Keine Macht für Wegner
Im dritten Wahlgang wurde der rechte CDUler Kai Wegner zum neuen Regierenden Bürgermeister Berlins gewählt. Unklar ist, wer ihn unterstützt hat, doch klar ist, wer verliert.
Am 27.04. fand in Berlin die Wahl zum Bürgermeister statt. Von der GroKo (Große Koalition aus CDU und SPD) wurde dabei der rechte CDUler Kai Wegner aufgestellt. Im ersten Wahlgang scheiterte er mit 71 Ja- zu 86 Nein-Stimmen. 80 Wären nötig gewesen.
Daraufhin ließen CDU und SPD im Vorfeld des Zweiten Durchgangs jeweils ihre Abgeordneten in einer geheimen Probewahl abstimmen, bei welcher laut SPD nur 2 Abgeordnete mit Nein stimmten. Dennoch scheiterte Wegner erneut – diesmal nur mit einer Stimme bei einem Ergebnis von 79 zu 79. Nach einiger Frustration und kleineren Bedenken wurde schließlich ein dritter Wahlgang eingeleitet. Währenddessen veröffentlichte die AfD eine Pressemitteilung, in der sie erklärte, für Wegner zu stimmen. Die 86 Ja-Stimmen legen dies nahe, wenn auch die Möglichkeit besteht, dass alle Abgeordneten der CDU und SPD auf (Führungs)linie gebracht wurden, denn zusammen kommen beide Parteien höchstens auf diese Anzahl an Stimmen.
Allein der Ablauf und die Intransparenz durch die geheime Wahl führt dazu, dass Wegner nicht die Menschen, die in Berlin leben, repräsentiert. Ganz zu schweigen von Faktoren wie der Wahlbeteiligung, aber auch dem besonders großen Anteil an Menschen in Berlin, die gar nicht erst zu den Abgeordnetenhauswahlen zugelassen sind.
Wegner ist selbst in der CDU im rechten Flügel. Er kandidierte in der Partei, die die Hetze in der vergangenen Silvesternacht in Gang setzte, mit der Forderung nach der Abschaffung des Antidiskriminierungsgesetzes. Weitere rassistische Bemühungen seinerseits haben wir in einem früheren Artikel tiefer ausgeführt. Durch diese verwischt Wegner immer weiter die schwammige Grenze zwischen der CDU und der AfD. Die AFD warb damit, eine Ausbildungsoffensive für die Polizei zu starten sowie die Gehälter auf Bundesebene zu heben. Die CDU fordert im Vergleich dazu die Schaffung von 1000 neuen Stellen für die Polizei und macht ihre Annäherung an die AFD deutlich.
Gleichzeitig gab sich die SPD gespalten, ihre Mitglieder stimmten mit 54,3 Prozent nur knapp für die GroKo, und auch die Jusos, die Jugendorganisation der SPD, starteten im Vorfeld eine Kampagne gegen die GroKo und ihre Mutterpartei.
Ein (weiterer) Senat für die Immobilienlobby
Nicht nur Wegner als Regierender Bürgermeister verheißt nichts Gutes für die Arbeiter:innen und Armen der Stadt. Einige alte und neue Gesichter im Senat deuten darauf hin, und da hilft auch kein Diversity-Konzept.
Unsere allseits beliebte Franziska Giffey wird Bürgermeisterin für Wirtschaft, Energie und Betriebe. Passend ist dieser Posten allemal, ist sie doch bekannt für ihre Nähe zur “Wirtschaft” – also den Kapitalist:innen. Wie die Initiative “Deutsche Wohnen & Co enteignen” berichtet, ließ sie sich den Wahlkampf von der Immobilienlobby bezahlen und ist einzig und allein den Großspendern verpflichtet, eine Politik im Interesse der Spekulant:innen und Konzerne durchzusetzen.
