Kapitalismus, Klimawandel und sozialistische Strategie

18.06.2019, Lesezeit 30 Min.
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Die weltweite Jugendbewegung Fridays for Future hat die Frage des Klimawandels ins Zentrum der politischen Agenda geholt. Wie hängen Kapitalismus und Klimawandel zusammen, und wie sieht eine sozialistische Strategie dagegen aus? Von Diego Lotito aus Madrid.

Am 15. März gingen Hunderttausende Jugendliche in verschiedenen Städten der Welt im Rahmen eines Bildungsstreiks gegen den Klimawandel auf die Straße. In Madrid, Berlin, Wien, Rom und anderen Städten waren die Demonstrationen gewaltig.

Die Bewegung entstand am 20. August 2018, als sich die junge schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg mit einem Schild mit der Aufschrift „Schulstreik für das Klima“ vor das schwedische Parlament setzte. Inspiriert von dieser Aktion hat seither die Bewegung „Fridays for Future“ immer mehr Anhänger*innen gefunden: Woche für Woche bestreiken in europäischen Städten Schüler*innen den Unterricht und demonstrieren unter dem Motto „There is no planet B“ gegen die globale Umweltkrise. Vor allem nach Thunbergs eindringlicher Rede beim letzten Climate Summit Meeting (COP 24) in Katowice (Polen) bekam die Bewegung Zulauf.

„Unsere Zivilisation wird dafür geopfert, dass eine sehr kleine Anzahl von Menschen weiterhin enorme Geldsummen verdienen können. Unsere Biosphäre wird geopfert, damit reiche Menschen in Ländern wie meinem in Luxus leben können. Es sind die Leiden der Vielen, die für den Luxus der Wenigen zahlen. Wir müssen die fossilen Brennstoffe im Boden belassen und uns auf Gerechtigkeit konzentrieren. Und wenn Lösungen innerhalb des Systems so schwer zu finden sind, sollten wir vielleicht das System selbst ändern“, sagte die 15-jährige Schwedin, während die am Gipfel teilnehmenden politischen Vertreter*innen sie herablassend anschauten.

Das Phänomen, das auch hier im Spanischen Staat mit der Plattform Juventud por el Clima einen Ableger hat, wird eindeutig von der so genannten „Generation Z“, jungen Menschen zwischen 13 und 20 Jahren, sowie den „Millennials“ angeführt. Das Programm der Bewegung ist begrenzt. Sie schlägt lediglich vor, die Behörden zu verpflichten, unverzüglich Maßnahmen gegen den Klimawandel zu ergreifen (in Deutschland wird u.a. der Stopp des Kohleabbaus gefordert, Anm. d. Ü.). Seine sozialen und politischen Auswirkungen haben jedoch eine breite Debatte in der Jugend und der europäischen und globalen Linken ausgelöst: über die Möglichkeiten, der globalen Umweltkrise, die uns bedroht, zu begegnen, sowie über ihr Verhältnis zur intrinsischen umweltzerstörenden Dynamik des Kapitalismus und der kapitalistischen Staaten und darüber, welche Maßnahmen notwendig sind, um die Katastrophe zu verhindern. Und vor allem hat sie die Wahrnehmung gezeigt, die in breiten Schichten der neuen Generationen, insbesondere der jüngeren, über die Umweltkrise besteht: Ohne eine radikale Transformation der kapitalistischen Produktionsweise gibt es keine Zukunft.

Unterdessen ist das Establishment weltweit gespalten zwischen Leugner*innen des Klimawandels, Befürworter*innen kosmetischer Reformen zur Förderung des „grünen Kapitalismus“, die auf den verschiedenen Klimagipfeln verabschiedet wurden, und den sozialdemokratischen Wetten auf einen „Green New Deal“ zwischen Staaten und Großkonzernen, um die Umweltzerstörung und die Verwüstung von Ressourcen zu stoppen.

In diesem Zusammenhang eröffnet die massive Mobilisierung von Jugendlichen, die dem Kapitalismus nicht als Ungleichheit, Prekarität und Zerstörung des Planeten zu verdanken haben, die Möglichkeit, über eine revolutionäre Strategie zu diskutieren, um die Ursache des Klimawandels und der Umweltzerstörung zu überwinden: das kapitalistische System.

I. Ein katastrophales Phänomen namens „Klimawandel“

„Die nächsten Jahre sind wahrscheinlich die wichtigsten in unserer Geschichte.“ Das Zitat stammt von Debra Roberts, Co-Vorsitzende des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC)[1], nachdem sie am 8. Oktober den Sonderbericht über die globale Erwärmung vorgestellt hatte.

Heute betrachtet die überwiegende Mehrheit der Wissenschaftler*innen weltweit den Klimawandel als greifbar und unvermeidlich. Aber was genau ist der Klimawandel und was hat ihn verursacht?

Das Erdklima wird durch einen natürlichen Prozess namens „Treibhauseffekt“ reguliert, bei dem bestimmte Gase in den unteren Atmosphärenschichten (Kohlendioxid, Methan, Lachgas, Fluorkohlenwasserstoffe usw.) einen Teil der Sonnenstrahlung, die die Erde in Form von Wärme zurückwirft, absorbieren und ein wahres „globales Treibhaus“ bilden. Im Falle des Planeten Erde ist es das natürliche Gleichgewicht dieses Phänomens, das die Entwicklung des Lebens, wie wir es kennen, ermöglicht hat. Steigt jedoch die Konzentration der Treibhausgase in der Atmosphäre, verändert sich dieses Gleichgewicht und es kommt zu dem, was als „Klimawandel“ bezeichnet wird.

