Konferenz Gewerkschaftliche Erneuerung: Für antibürokratische Strömungen in den Gewerkschaften
Vom 12. bis 14. Mai findet in der Ruhr-Universität Bochum die 5. Konferenz Gewerkschaftliche Erneuerung statt. Das diesjährige Motto "Gemeinsam in die Offensive" verspricht viel. Wie kommen wir wirklich zu einer gewerkschaftlichen Erneuerung?
Über 1.400 Gewerkschafter:innen und Aktivist:innen werden auf der von Rosa-Luxemburg-Stiftung und Gewerkschaften organisierten Konferenz erwartet. Zuletzt fand die Konferenz, damals noch unter dem Titel „Streikkonferenz“, 2019 in Braunschweig statt. Dieses Jahr wird sie nicht nur größer, sondern findet auch zum Abschluss des Streikfrühlings statt und bietet eine wichtige Gelegenheit, die Weichen für einen Streiksommer und -herbst zu stellen. Denn in den letzten Monaten wurde in ganz Deutschland gestreikt. Während bürgerliche Medien und konservative Politiker:innen wütend schimpften, dass Kämpfe gegen Reallohnverlust völlig überzogen und die Verbindung zu sozialen Bewegungen, wie der gemeinsame Steiktag von ver.di, EVG und Fridays for Future, illegal sein sollte, kam es zu den größten Streiks seit den 1990er-Jahren.
Die Konferenz findet da zum genau richtigen Zeitpunkt statt: im Öffentlichen Dienst läuft aktuell die Mitgliederbefragung über das Verhandlungsergebnis, das einen Reallohnverlust bedeutet. Noch bis zum 14. Mai können die Beschäftigten ihre Meinung kundtun – bindend ist die Mitgliederbefragung allerdings nicht. Darüber müssen wir in Bochum gemeinsam diskutieren: Wie können wir die Gewerkschaften so erneuern, dass die Mitglieder über die Verhandlungsergebnisse, die Streiks und die Strategie entscheiden? Wie kommen wir zu gemeinsamen Streiks, um die Kraft aller Beschäftigten zu bündeln, statt sie zu spalten? Und welche Kämpfe müssen wir zusammenführen?
Organizing oder politische Streiks?
Der Untertitel der diesjährigen Konferenz spricht die zentralen Herausforderungen der Gewerkschaften an: Krise, Klima, Inflation. Nach jahrelangem Abwärtstrend sind die Mitgliederzahlen in den letzten Monaten wieder gestiegen. Organizer:innen jubeln dafür über ihre Methodenkoffer und feiern McAleveys Konzepte als wirksam. Daher werden auch praktische Workshop zu Organizing und den dazugehörigen Methoden wie Stärketests bei der Konferenz stattfinden. Hier lohnt sich ein kritischer Blick: Gehört zu gewerkschaftlicher Erneuerung nicht mehr als nur einige neue Methoden? Was ist das Ziel der von McAlevey entwickelten Strategie?
Natürlich zieht eine stärkere Mitbestimmung in Tarifkämpfen mehr Leute an als eine Gewerkschaftsführung von oben herab. Doch die Grenzen des rein gewerkschaftlichen Kampfes, ohne für eine antibürokratische Führung in den Gewerkschaften zu kämpfen, werden besonders in Krisenzeiten immer deutlicher zum Vorschein kommen. Denn mit den angekündigten Kürzungen von Lindner beschränkt die Ampel auch den Verteilungsspielraum für Arbeiter:innen und damit letztlich den Spielraum für weitere Entlastungen. Ohne einen politischen Kampf dagegen durch die Gewerkschaften, werden schlechte Tarifabschlüsse weiterhin die Regel bleiben. Wie nachhaltig das Mitgliederwachstum durch Organizing letztlich ist, wird sich noch zeigen.
