Kaufhof-Benko baut Protzpalast für 450 Millionen Euro – und feuert 6.000 Leute
Karstadt-Investor und Milliardär Benko will Tausende entlassen - und fast eine halbe Milliarde Euro in den Neubau vom Karstadt am Hermannplatz stecken.
Der Galeria Karstadt Kaufhof GmbH geht es im Moment nicht gut – so scheint es. Von den deutschlandweit 172 Filialen sollen insgesamt 62 geschlossen werden. In Berlin schließen beispielsweise die Kaufhäuser am Leopoldplatz und der Wilmersdorfer Straße, in München der Karstadt am Stachus, in Essen – dem Unternehmenssitz – beide Innenstadtfilialen. Die Fußgängerzonen vieler Städte werden sich deutlich verändern. Insgesamt 6.000 Angestellte werden entlassen, darunter vor allem Frauen und ältere Menschen.
Obwohl Karstadt den Kahlschlag plant, gibt es für das Kaufhaus am Berliner Hermannplatz an der Grenze zwischen Kreuzberg und Neukölln protzige Pläne. Investor René Benko – seiner Signa Holding gehört der Karstadt Konzern – möchte den bestehenden Bau aus den 1950ern abreißen und den pompösen Einkaufspalast aus den 1920er Jahren an dessen Stelle wiedererrichten. Die voraussichtlichen Baukosten betragen 450 Millionen Euro.
Gentrifizierung für Neukölln
René Benko möchte trotz der aktuellen Schwierigkeiten sein Prestigeprojekt umsetzen. Die begleitende Werbekampagne für das Projekt schreibt auf Facebook:
Da das Bauprojekt im Viertel nicht nur auf die vom Investor erhoffte Gegenliebe stößt, wird das Unterfangen mit einer breit angelegten Werbekampagne begleitet. Sie heißt: „Nicht ohne euch“. Mit „euch“ sind die Neuköllner*innen gemeint. Der Konzern möchte die Bewohner*innen in die Planung „integrieren“ und mit ihnen „kommunizieren“.
Jedoch wirkt der Titel der Kampagne fehl am Platz. „Nicht ohne euch“ bezieht sich wohl kaum auf die 6.000 Angestellten, die bald entlassen werden. In ihren Ohren wird sich der Slogan wie Hohn anhören. „Nicht ohne euch“ bezieht sich ebenso wenig auf die Anwohner*innen. Für sie wird der neue alte Karstadt Verdrängung und steigende Mietpreise bedeuten. Der schicke Neubau, der den verblassten Glanz alter Zeiten in die Warenhauskette hauchen soll, wird eine neue Attraktion in Neukölln. Das Gegenstück zu „Nicht ohne euch“ heißt „Initiative Hermannplatz“ (Internetseite und Facebook) und setzt sich für den Erhalt des Viertels ein.
Die Kampagne des Konzerns gaukelt den Bewohner*innen Mitsprache am Projekt und Errungenschaften fürs Viertel vor. Bezahlbarer Wohnraum soll entstehen – was genau als bezahlbar gilt, wird nicht verraten. Ein Teil des neuen Gebäudekomplexes soll lokalen Initiativen, Bands, Künstler*innen zur Verfügung stehen – das ist der billige Versuch, die neue Attraktion schmackhaft zu machen. Drumherum wird mit Urban Gardening und Pop-Up-Radwegen geworben.
Nein zum Einkaufstempel – für den Erhalt der Jobs
Natürlich, der monumentale Karstadt sieht schick aus. Der Prunkbau soll Glanz und Blütezeit der Kaufhäuser zurück ins 21. Jahrhundert bringen – das klingt für den gebeutelten Warenhauskonzern verlockend. Das Gebäude vermittelt Opulenz und damit die Ästhetik, alles besitzen und kaufen zu können. Aber der Schein trügt: Bereits die erste Version des monumentalen Karstadt am Hermannplatz war eine wirtschaftliche Fehlplanung. Kurz nach der Ersteröffnung 1929 kam die Wirtschaftskrise. Der Einkaufstempel erwies sich als Flop.
Der Wiederaufbau erscheint zu Zeiten des Corona-Virus wie eine Farce. Eine schwere weltweite Wirtschaftskrise zeichnet sich ab und Karstadt entlässt 6.000 Angestellte. Die Investitionssumme von 450 Millionen Euro wirkt daher verrückt. Umgerechnet auf die bald entlassenen Angestellten sind das 75.000 Euro pro Kopf.
Für den neuen alten Karstadt werden – wenn er überhaupt gebaut wird – die bisherigen Angestellten von Karstadt und die Neuköllner*innen bezahlen. Die Gewinne hingegen streicht der Investor René Benko ein.
Die Angestellten sollten nicht für Benkos Lieblingsspielzeug mit ihren Jobs und ihrer Zukunft bezahlen. Es darf keine Entlassungen bei Karstadt geben.
Stimmen der Beschäftigten
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