Die Mehrheit der Wissenschaftler*innen ist sich einig, dass diese Veränderung hauptsächlich auf den schwindelerregenden Anstieg der Emissionen von „Treibhausgasen“ in der Atmosphäre zurückzuführen ist, die durch anthropogene Aktivitäten, d.h. durch menschliches Handeln, verursacht werden. Dies ist jedoch keine abstrake menschliche Handlung „im Allgemeinen“. Es ist eine Aktivität, die im Rahmen einer bestimmten Produktionsweise, des Kapitalismus, stattfindet.

Tatsächlich hat die Konzentration dieser Gase in der Atmosphäre, insbesondere durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe (Öl, Kohle, Gas), aber auch durch Abholzung (die allmählich enorme Kohlenstoffsenken beseitigt hat) und andere kapitalistische Produktionstätigkeiten wie die intensive Viehzucht, dazu geführt, dass die durchschnittliche globale Temperatur – die heute etwa 15ºC beträgt – steigt und unerwartete (und katastrophale) Folgen für Umwelt und biologische Vielfalt entstehen. Diese Dynamik hat sich mit der Entwicklung des modernen Kapitalismus, insbesondere in seiner letzten neoliberalen Phase, exponentiell erhöht.

Obwohl die verschiedenen Klimagipfel das „Alarmsignal“ zum Klimawandel gegeben haben, warnen wichtige wissenschaftliche Organisationen seit Jahrzehnten vor diesen Veränderungen. Vom IPCC bis hin zu renommierten wissenschaftlichen Zeitschriften wie Science wurden Forschungen vorgestellt, die echte Katastrophenszenarien ausmalen und argumentieren, dass, wenn sich die derzeitigen CO2-Emissionen fortsetzen, „die Welt mit der schnellsten Rate des Klimawandels in den letzten 10.000 Jahren konfrontiert sein wird, was die Zirkulation der Meeresströmungen und die Klimamuster verändert“[2].

IPCC-Prognosen deuten darauf hin, dass die globale Durchschnittstemperatur an der Erdoberfläche um 2 bis 5 Grad Celsius [3] steigen und der Meeresspiegel in den kommenden Jahrzehnten um 18 bis 59 Zentimeter steigen könnte, wobei sie darauf hinweisen, dass die vergangenen und zukünftigen Kohlendioxidemissionen (CO2) noch für mehr als ein Jahrtausend zur Erwärmung beitragen werden. Gleichzeitig ist in jüngster Zeit bekannt geworden, dass der CO2-Gehalt in der Atmosphäre 400 Partikel pro Million (ppm) überschritten hat und in den kommenden Jahrzehnten sogar Werte über 500 ppm erreichen kann, was in der Menschheitsgeschichte noch nie zuvor erreicht wurde.

Diese Schätzungen mögen für einige irrelevant oder als eine rein statistische Abstraktion erscheinen. Sie nehmen jedoch Gestalt an, wenn ihre Folgen bemerkt werden: die Ausbreitung extremer klimatischer Phänomene wie Stürme, tropische Wirbelstürme, Taifune und Hurrikane; übermäßige Hitze, die Verschiebung von Klimazonen in Richtung der Pole und die Verringerung der Bodenfeuchte; sowie der Anstieg des Meeresspiegels durch das Abschmelzen von Gletschern oder das partielle Abschmelzen von polaren Eiskappen, mit der Folge von Überschwemmungen von Ackerland und Versalzung des Bodenwassers in Küstenregionen.

Seit 1880 ist die Durchschnittstemperatur der Erdoberfläche laut IPCC um 1 °C gestiegen. Ein drastischer Wandel, der bereits verheerende Folgen hat, wie die Verstärkung aller katastrophalen klimabedingten Phänomene, ihrer zeitlichen Dauerhaftigkeit und der Beschleunigung ihrer Rhythmen. Dazu gehört das Wiederauftreten immer virulenter werdender Hurrikane und Tornados in Mittelamerika, wie derjenige, der vor einigen Monaten Puerto Rico und andere karibische Länder verwüstete, oder der Zyklon, der in Mosambik mehr als 1.000 Menschenleben forderte. Auch die Vermehrung unkontrollierbarer Brände, die ganze Städte rund um den Globus verwüstet haben, die Ausbreitung extremer Hitzewellen (die bereits 30% der Weltbevölkerung treffen), massive Überschwemmungen – von denen bereits 41 Millionen Menschen in Südasien betroffen sind – oder katastrophale Dürren – wie diejenigen, die die Zwangsvertreibung von 760.000 Menschen in Somalia verursacht haben.

Nach Angaben der Vereinten Nationen gibt es derzeit mehr Geflüchtete, die vor Klimakatastrophen fliehen, als vor Kriegen: mehr als 20 Millionen Menschen. Aber es wird sogar von „Klimakriegen“ gesprochen, einem Begriff, den der deutsche Sozialpsychologe Herald Welzer geprägt hat, um sich auf bewaffnete Konflikte zu beziehen, die durch Veränderungen in der Umwelt, insbesondere durch die globale Erwärmung, ausgelöst werden. So zum Beispiel der Krieg in Syrien, wo laut einer Studie[4] die Dürre zwischen 2006 und 2010 dazu beigetragen hat, die im Frühjahr 2011 ausgebrochene Krise auszulösen.

Wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO) kürzlich feststellte, könnten die Folgen des Klimawandels nach einer konservativen Schätzung zwischen 2030 und 2050 jedes Jahr zu 250.000 zusätzlichen Todesfällen führen[5].

Diese Auswirkungen betreffen vor allem die ärmsten Menschen der Welt, die von den imperialistischen Mächten ausgeplündert wurden. Jedoch betrifft es bei Weitem nicht nur sie. Selbst im mächtigen und industrialisierten Nordamerika haben die Auswirkungen des Klimawandels unkalkulierbare Katastrophen ausgelöst, wie die jüngsten Brände im US-amerikanischen Westen, die massiven Überschwemmungen in North und South Carolina oder die Verwüstungen durch Hurrikane wie Andrew (1992), Katrina (2004) oder Michael (2018), wobei letzterer als „monströs“ bezeichnet wurde. In all diesen Fällen haben Umweltkatastrophen vor allem die am stärksten ausgebeuteten und unterdrückten Sektoren getroffen. Die weite Verfügbarkeit von „Ressourcen“, Technologie, Maschinen, Geld usw., die dem Kapital und der imperialistischen Achtlosigkeit unterworfen sind, hat nichts genutzt.

Die Notwendigkeit, den Klimawandel mit drastischen Maßnahmen zu bekämpfen, ist unbestreitbar. Dem jüngsten IPCC-Bericht zufolge müssten die Emissionen von Schadgasen bis 2030 – in weniger als 12 Jahren – um 45 % reduziert werden, um zu vermeiden, dass die kritische Erwärmungsschwelle von 1,5 Grad Celsius überschritten wird, oberhalb derer der Anstieg des Meeresspiegels, extreme Wetterereignisse und Nahrungsmittelknappheit weit verbreitet sein würden.

Dies ist ein Szenario, das keinen Raum für partielle oder „reformistische“ Maßnahmen lässt. Die globale Erwärmung ist nur ein Ausdruck, vielleicht der verheerendste, der destruktiven Natur des kapitalistischen Systems.

II. Leugnung des Klimawandels und „grüner Kapitalismus“: von der Farce in Kyoto bis zum Pariser Gipfel

Angesichts der globalen Krise des Klimawandels pendelt der Kapitalismus zwischen zwei Strategien: einerseits einer Kampagne der Leugnung wissenschaftlicher Beweise, die sie eher als „Ideologie“ denn als sachliche Tatsache darstellt; andererseits einer Strategie der Förderung eines „grünen“ oder „nachhaltigen“ Kapitalismus, der internationale Vereinbarungen fördert und für eine partielle und begrenzte Umstellung der Produktionsweise kämpft, während er das Modell der kapitalistischen Akkumulation und Ausbeutung bewahrt und stärkt.

Das Feld des Denialismus (Leugnens des Klimawandels) ist sehr weit gefasst. In seinen Reihen kämpfen von Trump, der Republikanischen Partei und der Tea Party in den Vereinigten Staaten bis hin zu Minderheitensektoren von Wissenschaftler*innen. Aber sein Kern liegt in den großen Unternehmen. Wie Luciano Andrés Valencia[6] erklärt, wird die „Industrie der Verleugnung“ von Ölkonzernen, Automobil- und Metallindustrie und Betreiber*innen öffentlicher Dienstleistungen angetrieben, die die Hauptverantwortlichen für die Emissionen von Schadgasen sind, die den Temperaturanstieg verursachen.

Diese Großkonzerne wie die britische Ölgesellschaft Exxon Mobile oder Koch Industries, die den Brüdern Charles und David Koch gehören, geben jährlich Milliarden von Dollar für Kampagnen aus, um den Klimawandel zu leugnen. Sie haben sogar Interessensgruppen wie die Global Climate Coalition gegründet und Wissenschaftler*innen und PR-Spezialist*innen eingestellt, um Journalist*innen, Regierungen und die Öffentlichkeit davon zu überzeugen, dass die Warnungen vor dem Klimawandel ungenau und zu übertrieben sind, um eine Politik der Emissionsregulierung zu rechtfertigen.

Dies ist die Grundlage für die Positionierung der Trump-Administration. Offensichtlich ist es nicht ungewöhnlich, dass die Erfinder*innen der „alternativen Fakten“ den Klimawandel leugnen. Kurz gesagt ist ihre Position, dass „der Klimawandel nicht existiert…. und wenn doch, dann ist es nicht unsere Schuld, sondern ein Naturereignis“. Alle wissenschaftlichen Beweise sowie die katastrophalen Auswirkungen des Klimawandels wären reine „Ideologie“.

Sicherlich ist „die geologische Geschichte der Erde die Geschichte des Klimawandels“, wie Gilson Dantas behauptet[7]. „Vor mehr als 3 Millionen Jahren war die Erde 3°C wärmer als vor unserer industriellen Ära. Und wir hatten sicherlich Eiszeiten und Warmzeiten.“ Der Unterschied besteht darin, dass die letzte Zwischeneiszeit etwa 30.000 Jahre gedauert hat, und wenn sich die Menschheit in einer neuen Zwischeneiszeit befindet, dauert sie noch keine 10.000 Jahre. In diesem Zusammenhang ist die aktuelle globale Erwärmung nicht nur nicht zu erwarten, sondern liegt außerhalb des geologisch-zeitlichen Musters der Erde. Und es gab keine wesentliche Veränderung der von außerhalb der Erde kommenden Strahlen und des Verhaltens der Sonne, beides Faktoren für das Verständnis der globalen Erwärmung. Die Veränderungen wurden von einem anderen Faktor verursacht: der kapitalistischen Industrie.

