Katja Kipping, die NATO und der Opportunismus in der Linkspartei
Nach Dietmar Bartsch stellt sich nun auch Katja Kipping gegen die im Parteiprogramm verankerte Ablehnung der NATO: “Unsere Programmaussage zur NATO ist von der Zeit überholt", sagte sie in einem Interview gegenüber dem RND. Ferner von der Realität könnte diese Analyse wohl kaum sein.
Seit Beginn der russischen Invasion der Ukraine ist die Linkspartei zunehmend in zwei Lager gespalten, das der “Reformer” um den Fraktionsvorsitzenden Dietmar Bartsch, der sich schon länger für eine Abschwächung der Anti-NATO Haltung der Partei ausspricht, und den Flügel um Sahra Wagenknecht, der Friedensverhandlungen mit Russland fordert und die Opposition zur NATO beibehält.
Nun hat sich auch die ehemalige Parteivorsitzende und aktuell noch amtierende Sozialsenatorin Berlins, Katja Kipping, der Position Bartschs angeschlossen. Wie im Interview deutlich wird, tut sie dies vor allem vor dem Hintergrund der aktuellen Koalitionsverhandlungen zwischen der SPD und der CDU, welche ein frühes Aus für RRG und damit auch ihren Regierungsposten bedeuten würde. Kipping hatte ihr Bundestagsmandat aufgegeben und damit ihre ganze Karriere auf den Posten in der Berliner Regierung gesetzt. Eine Berliner Senatorin verdient nach Besoldungsgruppe B11 15.074,80€ im Monat.
Hierdurch wird auch nochmals klar welches Ziel mit der Revision der NATO-Politik verfolgt wird (Bartsch hatte das ja schon im Vorfeld der Bundestagswahl 2021 thematisiert): Die Linkspartei soll regierungsfähiger werden und besseren Anschluss an die anderen Parteien finden, um so den bürgerlichen Staat im Dienste des Kapitals mitzuverwalten. Das ganze Konzept der PDL war von Anfang an auf genau diese Strategie – durch das Parlament das kapitalistische Elend zu reformieren – ausgerichtet.
Die NATO und der imperialistische Charakter des Ukrainekrieges
Nach seiner Gründung als antikommunistische Allianz im Kalten Krieg hat das Militärbündnis die NATO in jüngster Geschichte mit den Kriegen in Afghanistan, Irak oder Libyen nochmals deutlich gezeigt, dass es in erster Linie der bewaffnete Arm des westlichen Kapitals ist. In Libyen wurde die Regierung Gaddafis gestürzt um damit die weitgehenden libyschen Ölfelder für westliche Konzerne (in erster Linie die französische Total) zu öffnen aber auch um seine panafrikanischen Ambitionen einer eigenen Währung zu stoppen (Gaddafi hat im Zuge dessen beträchtliche Goldreserven angelegt). Das Land befindet sich nun seit 9 Jahren im Bürgerkrieg in dem einzelne NATO-Staaten (aber auch andere Regional- und Halb-Imperialistische Mächte) sich bekämpfende Seiten unterstützen (man konnte sich anscheinend nicht einig werden wie man das Land gemeinsam ausschlachten will). Ähnliches lässt sich für den Irak sagen, wo die Invasion der NATO-Staaten und seiner Partner, der “Koalition der Willigen”, zum Sturz Saddam Husseins den Aufstieg des Islamischen Staats verursachte und die Region damit in eine der größten humanitären Katastrophen unserer Zeit gestürzt hat. In Afghanistan gibt es auch beträchtliche Mengen an seltenen Erden, für deren Ausbeutung und Erschließung das Land für 20 Jahre besetzt wurde, ein Projekt, das letztendlich gescheitert ist.
