Klassenkampf von Oben: Allianz-Chef will Lohn am ersten Krankheitstag streichen
Der Chef des Versicherungskonzerns Allianz Oliver Bäte fordert Lohnkürzungen für kranke Arbeiter:innen. CDU-Spitzenkandidat:innen finden das gut.
Oliver Bäte, Vorstandsvorsitzender der Allianz SE, forderte die Einführung eines unbezahlten ersten Krankheitstages im Krankheitsfall. Er selbst verdient währenddessen 7,47 Millionen Euro im Jahr – fast 4.000 Euro pro Stunde und etwa 164 Mal so viel wie die:der durschnittliche:r Arbeiter:in in Deutschland. Dass deutsche Arbeiter:innen im Schnitt 15,1 Tage im Jahr krankgemeldet sind – und in dieser Zeit nicht für die Profite der Unternehmen schuften – ist ihm ein Dorn im Auge. In der Wiedereinführung des sogenannten Karenztages – also der Pflicht für Arbeiter:innen, den ersten Krankheitstag selbst zu bezahlen – sieht er ein „großes Einsparpotenzial für Unternehmen“ und eine Möglichkeit, die Kosten im Gesundheitssystem zu senken. Lobende Worte für den Vorstoß kamen vom stellvertretenden CDU-Fraktionsvorsitzenden Sepp Müller, auch die „Wirtschaftsweise“ Monika Schnitzer äußerte sich vor kurzem in diese Richtung.
Falls sein Vorschlag umgesetzt wird, würden sich gerade Menschen mit geringem Einkommen krank zur Arbeit schleppen und andere Menschen auch noch anstecken. Was wir stattdessen brauchen ist eine Debatte über die Ursachen des gestiegenen Krankenstandes. Gründe hierfür sind schlechte Arbeitsbedingungen, gerade in prekären Sektoren, wie der Pflege oder dem ÖPNV. Dort bestehen chronische Personalmängel, die die Beschäftigten jeden Tag ausbaden müssen. Statt zu versuchen, individuelle Kolleg:innen für ihre Krankheit zu bestrafen, muss man die strukturellen Bedingungen skandalisieren, die sie krank machen: Keine oder zu kurze, schlechte Pausen sowie hohe psychische oder physische Beanspruchung sind hier an der Tagesordnung. Die Ursachen der gestiegenen Krankentage seien Erkältungskrankheiten, aber auch ein Anstieg bei psychischen Erkrankungen, wie Depressionen und Angststörung.
Auch ein Grund wird die Einführung der elektronischen Krankschreibung sein, die den „gelben Schein” ersetzt. Dieser wurde früher oft nicht an die Krankenkasse geschickt, sondern nur an den Arbeitgeber.
Kritik kam selbst von den Krankenkassen, diese sehen auch ein Problem darin, dass Beschäftigte trotz Krankheit zur Arbeit gehen und diese das Verschleppen von Krankheiten fördern.
Gewerkschaftlicher Abwehrkampf
Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) sprach sich eindringlich gegen den sogenannten Karenztag aus. Deutlich wurde Vorstandsmitglied Hans- Jürgen Urban: “Wer Karenztage aus der Mottenkiste holt, greift die soziale Sicherheit an und fördert verschleppte Krankheiten, fatal und unverschämt.”
Seit es Arbeiter:innen und Kapitalist:innen gibt, kämpfen sie darum, wie viele Rechte die Arbeiter:innen haben und wie hoch ihre Löhne sind. Der dreiste Versuch des Unternehmenschefs, die Arbeiter:innen in Deutschland einfach als faul abzustempeln und so Gehalt zu sparen, ist nichts anderes als Klassenkampf von oben. Dass Teile der CDU darauf aufspringen, zeigt, auf wessen Seite diese Partei steht. In ihrer Agenda 2030 – im Namen treffend an die Agenda 2010 angelehnt – zeigt sie das ebenfalls. Weniger Steuern für Leute mit hohem Einkommen, statt einer Aufstockung der Rente sollen Rentner:innen nun mehr arbeiten können. Außerdem wollen CDU-Männer Carsten Linnemann und Thorsten Frei Zwangsarbeit für Bürgergeldempfänger:innen einführen. Von diesen pflegen die Allermeisten Verwandte oder sind körperlich oder psychisch zu stark eingeschränkt um zu arbeiten.
Auch wenn die SPD und die mit ihr verbundenen Gewerkschaftsfunktionär:innen sich nun gegen diese Angriffe aussprechen, bleibt abzuwarten, ob sie die volle Kraft des DGB gegen eine mögliche CDU-Regierung einsetzen würden. Man darf nicht vergessen, dass die letzte Welle von massiven Angriffen gegen die Arbeiter:innen und Arbeitslosen in Deutschland, die oben genannte Agenda 2010 von einer SPD-Regierung durchgeführt worden war. Nur durch die Massenstreiks und politische Aktionen gegen die kommende Regierung können diese Angriffe verhindert werden, auf die die Bosse in Zeiten der Krise immer mehr pochen. Es braucht Betriebsversammlungen, um darüber zu diskutieren, wie wir verhindern können, dass wir es sind, die am Ende für die Krise von Investoren zahlen.
Sozialist:innen ins Parlament
Gegen diese Arbeitnehmer:innenfeindliche Pläne treten wir mit Direktkandidaturen zur Bundestagswahl an. Inés Heider (RIO; Direktkandidatin für Friedrichshain-Kreuzberg-Prenzlauer Berg Ost), Leonie Lieb (RIO; Direktkandidatin für München West/Mitte) und Franziska Thomas (RSO; Direktkandidatin Berlin-Tempelhof-Schöneberg) stehen für eine Politik der Arbeiter:innen, der Gerechtigkeit und Solidarität. Wir fordern eine Enteignung und Umstellung des Gesundheitssystems unter Arbeiter:innenkontrolle. Beide Kandidat:innen bieten eine echte Alternative zu den Plänen der SPD, CDU, AfD und der Grünen und anderer Parteien im Bundestag, die Kürzungen im sozialen Vorantreiben und die Krisen auf uns abwälzen wollen. Wir stehen für entschädigungslose Vermögensabgabe der Milliardär:innen! Wir haben ihr Vermögen erarbeitet, uns steht es zu! Hunderte Milliarden für Bildung, Gesundheit, Soziales und Klima statt für Villen, Yachten und Privatjets!