Die Wissenschaft ist weder wirtschaftlichen Interessen noch dem Klassenkampf nicht fremd. Unter der Herrschaft des Kapitals und der großen Monopole kann es keine neutrale Wissenschaft geben. Dennoch stimmt die überwältigende Mehrheit der wissenschaftlichen Gemeinschaft – und zynischerweise sogar ein großer Teil des kapitalistischen Establishments weltweit – darin überein, dass wir, wenn die Temperatur auf der Erde um mehr als 2°C steigt, eine planetarische Katastrophe erleben werden. In diesem Zusammenhang steht die Ideologie – im marxistischen Sinne von „falschem Bewusstsein“ – auf der Seite derjenigen, die die ökologischen und sozialen Verwüstungen, die die kapitalistische Wirtschaft erzeugt, leugnen und gleichzeitig die vulgäre Behauptung fördern, dass der Klimawandel nur zu „heißeren Sommern“ führt.

Als Gegenstück zum Denialismus ist die Seite des „grünen Kapitalismus“ nicht weniger vielfältig. Neben der US-amerikanischen Demokratischen Partei behaupten Angela Merkel, Emmanuel Macron, über diverse boomende kapitalistische Unternehmen, internationale Organisationen, sogar Umweltschützer*innen und NGOs, das Gegenteil. In einer Übung der Verschmelzung zwischen Neoliberalismus, Neokeynesianismus und „grüner Wirtschaft“ verurteilen sie die globale Erwärmung und einigen sich auf kostspieligen Klimagipfeln auf Umweltschutzmaßnahmen, Kontrollen und große Ziele zur Emissionsreduzierung, die in allen Fällen nichts anderes waren als diplomatische Dokumente ohne größere praktische Konsequenzen.

Obwohl sie den Klimawandel für eine wissenschaftlich bewiesene Tatsache halten, ist ihre Strategie nicht in der Lage, eine Lösung vorzuschlagen. Denn um dies zu tun, müssten sie unbedingt über den Rahmen des kapitalistischen Produktionssystems hinausgehen. Aus diesem Grund wurde die Politik zur Bekämpfung der Erderwärmung vor allem auf die Förderung von „Minderungs-“ und „Anpassungsmaßnahmen“ reduziert, d.h. die Verringerung der Emission von Schadgasen und die Eindämmung ihrer verheerenden Folgen.

Als Teil dieser Maßnahmen war die herausragendste globale Strategie das Kyoto-Protokoll, das mehrere Jahre nach seiner Verabschiedung im Dezember 2004 in Kraft trat, nach seiner Ratifizierung durch die Russische Föderation[8]. Damals als großer Schritt nach vorne betrachtet, auch trotz der Politik der USA und der Bush-Regierung, ihre Ratifizierung abzulehnen – wobei die USA damals für 36% der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich waren -, hat das Kyoto-Protokoll nichts anderes getan, als eine geringfügige Reduzierung der CO2-Emissionen der 34 Industrieländer zu „empfehlen“.

Dennoch schuf das Protokoll ein System, das es ermöglichte, den inkonsequenten Reduktionszielen durch „Flexibilitätsmechanismen“ auszuweichen, die das Recht einräumten, durch den Kauf und Verkauf von „Carbon Credits“ noch mehr Kohlendioxid auszustoßen. Ja, der imperialistische Kapitalismus hat es geschafft, einen neuen Markt zu schaffen: eine globale Gasbörse von Dutzenden Milliarden Dollar.

Dem Kyoto-Gipfel (COP3, 1997) folgten weitere, die entweder scheiterten (COP15 Kopenhagen, 2009) oder nur die Stagnation bewiesen (COP19 Warschau, 2013). Der letzte große Gipfel war die COP21, die in Paris stattfand. Im Jahr 2015 erreichten die Vertreter*innen von 195 Ländern das, was der damalige französische Präsident François Hollande den ersten „universellen Pakt in der Geschichte der Klimaverhandlungen“ nannte.

Allerdings sind „die Weltgipfel zur globalen Erwärmung nicht wirklich effektiv, sondern Übungen in theatralischer Diplomatie“, wie es der Philosoph und Ökologe Jorge Riechmann beschrieb [9]. Und genau das war der Pariser Gipfel, eine neue Inszenierung, die von den größten Verschmutzern des Planeten organisiert wurde.

Die Erklärung der Vereinbarung, in der die Begrenzung des Anstiegs der globalen Temperatur um 2°C gegenüber dem vorindustriellen Niveau angenommen wurde, lässt die Möglichkeit offen, das Ziel auf 1,5°C zu senken. Die prognostizierte Reduktion der Treibhausgasemissionen wird jedoch der nationalen Ebene“, d.h. den Staaten, überlassen. Die Vereinbarung beinhaltet keine Verpflichtung, Planung, Überprüfungsmechanismen oder Sanktionen im Falle einer Nichteinhaltung.