Insbesondere die Weigerungen der Gewerkschaftsführungen, für politische Forderungen zu streiken, wird im Konzept des Organizings nicht angetastet. Dabei hat sich besonders bei der Krankenhausbewegung gezeigt, wie real diese Grenze den Kampf beschränkt. So wurde zwar ein Tarifvertrag Entlastung erkämpft, die Umsetzung steht jedoch bis heute aus. Eine Ausweitung des Kampfes für die Verstaatlichung von Kliniken unter Kontrolle der Beschäftigten, gegen das DRG-System und für eine drastische Steigerung der Attraktivität der Pflege durch die Verbesserungen der Arbeitsbedingungen, wären notwendige Forderungen gewesen, um den Kampf bis zum Ende zu führen. Dafür müssen wir auch unsere eigenen Gewerkschaftsführungen herausfordern und durch demokratische Strukturen der Kolleg:innen ersetzen. Und wir müssen den gewerkschaftlichen Kampf ausweiten, auf einen politischen Kampf gegen die Regierung.
Organizing bleibt dagegen immer wieder bei der reinen Mobilisierung von Kolleg:innen für den konkreten Kampf stehen und stellt die undemokratisch-zentralistische Struktur unserer Gewerkschaften nicht in Frage. Notwendig dagegen wäre die Selbstorganisierung von Kolleg:innen, die ihre Delegierten in Streiks direkt wählen können, die sich wiederum bindend an die Beschlüsse der Basis halten müssen (imperatives Mandat). Nur so lässt sich sicherstellen, dass Kampfmethoden und Abschlüsse in Verhandlungen wirklich im Interesse der Kolleg:innen getroffen werden und die Beschäftigten auch über alle politischen Fragen diskutieren und daraus Forderungen für ihre Kämpfe ableiten können.
Welche „gewerkschaftliche Erneuerung“ brauchen wir?
Bei der Konferenz in Bochum sprechen Arbeiter:innen von ihren Kämpfen. So gibt es Workshops zu den vergangenen und kommenden Tarifrunden, aber auch Themenseminare zu Gewerkschaften in Kriegszeiten, Union-Busting, Strukturwandel und wilde Streiks. Auch die gerade entstehende TVStud-Kampagne wird diskutiert und die Krankenhausbewegungen der vergangenen Jahre werden einen prominenten Platz haben.
Wir halten es für sehr wichtig, diese Kämpfe auszuwerten und kommende vorzubereiten. Gewerkschaftliche Erneuerung bedeutet für uns aber auch, nicht nur für Tarifverbesserungen zu streiten, sondern auch die Sparpläne von Lindner und die Aufrüstungspolitik der Ampel-Koalition durch Streiks und die demokratische Koordinierung von Kolleg:innen über Sektoren hinweg anzugreifen. In Frankreich streiken seit Monaten Hunderttausende gegen die Rentenreform von Macron und führen damit einen politischen Kampf, der den Präsident enorm unter Druck setzt.
Die Gewerkschaftsführungen weigern sich hingegen auch dort, den Kampf bis zum Ende zu führen und beispielsweise aus dem Kampf gegen die Rentenreform einen Kampf zum Sturz der Regierung durch Generalstreiks zu machen. Gleichzeitig hat sich das “Netzwerk für den Generalstreik” gegründet, das zum 1. Mai rund 1000 Leute auf die Straße gebracht hat. Das ist zwar bisher nur eine Minderheit. Dennoch muss dieses Beispiel ausgeweitet werden. Die Lehren daraus sind auch zentral für die Politik in Deutschland gegen die Krise, den Krieg und die Inflation.
Wir freuen uns, diese und weitere Fragen mit euch zu diskutieren und laden euch ein, gemeinsam mit KGK Workers, unserer branchen- und gewerkschaftsübergreifenden Arbeiter:innengruppe, sowie Waffen der Kritik, unserer marxistischen Hochschulgruppe, zurm Konferenz nach Bochum zu fahren!
Eine Anmeldung ist noch bis zum 10. Mai möglich. Infos und Anmeldung auf der Seite der Rosa Luxemburg Stiftung.
Spenden für Teilnehmer:innen der Konferenz
Als Klasse Gegen Klasse wollen wir mit ca. 30 Personen an der Konferenz teilnehmen. Anreise und Unterkunft kosten Geld. Unterstütze Arbeiter:innen und Studierende, die Konferenz für gewerkschaftliche Erneuerung zu besuchen: Jetzt spenden