Kreißsaal-Beschäftigte sprechen beim Krankenhaus-Streik in München
Auf der Streikkundgebung der Beschäftigten der München Klinik vor dem Klinikum Schwabing ging es am Mittwoch nicht nur um die Lohnforderungen in der Tarifrunde im öffentlichen Dienst. Vor Ort waren auch die kämpferischen Kolleginnen aus Neuperlach, die für den dauerhaften Erhalt ihrer Geburtshilfestation kämpfen.
Zwei der Neuperlacher Hebammen, Sisko und Leonie, sprachen zu den knapp 300 anwesenden Streikenden und Unterstützer:innen. Sie erzählten von ihrem Kampf, bedankten sich bei den Anwesenden für die Unterstützung und machten klar: Wir kämpfen weiter!
Die geplante Schließung ihres Kreißsaals steht im Zusammenhang mit der Umstrukturierung der gesamten München Klinik. Hier drohen aus wirtschaftlichen Gründen weitere Schließungen. Leonie machte deshalb deutlich, dass zwar enorm große Beträge für die Aufrüstung bereitstehen, die Gesundheitsversorgung immer noch unterfinanziert bleibt.
Wir dokumentieren den Wortlaut ihrer Rede. Als erstes trat unter dem Applaus der Streikenden Sisko ans Mikrofon:
„Hallo, ich bin Sisko Stenzel, ich bin aus dem Kreißsaal Neuperlach und bei ver.di organisiert und ich freue mich, dass ich heute zu euch sprechen darf. Ich möchte einfach mal ganz kurz erklären, wie es überhaupt dazu kam, dass wir heute hier stehen. Vor einigen Monaten haben wir angefangen gegen die Schließung unseres Kreißsaals zu kämpfen und uns als Team zu organisieren. Ursprünglich wurde die Zusammenlegung nach Harlaching wirtschaftlich begründet, dagegen haben wir eine Petition ins Leben gerufen, die mittlerweile schon über 22000 Unterschriften gesammelt hat. Es haben sie auch ganz, ganz viele von euch haben unterschrieben. Ich bin eben schon ein bisschen durchgegangen und hab Flyer verteilt und ganz viele haben gesagt: ‚Hey, wir haben euch schon unterstützt.‘ Vielen, vielen Dank dafür, das ist mega!
Wir waren auch in den Bezirksausschüssen, haben Anträge gestellt, haben uns politisch eingesetzt bei sämtlichen Parteien, um darauf hinzuwirken, dass sich überhaupt jemand mit dem Thema beschäftigt. Wir haben auf den parteilichen Veranstaltungen auf unser Anliegen aufmerksam gemacht und eine Kundgebung in Neuperlach organisiert. Wir haben mit Erfolg gekämpft, aber der Kampf ist noch nicht vorbei. Die Schließung wurde zwar zurückgenommen beziehungsweise verlängert. Wir haben jetzt den Zuspruch, dass wir bis 2028 dort bleiben dürfen, aber wir möchten weiter kämpfen. Für uns ist ein Teilerfolg, es ist ein Etappensieg. Aber München wird weiterhin wachsen. Die Frauen und Familien brauchen uns weiterhin am Stadtrandgebiet. Der Osten wächst weiter. Es haben so viele Kreißsäle in den angrenzenden Landkreisen zugemacht in den letzten Jahren. Dann sind es eben nicht nur sechs Kilometer von Neuperlach nach Harlaching, sondern es betrifft ja auch die Frauen außerhalb von München, die zu uns kommen.
Das ist uns alles nur gelungen, weil wir als Kolleginnen, weil wir als Team zusammengearbeitet haben und von einem Solidaritätskomitee, das sich gegründet hat, unterstützt wurden. Wir geben uns aber damit noch nicht zufrieden. Wir werden weiter kämpfen, bis die Schließungen endgültig zurückgenommen werden, bis wir endgültig unser Erhalt erkämpft haben!
Die Schließung, die uns oder die Frauenklinik betrifft in Neuperlach ist Teil eines kompletten Umstrukturierungskonzeptes der München Klinik. Das ist euch sicher bekannt. Das Medizinkonzept wird gerade verzögert, aber wir Kolleginnen und Kollegen wurden bisher überhaupt nicht eingebunden in dieses Medizinkonzept. So wie wir unseren Kreißsaal erhalten können, können wir alle als Beschäftigte der München Klinik dafür eintreten, dass es keine Umstrukturierung auf unsere Kosten gibt! Wir alle brauchen gute Arbeitsbedingungen, um gute Arbeit wohnortnah zu leisten. Wir brauchen sichergestellte gute Versorgung für alle Menschen in München. Wir brauchen keine Schließungen!“
Nach Sisko übernahm ihre Kollegin Leonie:
„Hallo, ich bin die Leonie, auch aus Neuperlach und auch bei ver.di organisiert. Diese Umstrukturierung, was Sisko gesagt hat, ist geplant, weil angeblich zu wenig Geld da ist. Aber gleichzeitig ist Geld da für hundert Milliarden Aufrüstung. Und der Verteidigungsminister Pistorius hat schon gesagt, dass die Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst den Spielraum für ihre Investitionen und die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr schmälern. Während die Bundeswehr über Nacht ein Sondervermögen von hundert Milliarden Euro geschenkt bekam, bleibt die Gesundheit unterfinanziert. Aber wir brauchen Geld für Gesundheit und Soziales!
Und auch zu unseren Forderungen nach Lohnerhöhungen wird uns gesagt, dass kein Geld da ist. In der zweiten Verhandlungsrunde haben die Arbeitgeber kein Angebot gemacht, das haben schon viele Kolleg:innen gesagt. Was sie vorgelegt haben, ist eine riesengroße Frechheit! Sie wollen mit einem Reallohnverlust unsere Situation weiter verschlechtern und wollen, dass durch Einmalzahlungen verkaufen. Aber in dieser Krise der Gesundheitsversorgung und der steigenden Inflation können wir keine Schlichtung mehr akzeptieren. Wir müssen gemeinsam auf Versammlungen diskutieren, wie wir dagegen ankämpfen können und wie wir einen Erzwingungsstreik vorbereiten. Die Kolleg:innen der Post zeigen uns, dass wir in der Urabstimmung über unsere Streiks entscheiden können. Also lasst uns weitermachen!“