Damit das Abkommen 2020 in Kraft treten kann, muss es von mindestens 55 Ländern ratifiziert, akzeptiert oder genehmigt werden, die mindestens 55 % der weltweiten Treibhausgasemissionen verursachen. Jedes Land kann jedoch auf Mitteilung „jederzeit nach Ablauf von drei Jahren nach Inkrafttreten des Abkommens“ zurücktreten.

Wie Kyoto bleibt es eine Farce. Der vielleicht größte Beweis dafür waren die Aussagen eines der weltweit führenden Klimaforscher, des NASA-Wissenschaftlers James Hansen, der in einem Interview mit The Guardian sagte: „Das ist wirklich ein Betrug, eine Lüge. Für sie bedeutet es nichts mehr zu sagen: ‚Unsere Ziele sind 2°C Erwärmung und wir werden versuchen, es alle 5 Jahre besser zu machen‘. Es sind wertlose Worte. Ohne Taten sind sie nur Versprechungen. Solange die fossilen Brennstoffe die billigsten bleiben, werden sie weiterhin genutzt werden.“

Obwohl das Pariser Abkommen von Natur aus völlig machtlos ist, um CO2-Emissionsreduktionen zu erreichen, hat die Regierung Donald Trumps – wie Bush in Kyoto – nicht einmal diese Reduktionsrate akzeptiert. Die Entscheidung macht jedoch Sinn. Mit einem diplomatischen Dokument versucht die COP21, die Treibhausgasemissionen zu begrenzen, aber die Grenzwerte sind absolut unvereinbar mit dem Funktionieren des kapitalistischen Systems.

Die Essenz des Kapitalismus ist die Ausweitung von Profit und Akkumulation um jeden Preis; selbst wenn diese Kosten die materielle Zerstörung des Planeten bedeuten. Während China und die Vereinigten Staaten zusammen mit der Europäischen Union die meisten Treibhausgase produzieren, die die Troposphäre vernichten, und die Kapitalist*innen sich zwischen Verweigerung von Positionen oder impotenten Gipfeln des Umweltkrisenmanagements einigen, leidet der Rest der Welt weiterhin unter den Auswirkungen des Klimawandels.

Deshalb ist die Idee eines „grünen Kapitalismus“ eine Chimäre: Er wäre nicht dazu in der Lage, die Ursachen, die an der Wurzel der globalen Umweltkatastrophe liegen, die uns bedroht, auf integrale und effektive Weise zu beseitigen und eine „nachhaltige Entwicklung“ der Menschheit und der Arten, die den Planeten bevölkern, zu fördern. Die Lösung der globalen Klimakrise kann in keinem Fall aus den Eingeweiden des gleichen Systems geboren werden, das sie hervorgebracht hat.

III. Umweltkrise, „Green New Deal“ und „nachhaltiger Kapitalismus“

Karl Marx und Friedrich Engels schrieben im Kommunistischen Manifest, dass „die bürgerlichen Produktions- und Verkehrsverhältnisse, die bürgerlichen Eigentumsverhältnisse, die moderne bürgerliche Gesellschaft, die so gewaltige Produktions- und Verkehrsmittel hervorgezaubert hat, […] dem Hexenmeister [gleichen], der die unterirdischen Gewalten nicht mehr zu beherrschen vermag, die er heraufbeschwor.“ Während diese Worte den Widerspruch zwischen Kapital und Arbeit erklären sollen und können, sind sie auch zur Erklärung des Widerspruchs zwischen Kapital und Natur fähig.

Der Klimawandel ist neben anderen schrecklichen Phänomenen der globalen Umweltkrise ein Beweis der „unterirdischen Gewalten“, die der Kapitalismus hervorgebracht hat und deren erste und verheerende Folgen heute eindeutig unvermeidlich sind.

Dieses Phänomen ist bei weitem nicht der einzige Ausdruck der zerstörerischen Kraft des Kapitals. Zur Veränderung des Klimas kommen viele andere Faktoren dazu: die Krise des Kohlenstoff-, Wasser-, Phosphor- und Stickstoffkreislaufs, die Versauerung von Flüssen und Ozeanen, der zunehmende und beschleunigte Verlust von Wäldern und Biodiversität, das massive Artensterben, der Verlust der Bodenfruchtbarkeit und Veränderungen der Landnutzungsmuster, die chemische Verschmutzung und die weit verbreitete Erschöpfung der Ressourcen. Diese zerstörerische Dynamik steht in direktem Zusammenhang mit der sozialen und materiellen Verschlechterung der Lebensbedingungen von Hunderten Millionen Menschen, die unter Elend, Arbeitslosigkeit und prekären Beschäftigungsverhältnissen leiden, durch die der Kapitalismus seine Profite und Reproduktion sichert.

Diese in der Geschichte der Menschheit völlig einzigartige Situation ist die logische und nicht nur zufällige Folge eines Wirtschaftssystems, dessen Motor die Profitgier der herrschenden Klassen ist. Es bedeutet die Zerstörung der Umwelt und der Lebensgrundlage von Arbeiter*innen und Bäuer*innen auf der ganzen Welt.

Der Kapitalismus hatte von Anfang an eine verachtende und gierige Haltung gegenüber der Natur, als ob die Ressourcen, die sie der Menschheit zur Verfügung stellt, unendlich und vor allem kostenlos wären. „Schmeicheln wir uns indes nicht zu sehr mit unsern menschlichen Siegen über die Natur. Für jeden solchen Sieg rächt sie sich an uns… Und so werden wir bei jedem Schritt daran erinnert, daß wir keineswegs die Natur beherrschen, wie ein Eroberer ein fremdes Volk beherrscht, wie jemand, der außer der Natur steht – sondern daß wir mit Fleisch und Blut und Hirn ihr angehören und mitten in ihr stehn“, schrieb Engels in seiner Dialektik der Natur.

