Karstadt/Kaufhof: Jobs retten, Altersarmut verhindern – bundesweite Streiks organisieren!
Mit dem Kahlschlag bei Galeria Karstadt Kaufhof droht eine soziale Katastrophe. Dabei wäre es mit Benkos Milliarden möglich, alle Jobs zu erhalten. Dafür braucht es einen bundesweiten Kampfplan mit Streiks!
Bei Galeria Karstadt Kaufhof (GKK) sollen 5.000 Menschen ihre Jobs verlieren. Viele der Beschäftigten sind Frauen Mitte 50 bis 60, denen die Altersarmut droht. Für den Investor René Benko mit einem Vermögen von fünf Milliarden Euro zählen hingegen nur die Profite. Die Corona-Krise diente ihm als Vorwand, Insolvenz anzumelden, um mit staatlichen Subventionen das Unternehmen umzustrukturieren, Personal zu feuern und wertvolle Immobilien zu verkaufen.
Wie die ver.di-Führung der Erpressung durch Benko nachgab
Am 18. Juni verkündeten die Medien eine Einigung über einen Sanierungsplan zwischen der Geschäftsführung, den Gläubigern und der Bundestarifkommission der Gewerkschaft ver.di. 62 Häuser sollten schließen. Ver.di verkaufte als Erfolg, dass damit 18 bedrohte Geschäfte erhalten bleiben sollten. Zudem würden nicht wie geplant zehn Prozent der Stellen in den verbleibenden Häusern wegfallen.
Betriebsrätin Iris Geiger berichtete, sie habe sich in den Verhandlungen „erpresst gefühlt“. Gewiss dürfte die Geschäftsleitung die Gewerkschaftsvertreter*innen unter Druck gesetzt haben, den Deal zu akzeptieren oder den Verlust von noch mehr Jobs zu riskieren. Benko hat das von ihm bewusst herbeigeführte Insolvenzverfahren geschickt als Drohung eingesetzt.
Mittlerweile wurden einige der 62 Häuser wieder von der Streichliste entfernt. Das Spiel, das sich die Geschäftsführung mit der Gewerkschaft erlaubt, ist wie das Feilschen auf einem Markt. Sie steigt hoch ein und lässt sich dann ein klein bisschen herunterhandeln. Ein Kaufhof-Beschäftigter beschreibt:
Es ist auch möglich, dass manche Häuser, die gar nicht geschlossen werden sollen, auf die Liste gesetzt wurden, um dort Angst zu schüren. Dann steht Herr Benko wieder gut da, wenn er mitteilen kann, dass das Haus doch nicht zumacht, welches er insgeheim eh auflassen wollte.
Die Führung von ver.di rechnet sich jede zurückgenommene Schließung als Erfolg an. Aber das Ergebnis bleibt ein Fiasko: Circa 5.000 Stellen werden wegfallen, hinzu kommen weitere Tausende in den Bereichen Sport, Reise, Feinkost und Logistik sowie bei Subunternehmen.
Um weitere Häuser zu erhalten, appellieren die ver.di-Sekretär*innen an die „soziale Verantwortung“ der Eigentümer*innen. Als ob Benko irgendeine Moral kennen würde, die über seinen Geldbeutel hinausginge. Zudem hoffte sie auf Staatshilfen durch die Politik, um weitere Jobs erhalten zu können. Die komplette Taktik von ver.di ist auf Verhandlungen und nettes Bitten angelegt.
Aber ein Thema sprach die Ver.di-Führung nie an: Streiks.
Streiken, damit Benko zahlt!
In vielen anderen Betrieben käme es bei der Ankündigung von Tausenden Kündigungen zu massiven Streiks. Das Vorhaben des Autobauers Nissan, ein Werk in Barcelona mit über 20.000 Beschäftigten zu schließen, führte zu einem 95-tägigen Streik. Anfang des Jahres streikten 500 Beschäftigte beim Getriebehersteller Voith in Sonthofen für 33 Tage. Und auch letztes Jahr gab es bei Galeria Karstadt Kaufhof Streiks für einen Tarifvertrag.
