismus auf lateinamerikanischen Boden, wurde eine Inspirationsquelle für Linke in Lateinamerika und darüber hinaus. Im Widerspruch nutzt die kubanische Regierung dieses errungene Prestige, um linke Oppositionelle zu diffamieren und sich als alleinige Vertreter:innen der Revolution zu inszenieren. Aktuell nutzt sie wiederum die Blockadehaltung der USA und die pro-imperialistischen Proteste aus, um die berechtigten Proteste, welche von Linken geführt werden, zu kriminalisieren. Ein Beispiel dafür ist die Verhaftung von Frank García Hernandez. Er ist kubanischer Marxist, Soziologe, Historiker und Mitglied des Kollektivs Kommunistischer Blog. Genau wie der Student Marco Antonio Perez Fernandez wurde er am 30. April verhaftet, weil er ein Schild mit der Aufschrift „Sozialismus ja, Repression nein“ getragen hatte.
Eine Analyse Kubas anhand der Theorie der permanenten Revolution
Zwar existieren durch die Revolution noch diverse soziale Errungenschaften, doch ist Kuba aufgrund der Isoliertheit, der Bürokratisierung des Staates und des Kurses der kapitalistischen Restauration, welcher seit den 90er Jahren immer weiter fortgeführt wird, nicht in der Lage den Sozialismus zu verwirklichen und sollte daher als „Übergangsstaat”, der sowohl zum Kapitalismus als auch zum Sozialismus entwickelt werden könnte, definiert werden. Der Ausgang der derzeitigen Krisen wird über dieses Schicksal entscheiden, denn die Lage wird immer angespannter, was einerseits weitere pro-kapitalistische Reformen bewirken könnte und aber auch den Raum für eine politische Opposition zur Kommunistischen Partei Kubas (PCC) öffnet, wenngleich unklar ist, wer diese mit welchem Programm anführen würde. Die Proteste in den vergangenen Monaten waren eher klein, sie wurden jedoch weniger von Intellektuellen und Künstler:innen getragen, wie es in der Vergangenheit meistens der Fall war, sondern von den ärmsten Sektoren des Proletariats und der Bauernschaft, die schlichtweg die sozialen Probleme nicht mehr aushalten. Trotz des sozialen Charakters ihres Protestes, wurden die Protestierenden, wie bereits in einigen vorherigen Beispiel genannt, mit Hilfe staatlicher Repressionen von der Straße gedrängt.
Kollektiviertes Eigentum und die geplante Wirtschaft bieten ein Potential für die Zukunft!
Kubas Geschichte ist ereignisreich und voller Wandel und Herausforderungen, wie die von kaum einem anderen Land. Die Verhältnisse, welche der globale Kapitalismus geschaffen hat, machen es Kuba nicht möglich, den Sozialismus zu verwirklichen. Leo Trotzki schrieb in seiner Theorie der permanenten Revolution bereits: „Die Produktivkräfte, die der Kapitalismus geschaffen hat, sind dem nationalen Rahmen nicht angepasst und können sozialistisch nur im internationalen Maßstabe in Übereinstimmung und Harmonie gebracht werden.” Auch wenn sich seitdem vieles verändert hat, bleibt diese grundlegende These weiterhin richtig, wie wir am Beispiel von Kuba sehen können. Dass die imperialistische Blockade gegen Kuba aufgehoben wird, ist ein erster und notwendiger Schritt, doch die Revolution darf nicht an diesem Punkt haltmachen, ohne die internationale Kollektivierung und Verwaltung zentraler Ressourcen durch die Arbeiter:innenklasse, ist auf Kuba kein Sozialismus möglich. Die existierenden Elemente staatlicher Planung bieten, insofern sie unter der Kontrolle der Arbeiter:innen und nicht der Bürokratie stehen, bereits ein gewisses Potential, um die existierenden Herausforderungen und sozialen Probleme auszugleichen. Doch nicht nur die sozialen Herausforderungen ließen sich so besser bewältigen, sondern auch ökologische, denn durch nicht profitorientiert und unter der Kontrolle der Arbeiter:innen geplante Wirtschaft wie sie in Kuba möglich wäre, können Ressourcen sehr rational eingesetzt werden und der Umbau von Industrie und Energiewirtschaft kann schneller vonstattengehen, als in Ländern wo die Kontrolle bei den Kapitalist:innen und ihren Regierungen liegt.
Ohne Internationalismus funktioniert keine Revolution
Die Aufrechterhaltung der proletarischen Revolution im nationalen Rahmen kann nur ein provisorischer Zustand sein, wenn auch, wie die Erfahrung der Sowjetunion zeigt, einer von langer Dauer. Bei einer isolierten proletarischen Diktatur wachsen die inneren und äußeren Widersprüche unvermeidlich zusammen mit den wachsenden Erfolgen. Isoliert bleiben, muss der proletarische Staat schließlich ein Opfer dieser Widersprüche werden, der Ausweg besteht für ihn nur in dem Siege des Proletariats der fortgeschrittenen Länder. – Leo Trotzki in der permanenten Revolution
Dieser provisorische Zustand dauert in Kuba fast 70 Jahre lang an. Mehr denn je befindet sich Kuba an einem Scheideweg: Die Spitzen des Militärs und der Partei suchen den Weg hin zu einer kapitalistischen Restauration bei gleichzeitigem Erhalt ihrer Macht, wie es in Vietnam oder China erfolgte. Rechte Oppositionelle planen von Washington und Miami aus den Sturz der Regierung und der Errungenschaften der einzigen sozialistischen Revolution in Lateinamerika, um das Land in die Vergangenheit zurückzuwerfen und zu einem Vasallenstaaten der USA zu degradieren. Revolutionäre Sozialist:innen auf Kuba und international müssen mehr denn je für die Verteidigung der Errungenschaften der Revolution kämpfen und dürfen sich dabei nicht auf die Regierung verlassen.
Die Tendenzen zur kapitalistischen Restauration wird vom Regime seit Jahren vorangetrieben, um ihn zu beenden, braucht es eine antibürokratische und internationalistische Bewegung der sozialen Kräfte Kubas und den weltweiten Kampf gegen den Kapitalismus, um den großen Traum vom Sozialismus auf der karibischen Insel verwirklichen zu können. Im Kontext der internationalen Krise des Kapitalismus und des Voranschreitens der kapitalistischen Restauration auf Kuba, wird es Zeit, sich diesen Herausforderungen zu stellen.
Fußnoten
1. Abschnitt überwiegend übernommen aus: Klasse Gegen Klasse – Antikoloniale Befreiung durch linken Bonapartismus?