Ihre Parteigenossin Iris Spranger ist ebenfalls noch im Senat, und dazu die einzige, die ihren Posten behält. Als Senatorin für Inneres und Sport ist sie für keine positiven Entwicklungen verantwortlich, wie etwa die gute Saison von Union Berlin, sondern fährt hingegen einen Hardliner-Kurs in Sachen Polizeiausbau. Ihr Vorzeigeprojekt ist die Polizeiwache am Kottbusser Tor, in die sie Millionen pumpt, und sogar ihre Versprechen zu einem “Dialog” mit den Anwohner:innen bricht. Zudem war ihr selbst die Rekordabschiebequote, die R2G in Berlin zu verzeichnen hatte, nicht hoch genug und brach von rechts mit dem Koalitionsvertrag, um 600 Menschen in die Republik Moldau abzuschieben.
Wenn das die bekanntesten Gesichter der SPD im Senat sind, sieht es um die CDU nicht gerade besser aus. Vorzeigelobbyistin Manja Schreiner ist fortan Senatorin für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt und wird wohl ihr Bestes geben, jegliche Klimaziele zu verungmöglichen. Ihr Kollege, Finanzsenator Stefan Evers, hat sich seine Referenzen als Unternehmensberater und Generalsekretär der Berliner CDU erworben. Diese Kombi verspricht eine gute Mischung aus ihrem bodenlosen Wahlkampf und ihrer Funktion: Die Klimabewegung diffamieren, Rassismus schüren und Politik im Interesse der Konzerne machen.
Welche Opposition brauchen wir?
Die Zusammensetzung Wegners Senats ist eine klare Kampfansage an die Arbeiter:innen, Mieter:innen, Migrant:innen und Armen der Stadt. Doch die Groko ist nicht vom Himmel gefallen: die katastrophale Politik des Vorgängers R2G hat ihr den Boden bereitet. Die Kürzungen im Bildungssektor, der Verrat am DWE-Volksentscheid und das Kaputtsparen des Öffentlichen Dienst werden unter Wegner wohl weitergeführt werden, wenn sich kein massiver Widerstand regt.
Umso trauriger ist es, dass die Kritiker:innen der Groko wenig unternommen haben, um ihre Bildung zu verhindern. Während die Jusos sich nach der Wahl als Anti-Wegner-Stimme inszenierten, gaben sie sehr schnell klein bei. Die Linkspartei versuchte hingegen mit sehr kleinen “No-Groko” Protesten den Status Quo unter R2G zu erhalten. Klaus Lederer ging sogar so weit, seinem Nachfolger, dem neuen CDU Kultursenator Joe Chialo, eine Lobrede auf Socialmedia zu geben.
Die Kräfte, die sich den kommenden Angriffen des Berliner Senats entgegenstellen werden, müssen wir nicht in den Parlamenten suchen, sondern auf der Straße. Die massiven Streiks im öffentlichen Dienst oder an den Berliner Schulen beispielsweise richteten sich auch gegen die Politik des Senats. Die Kampfkraft, die in den vergangenen Monaten gezeigt wurde, müssen wir einsetzen, um reale Verbesserungen zu erkämpfen, angefangen bei einem echten Inflationsausgleich für die Beschäftigten des öffentlichen Diensts.
Am kommenden Montag, dem 1. Mai, soll wie üblich auf der DGB-Demonstration der amtierende Bürgermeister sprechen – völlig unabhängig ob dieser Feind oder Unterstützer der Gewerkschaften ist. Mit der GroKo bedeutet dieser Auftritt, dass der DGB dem rechten Bürgermeister Wegner eine Bühne bieten wird. Doch Wegner ist Freund der Arbeitgeber:innen und Feind der Arbeiter:innenklasse. Wenn Jusos und die Linkspartei die Kritik an der GroKo ernst meinen und die Arbeiter:innen, die in den letzten Monaten kämpferisch streikten, unterstützen wollen, dann ist das der Ort, um sich mit ihnen zu solidarisieren und zu weiteren Mobilisierungen gegen die Regierung aufzurufen.
Nein zur GroKo!
R2G ist keine Alternative!
Hinaus auf die Straße für einen kämpferischen 1. Mai!