In seiner Theorie des „metabolischen Bruchs“[10] in der Beziehung zwischen Stadt und Land, zwischen Mensch und Natur, erkennt Marx die zerstörerische Kraft des Kapitals klar und kritisch an und argumentiert, dass der Bruch im universellen Stoffwechsel der Natur zwangsläufig die Verschlechterung der materiellen Voraussetzungen für eine wirklich freie und nachhaltige Entwicklung des Menschen mit sich bringt. Wie Kohei Saito, außerordentlicher Professor für Wirtschaftspolitik an der Universität Osaka, behauptet: „Marx hat verstanden, dass es [für den Kapitalismus, Anm.d.Ü.] grundsätzlich keine Rolle spielt, ob ein großer Teil des Planeten für das Leben ungeeignet wird, solange Kapitalakkumulation möglich ist“[11].

Aber was zu Zeiten der Gründer des revolutionären Marxismus noch ein theoretischer Horizont war, ist in unserer Zeit zu einer unverhohlenen Realität geworden. Die Irrationalität des kapitalistisch-imperialistischen Produktionssystems und seiner Konsummuster hat den Punkt erreicht, das natürliche Gleichgewicht des Planeten und damit die Existenz riesiger Teile der menschlichen Spezies und Millionen anderer Arten, die auf dem Planeten leben, ernsthaft zu gefährden.

Die Teilnehmer*innen der „Fridays for Future“-Bewegung, die sich in Europa und der Welt ausdehnt, sind sich dieser Realität zunehmend bewusst. Deshalb verurteilen sie das kapitalistische System als Ursache der aktuellen ökologischen Krise. Sie wissen sogar, dass hinter den Erklärungen der Klimagipfel nichts anderes steht als Demagogie. Allerdings fehlt ihnen noch eine Strategie, um den Klimawandel zu überwinden. Ihre Perspektive reduziert sich auf eine energische Verurteilung und fordert die politischen Vertreter*innen des Kapitals auf, dringende Maßnahmen zu ergreifen. Im besten Fall begrüßen sie die Aussicht auf einen „Green New Deal“ (GND), so wie es ein großer Teil der Umweltaktivist*innen in den USA und Europa tut.

In den USA wird diese Politik von einigen Kandidat*innen für die Präsidentschaft der Demokratischen Partei verfolgt, wie Bernie Sanders, Elizabeth Warren oder die selbsternannte „demokratische Sozialistin“ Alexandria Ocasio-Cortez. Der GND, so letztere, würde den Vereinigten Staaten innerhalb von 10 Jahren den Übergang zu 100% erneuerbarer Energie ermöglichen und gleichzeitig versprechen, Millionen von Arbeitsplätzen zu schaffen, die mit dem Aufbau eines effizienten Stromnetzes im ganzen Land verbunden sind, das unter anderem auf erneuerbaren Energien basiert.

Diese Perspektive geht jedoch nicht über die Grenzen des amerikanischen Kapitalismus hinaus. Im Gegenteil fördert sie, dass die milliardenschweren Konzerne, die für die aktuelle ökologische Krise verantwortlich sind, auch diejenigen sind, die die Infrastruktur entwickeln, die aus der Katastrophe führen soll. Hierfür würden sie über erhebliche öffentliche Subventionen verfügen[12].

Die Idee hinter der Perspektive des „New Green Deal“ oder ähnlicher Initiativen wie der von den Vereinten Nationen geförderten Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung ist, dass die Regierungen der wichtigsten Industrieländer der Welt, wenn sie sich der Situation bewusst werden, zusammen mit den Unternehmen in der Lage wären, drastische Maßnahmen zur Erhaltung der Umwelt zu ergreifen. Auf diese Weise könnte eine echte „nachhaltige Entwicklung“ erreicht werden.

Die wiederholte Verwendung dieses Konzepts ist interessant. Diese Idee ist seit Jahrzehnten in der politischen, wirtschaftlichen und ökologischen Literatur verankert. Es wird sogar von Sektoren der Linken benutzt, die sich antikapitalistisch nennen. Obwohl es viele Definitionen des Konzepts gibt, wurde die charakteristischste 1987 zum ersten Mal formuliert. Sie sagt: „Es ist die Art der Entwicklung, die die aktuellen Bedürfnisse der Menschen befriedigt, ohne die Fähigkeit künftiger Generationen zu beeinträchtigen, ihre Bedürfnisse zu befriedigen“[13].

Im Kapitalismus werden jedoch nicht die „gegenwärtigen Bedürfnisse“ befriedigt. Umso weniger ist zu erwarten, dass dies bei den zukünftigen Generationen der Fall wird. Sowohl der „Green New Deal“ als auch die Agenda 2030, die heute Referenzen für viele der „fortschrittlichen“ politischen Kräfte sind, basieren auf der Idee, dass ein „nachhaltiger Kapitalismus“ möglich ist und dass die Unternehmen, die die aktuelle Krise ausgelöst haben, zu den Rettern des Planeten werden können. Wie man sieht, ist die Idee selbst ein Widerspruch in sich selbst.

