Kolumbien: Linkspopulist Gustavo Petro gewinnt Stichwahl

20.06.2022, Lesezeit 3 Min.
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Gustavo Petro. Foto: Daniel Andres Garzon / Shutterstock

Mit 50,48 Prozent der abgegeben Stimmen hat der Linkspopulist Gustavo Petro die letzte Runde der diesjährigen Präsidentschaftswahlen in Kolumbien gewonnen. In der gestrigen Stichwahl setzte er sich damit gegen den rechten Rodolfo Hernández durch. Dieser hat 47,26 Prozent der Stimmen auf sich vereint.

Die mehr als 11 Millionen Stimmen für Petro und dessen Vizepräsidentin Francia Márquez drücken eine starke Ablehnung der erstarkenden alten und neuen Rechten aus. Kolumbien ist eines der größten Länder Lateinamerikas, das aber im Gegensatz zu anderen über die letzten 150 Jahre hinweg stets von der politischen Rechten regiert wurde.

In den an der Karibik- und der Pazifikküste sowie im Amazonas liegenden Departamentos lässt sich ein deutlicher Abstand Petros zu Hernández verzeichnen. Auch in Baranquilla (64,16 Prozent), Cali (63,76) und Bogotá (58,59) konnte Ersterer seinen Widersacher leicht überbieten während Hernández die Großstädte Medellín (62,55 Prozent) und Bucaramanga (73,58) für sich gewann.

Das zeigt, dass insbesondere die arme Bevölkerung der Epoche ein Ende setzen wollte, in der Kolumbien zu einer der Bastionen der USA werden konnte und die mit den USA verbündete Rechte keine einzige Wahl verloren hat.

Das Wahlergebnis stellt einen weiteren Beweis für die Vertiefung der Polarisierung, die wir weltweit beobachten können, dar – aber auch dafür, dass der Linkspopulismus in der Region die Rebellionen vom Kampf auf der Straße, in den Betrieben, Universitäten und Schulen an die Wahlurnen lenkt.

Im November 2019 und im Frühling 2021 wurde Kolumbien von Massenprotesten gegen den rechtskonservativen Noch-Präsidenten Iván Duque ergriffen. Dabei entlud sich die seit Jahrzehnten angestaute Unzufriedenheit und Wut über die verheerenden Bedingungen, unter denen die meisten Kolumbianer:innen arbeiten und leben müssen.

Der Sturz der Regierung wurde offen gefordert, doch stellte Petro sich gegen die „Revoltierenden“, die das Demonstrieren nicht unterlassen wollten. Er forderte sie mehrmals auf, das Blockieren sein zu lassen.

Gustavo Petro hat außerdem bereits vor den Wahlen angekündigt, auf nationale Einheit bauen zu wollen: „Sollte ich die Wahlen gewinnen, werde ich mich für ein großes nationales Abkommen einsetzen, das auf Dialogen beruht. Und zweifellos werden alle Politiker:innen des Zentrums und sogar Álvaro Uribe oder wer auch immer von ihnen benannt wird, zu Dialogen geladen, die der Präsident auf der Suche nach Reformen einberufen wird“. Auch die sogar hierzulande in linken Kreisen beliebte afro-kolumbianische Politikerin Francia Márquez bestätigte kurz nach dem Bekanntwerden des Wahlergebnisses dem Fernsehsender Caracol gegenüber, einen solchen nationalen Pakt schließen zu wollen, auch mit dem Lager von Ávaldo Uribe.

Uribe war von 2002 bis 2010 Präsident Kolumbiens und ist als einer der neoliberalsten, korruptesten und mit der eigenen Bourgeoisie verbandelten Staatsoberhaupte der Region, wenn nicht gar der Welt, in die Geschichte eingegangen.

Gestern schaute ganz Lateinamerika sowie Latinxs in der Diaspora erneut gespannt auf das historisch instabile Kolumbien. Denn Petros Sieg konsolidiert die Tendenz zu einer neuen, aber schwächeren Pink Tide. So wird die Zeit zu Beginn des Jahrtausends genannt, in der sich die Karte Lateinamerikas rot färbte – in der es also Regierungswechsel weg von offen neoliberalen Politiker:innen hin zum Linkspopulismus gab. Mit Andrés Manuel López Obrador (AMLO) in Mexiko, Alberto Fernández in Argentinien, vor allem aber Gabriel Boric in Chile, Pedro Castillo in Peru und nun Petro in Kolumbien vollzieht sich jetzt ein ähnlicher Prozess.

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