Und auch im Ukrainekrieg ist das nicht anders. Der Kampf um die Ukraine, welcher bereits seit Ende ihrer Epoche als Sowjetrepublik und der generellen kapitalistischen Restauration Osteuropas ausgefochten wird, hat einen ökonomischen Inhalt. Sowohl der westlichen als auch der russischen Bourgeoisie und ihren Regierungen geht es primär um Einflusssphären für Absatzmärkte und zur Kapitalakkumulation. Denn die Ukraine verfügt über ganze 32 Millionen Hektar an besonders fruchtbaren Chernozem Böden, ein drittel der landwirtschaftlich genutzten Fläche der EU, welche durch die Zelensky-Regierung zunehmends privatisiert und damit ins Ausland ausverkauft werden. So sind auch die Kredit der IWF für die Ukraine an “Strukturanpassungsprogramme”, welche eine weitere Öffnung und Privatisierung der Wirtschaft vorsehen und eben auch an eine Landreform gebunden. Begleitet wird diese Politik von einem der größten Angriffe auf Arbeiter:innenrechte (die für betriebe mit bis zu 250 angestellten quasi gänzlich abgeschafft wurden), Gewerkschaften und linke Oppositionsparteien die das Land je gesehen hat. Das ukrainische Proletariat steuert unter dem Joch des Westens größtem Elend und maximaler Ausbeutung zu, was unter der Herrschaft der russischen Oligarchen nicht anders aussieht.
Kipping wünscht sich, dass ihre Partei „weiterhin“ eine „Kraft gegen Aufrüstung und Militarisierung“ bleiben soll. Doch erstens war die Mobilisierung der Linkspartei gegen die historische Aufrüstung der Bundeswehr wenn überhaupt spärlich, zweitens schweigt sie vollständig über die Interessen Deutschlands und ihrer Verbündeten in der Ukraine. Den deutschen Banken, Rüstungsunternehmen und anderen Konzernen geht es nicht um die Wahrung von Menschenrechten, sondern um Profite, die sich in der extrem fragilen und angespannten Weltlage sichern müssen.
Deswegen braucht es eine Unabhängige Antwort der Arbeiter:innenklasse auf beiden Seiten, die sich gegen den Krieg (der nicht in ihrem Interesse aber mit ihrem Blut geführt wird) und die Waffenlieferungen richtet und diese bestreikt und blockiert, wie das bereits die italienischen Hafenarbeiter:innen in Genua oder belarussische Eisenbahner:innen getan haben, nur sie kann einen Ausweg aus der Eskalationsspirale liefern.
Es ist aber auch utopisch auf die Diplomatie der bürgerlichen Staaten zu setzen, wie das Wagenknecht in ihrem “Manifest für den Frieden” tut. Solange es konkurrierende imperialistische Staaten gibt, wäre ein Frieden nur eine kurze Atempause vor dem unausweichlichen nächsten Krieg. Auch richtet sich das Manifest nicht gegen die Aufrüstung, sondern tritt eben für einen unabhängigen erstarkten deutschen Imperialismus ein, in dieser Hinsicht versucht es auch für die pro-russische Fraktion des deutschen Kapitals an Russland zu vermitteln.
Somit ist die Opposition zur NATO und zu imperialistischen Kriegen eben nicht wie Kipping sagt „überholt“, sondern hat im Zeitalter der Krieg, Krisen und Revolutionen, der Verschärfung der Imperialistischen Konflikte größte Aktualität.
Die immer weitergehende Aufgabe dieser Opposition spitzt die Situation noch weiter zu. Die lautesten Stimmen in der Partei, sei es Wagenknecht oder Kipping, appellieren beide an unterschiedliche Varianten des deutschen Imperialismus. Das ist nur die konsequente Folge der immer weiter fortgesetzten Staatsintegration der Partei. Die Linkspartei hat ausgedient, das zeigt sich in dieser Auseinandersetzung, in der sich zwei so chauvinistische Positionen gegenüberstehen ganz deutlich. Die Fraktion für einen Revolutionären Bruch hat daraus die richtige Bilanz gezogen. Allen Linksparteimitgliedern, die sich weder mit der sich der NATO anbiedernden Kipping, noch mit Wagenknecht, die zusammen mit Bundeswehrgenerälen Russland hofiert, zufrieden geben wollen, schlagen wir vor, eine gemeinsame Kampagne gegen Krieg und Inflation und für eine dritte Position der Arbeiter:innenklasse mit uns zu machen.