Ganz im Gegenteil kann, nach seiner eigenen räuberischen Logik, das Kapital sogar von der ökologischen Katastrophe profitieren. Und in der Tat tut es das. Wie Saito aus ökosozialistischer Sicht argumentiert,

„kann das Kapital weiterhin von der aktuellen Wirtschaftskrise profitieren, indem es neue Geschäftsmöglichkeiten wie Geo-Engineering, GMOs, den Kohlemarkt und die Naturkatastrophenversicherung erfindet. Natürliche Grenzen führen also nicht zum Zusammenbruch des kapitalistischen Systems. Es kann sogar über diese Grenzen hinausgehen, aber die gegenwärtige Zivilisationsebene kann nicht über bestimmte Grenzen hinaus existieren. Deshalb erfordert ein ernsthaftes Engagement für die globale Erwärmung gleichzeitig einen bewussten Kampf gegen den Kapitalismus“[14].

Für Saito „bedeutet der Klimawandel kein Ende des Kapitalregimes“. Auf jeden Fall „ist der Kapitalismus viel flexibler, dieses Sozialsystem wird wahrscheinlich überleben und weiterhin Kapital akkumulieren, auch wenn eine ökologische Krise die Zerstörung des Planeten verstärkt und eine proletarische ökologische Masse auf der ganzen Welt produziert. Reiche Menschen würden wahrscheinlich überleben, während die Armen viel anfälliger für den Klimawandel sind, obwohl sie dafür erheblich weniger verantwortlich sind als die Reichen. Die Armen haben nicht die technologischen und finanziellen Mittel, um sich vor den katastrophalen Folgen des Klimawandels zu schützen. Der Kampf für Klimagerechtigkeit beinhaltet eindeutig eine Klassenkampfkomponente, wie es beim britischen Kolonialismus in Irland und Indien der Fall war.“

IV. Revolutionäre Strategie, Arbeiter*innenhegemonie und sozialistische Perspektive

Angesichts einer völlig irrationalen Perspektive, zu der uns der Kapitalismus führt, ist die Notwendigkeit drastischer und dringender Maßnahmen offensichtlich. Aber diese können weder vom guten Willen der Regierungen der imperialistischen Mächte abhängen, die in erster Linie für die gegenwärtige Katastrophe verantwortlich sind, noch von den „neuen fortschrittlichen und grünen Agenden“, die von den großen Unternehmen des „grünen Kapitalismus“ gefördert werden.

Es ist notwendig, die Gegenwart und die Zukunft durch eine rationale Planung der Weltwirtschaft in unsere Hände zu nehmen. Oder wie Marx sagen würde, durch „die Einführung der Vernunft in den Bereich der Wirtschaftsbeziehungen“. Und das ist nur möglich, wenn die Planung der Wirtschaft in den Händen der einzigen Klasse liegt, die aufgrund ihrer objektiven Situation und ihrer materiellen Interessen ein Interesse daran hat, eine Katastrophe zu vermeiden: der Arbeiter*innenklasse.

Angesichts der Farce der Klimagipfel und der Versprechungen eines „grünen Kapitalismus“ unter der Führung imperialistischer Konzerne ist es notwendig, ein Übergangsprogramm aufzulegen, das auf eine vollständige rationale und ökologische Reorganisation von Produktion, Verteilung und Konsum abzielt.

Dazu ist es notwendig, den Sektor der Energiewirtschaft grundlegend zu reorganisieren und die großen Konzerne zu enteignen, um die Unternehmen unter die demokratische Leitung der Arbeiter*innen und unter die Aufsicht von Verbraucher*innenausschüssen zu stellen. Auf diese Weise könnte sich der Energiesektor vollständig umstrukturieren, was einen raschen Übergang zur ausschließlichen Nutzung erneuerbarer Energiequellen und eine Orientierung an den Bedürfnissen der Bevölkerung ermöglichen würde.

Gleichzeitig ist es notwendig, alle Verkehrsunternehmen sowie die großen Automobilunternehmen ohne Entschädigung und unter Arbeiter*innenkontrolle zu verstaatlichen, um eine massive Verringerung der Automobilproduktion und des privaten Verkehrs zu erreichen und gleichzeitig den öffentlichen Verkehr auf allen Ebenen auszubauen.

Die Verstaatlichung unter direkter Leitung der Arbeiter*innen in solchen Sektoren wäre nur der erste Schritt zur Verstaatlichung aller strategischen Wirtschaftssektoren der Städte und des ländlichen Raums mit dem Ziel, einen wirklich nachhaltigen Gesamtplan zu erstellen.

Dieses Programm, zusammen mit anderen Maßnahmen von gebieterischer Notwendigkeit, ist im Rahmen des Kapitalismus offensichtlich unmöglich zu erreichen. Die Umsetzung erfordert eine revolutionäre Strategie, die die Verantwortlichen der Katastrophe entschlossen konfrontiert. Die Jugendlichen, die heute auf die Straße gehen, um für „Klimagerechtigkeit“ zu kämpfen, haben die Herausforderung, die Radikalisierung ihres Programms voranzutreiben, um die einzige realistische Perspektive zur Bewältigung der Katastrophe aufzuzeigen: den Klassenkampf voranzutreiben, um dem kapitalistischen System ein Ende zu setzen und alle Triebfedern der Weltwirtschaft in die Hände der Arbeiter*innenklasse zu legen.