Noch im Dezember rief ver.di 68 Warenhäuser, 16 Filialen von Karstadt Sport sowie acht von Karstadt Feinkost zur Arbeitsniederlegung auf. Dieses Jahr geht es um so viel mehr als einen Tarifvertrag. Es drohen Altersarmut und eine soziale Katastrophe für viele tausend Familien. Ver.di hat gesagt, dass sie „für jeden Arbeitsplatz und jede Filiale kämpfen“ will. Und dann begnügt sie sich mit lächerlichen Transfergesellschaften, die lediglich die Arbeitslosigkeit um ein halbes Jahr verzögern. Nicht einen einzigen Streiktag hat ver.di gegen die Schließungen ausgerufen! Statt ihre komplette Macht zu nutzen und alle Beschäftigten in den Kampf gegen Benkos Machenschaften zu führen, beschränkt sich die Bürokratie von ver.di auf friedliche Verhandlungen und einzelne Demonstrationen.
Ver.di hat sich der Erpressung von Benko gebeugt, der mit der Trumpfkarte der Insolvenz noch mehr Kündigungen androhte. Dabei gäbe es eine so einfache Lösung: Benko und die weiteren großen Investor*innen sollen mit ihrem Vermögen für den Erhalt aller Häuser zahlen. Wenn sie das nicht machen, gehört GKK enteignet und unter Kontrolle der Arbeiter*innen gestellt.
Doch die ver.di-Spitze traut sich nicht, die „unternehmerische Freiheit“ von Benko in Frage zu stellen. Gemäß der Logik der Sozialpartnerschaft will die Gewerkschaftsbürokratie lieber eine friedliche Zusammenarbeit mit den Regierungsparteien und den Kapitalist*innen.
Was ist Sozialpartnerschaft?
Die Sozialpartnerschaft dient dazu, Konflikte zwischen den Unternehmer*innen und den Beschäftigten auf friedlichem Weg zu lösen. Dabei setzen die Gewerkschaften auf Verhandlungen und vermeiden Streiks. Damit bestimmen die Beschäftigten nicht selbst demokratisch über die Mittel und Ziele von Streiks. Sondern es tritt eine privilegierte Bürokratie als Stellvertretung für die Arbeiter*innen auf, die in Kommissionen, Gremien und an Verhandlungstischen sitzt. Die deutsche Wirtschaft basiert in großen Teilen auf der Sozialpartnerschaft. Fast alle Vorsitzenden der Gewerkschaften haben ein SPD-Parteibuch und sind bestens mit der Regierungspolitik vernetzt – die Agenda 2010 hat gezeigt, dass dies nicht zum Vorteil der Beschäftigten ist.
Für den Erhalt aller Jobs! „Unternehmerische Freiheit“ beenden!
Die Schließungen bei GKK sind eine Katastrophe und müssen unbedingt abgewendet werden. Auf die Erpressung von Benko muss ver.di selbst genauso hart antworten: In Betriebsversammlungen müssen die Beschäftigten zusammenkommen und einen Kampfplan diskutieren, um alle Jobs zu erhalten. Mit bundesweiten Streiks und Aktionstagen aller Häuser kann Benko besiegt werden. Zudem braucht es die Verbindungen zu anderen Betrieben und Branchen: Auch bei real sind Schließungen mit 700 Entlassungen geplant. Und bei der Lufthansa sind sogar 22.000 Jobs bedroht.
Wir als Klasse Gegen Klasse wollen die Stimmen der GKK-Beschäftigten stärken. Die Stimmen, die diese kampflose Niederlage nicht akzeptieren und gegen Benko und seine Freund*innen bei der Regierung kämpfen wollen. Wir wollen eine unabhängige Alternative der Arbeiter*innen aufbauen, die über einen einzelnen Betrieb oder eine Branche hinausgeht. Wir wollen die „unternehmerische Freiheit“ der Kapitalist*innen beenden. Diese Freiheit bedeutet nichts anderes, als dass die Konzerne und Investor*innen vom Raub unserer Arbeit riesige Vermögen anhäufen, wie Benko mit seinen fünf Milliarden, und uns dann nach Lust und Laune vor die Tür setzen können.
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