Gleichzeitig muss sich die Arbeiter*innenklasse als hegemoniales Subjekt dieses Kampfes positionieren und diese Forderungen nicht nur als Teil des Kampfes um die Verbesserung ihrer Lebensbedingungen, sondern auch als progressive Lösung für die zivilisatorische Krise, die der Kapitalismus vorbereitet, aufnehmen.

Dies ist die unerlässliche Voraussetzung für die Schaffung eines solidarischen Systems, das den natürlichen Stoffwechsel zwischen Mensch und Natur wiederherstellt, die soziale Produktion unter Beachtung der natürlichen Zyklen umstrukturiert, ohne unsere Ressourcen zu erschöpfen, und gleichzeitig Armut und soziale Ungleichheiten beendet. Dieses System hat keinen anderen Namen als Sozialismus.

Angesichts der Umweltkatastrophe, die uns bedroht, gewinnt das von Rosa Luxemburg aufgeworfene Dilemma „Sozialismus oder Barbarei“ wieder an Bedeutung. Am Vorabend des imperialistischen Gemetzels des Ersten Weltkriegs, warnte die große polnische Revolutionärin: „wenn das Proletariat nicht seine Klassenpflichten erfüllt und den Sozialismus verwirklicht, steht uns allen zusammen der Untergang bevor“. Für Luxemburg war der Sozialismus kein von der Geschichte vorgegebenes Schicksal; das Einzige „Unvermeidliche“ war der Zusammenbruch des Kapitalismus und die Katastrophen, die diesen Prozess begleiten würden, wenn die Arbeiter*innenklasse es nicht verhindern würde.

In unserem Jahrhundert erneuern sich die Bedingungen für eine Epoche der Krisen, Kriege und Revolutionen und konfrontieren die Arbeiter*innenklasse und die Völker der Welt nicht nur mit der Barbarei von Krieg und Elend, sondern auch mit der möglichen Zerstörung des Planeten. Ein wirklich ökologisches Projekt, das die Umweltkatastrophe heraufbeschwört, zu der der Kapitalismus uns führt, kann nur erfolgreich sein, wenn es antikapitalistisch ist und die sich Arbeiter*innenklasse subjektiv als Avantgarde aufstellt, dies durch revolutionären Kampf durchzusetzen.

Fußnoten

1. Das IPCC ist eine Gruppe von Expert*innen, die unter der Schirmherrschaft der UNO seit 1988 damit beauftragt ist, die wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Klimawandel, seinen Auswirkungen und den zukünftigen Risiken, sowie mögliche Antworten zu bewerten.

2. Thomas Karl und Kevin Trenberth, Science, Dezember 2003.

3. Ein Anstieg von 4 oder 5 Grad ist äquivalent dazu, was in den letzten 18.000 Jahren passiert ist, jedoch mit einer radikal anderen Geschwindigkeit.

4. Seit 2013 haben verschiedene Studien eine enge Verbindung zwischen dem Klimawandel und kriegerischen Prozessen belegt. Im Fall Syriens zeigt die Studie „Climate change in the Fertile Crescent and implications of the recent Syrian drought“, angeführt von Collin P. Kelley, Richard Seager und Shahrzad Mohtadi, und veröffentlicht im März 2013 in den Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America, dass die Erderwärmung der „Tropfen“ war, „der das Fass zu überlaufen brachte“.

5. “Fact Sheet on Climate Change and Health,” World Health Organization, February 1, 2018.

6. Luciano Andrés Valencia, “Capitalismo y cambio climático”, Izquierda Diario, 2/12/2015.

7. Gilson Dantas, “Calentamiento global, ¿hablamos de ciencia o de ideología?”, Izquierda Diario, 5/12/2015.

8. Das Kyoto-Protokoll wurde im Jahr 1997 in Japan angenommen. Darin wurde das Ziel festgehalten, die Netto-Emissionen von Treibhausgasen für die wichtigsten Industrieländer und Schwellenländer zu begrenzen. Das Protokoll sollte nach der Ratifizierung von mindestens 55 Ländern in Kraft treten, dessen Gesamtemissionen mindestens 55% der weltweiten CO2-Emissionen darstellten (gemessen am Niveau von 1990). Das wurde mit der Ratifizierung durch Russland erreicht und das Protokoll war bis 2012 in Kraft. Die COP18 ratifizierte die zweite Periode der Gültigkeit des Protokolls vom 1. Januar 2013 bis zum 31. Dezember 2020. Jedoch haben die USA, Russland und Kanada, neben anderen Ländern, entschieden, das nicht zu unterstützen.

9. Jorge Riechmann, “Entrevista”, CTXT, 26/09/2017.

10. Zur Vertiefung des Marxschen Konzepts des „metabolischen Bruchs“, siehe John Bellamy Foster, „Marx’s Ecology: Materialism and Nature“, 2000.

11. “Karl Marx: comunista, revolucionario… ¿ecologista?“

12. Für eine tiefergehende Kritik an der Politik des “Green New Deal”, siehe Ein „Green New Deal“ kann uns nicht retten. Eine Planwirtschaft schon, von Wladek Flakin und Robert Belano.

13. Weltkommission für Umwelt und Entwicklung der Vereinten Nationen („Brundtland-Kommission“): „Unsere gemeinsame Zukunft“. Oxford: Oxford University Press, 1987.

14. Kohei Saito, op. cit.

Dieser Artikel erschien zuerst in Contrapunto, der Sonntagsausgabe von IzquierdaDiario.es.

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