Kann das 1,5-Grad-Ziel noch eingehalten werden?

03.03.2025, Lesezeit 3 Min.
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Überschwemmung in Budapest, September 2024. Foto: Mehes Daniel / Shutterstock.com

Eine aktuelle Studie des Helmholtz-Instituts legt nahe, dass das langfristige 1,5-Grad-Ziel bald nicht mehr eingehalten werden kann. Klimapolitische Konsequenzen? Fehlanzeige.

Vergangenes Jahr lag die globale Temperatur im Jahresmittel zum ersten Mal mehr als 1,5 Grad über dem Mittelwert des vorindustriellen Vergleichszeitraums von 1850 bis 1900. Eine Überschreitung dieser Temperaturgrenze bedeutet zwar noch nicht, dass das 2025 mit dem Pariser Klimaabkommen beschlossene 1,5-Grad-Ziel endgültig gescheitert ist, da es sich auf ein 20-jähriges Jahresmittel bezieht. Doch eine neue Studie legt nahe, dass es sich bei der Überschreitung nicht um einen Ausrutscher handelt, sondern um einen Trend.

Die Forscher:innen des Helmholtz-Zentrums für Klimaforschung untersuchten in ihrer Studie, welche Rückschlüsse sich aus einzelnen warmen Jahren auf den Erwärmungsverlauf der folgenden 20 Jahre ziehen lassen. Insbesondere um herauszufinden, ob ein einzelnes Jahr über 1,5 Grad eine langfristige globale Temperatursteigerung von 1,5 Grad voraussagen könnte. 

Die Wissenschaftler:innen analysierten dazu bereits in der Vergangenheit erreichte Schwellenwerte für die globale Erwärmung. Sie stellten fest, dass das erste einzelne Jahr, in dem die Schwellenwerte für die globale Erwärmung überschritten wurden, immer in einem 20-Jahr-Zeitraum lag, in dem auch die Durchschnittstemperatur die gleichen Schwellenwerte erreichte. 

Auf Basis dieses Musters argumentiert die Studie, dass ein ähnliches Verhalten für die 1,5 Grad-Schwelle gelten könnte. Falls dies zutrifft, würde das Auftreten einer Erwärmung von 1,5 Grad im Jahr 2024 bedeuten, dass der Zeitraum von 20 Jahren, in dem das niedrigere Ziel des Pariser Abkommens scheitert, bereits begonnen hat. 

Sollten nicht unmittelbar drastische Maßnahmen zum Bremsen der Erderwärmung ergriffen werden, sei das 1,5-Grad-Ziel mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Scheitern verurteilt. Die Forscher:innen enden ihr Paper mit der Aussage, dass das erstmalige Überschreiten der 1,5-Grad-Grenze im Jahr 2024 kein Grund zur Verzweiflung sei, sondern ein Aufruf zum Handeln. 

Das Ergebnis der Studie ist vermutlich für die wenigsten überraschend, beobachten wir doch, dass jedes Jahr neue Temperaturrekorde geknackt werden, unsere Wälder sterben und die Anzahl von Extremwetterereignissen immer weiter zunimmt, während die Politik keine ernsthaften Versuche unternimmt, der Klimaerwärmung entgegenzuwirken.

Wenn die zehn Jahre seit Beschluss des Pariser Klimaabkommens eines gezeigt haben, dann, dass bloße Appelle an die Politik keine Wirkung zeigen. Ganz im Gegenteil zur damaligen Einigung, die Klimaerwärmung einzudämmen, verschleppen die Vertragsparteien politische Maßnahmen zum Klimaschutz. Schlimmer noch: Die 60 größten Banken der Welt haben von 2016 bis einschließlich 2020 satte 3,8 Billionen USD für Unternehmen in fossilen Industrien bereitgestellt. Auch bei der vergangenen Bundestagswahl spielte Klimapolitik kaum eine Rolle. Lieber hetzten fast alle Parteien von extrem-rechts, bis in die „Mitte“ und vermeintlich linke Parteien wie das BSW gegen Migrant:innen.

Die Dringlichkeit der Lage wird jedoch immer größer und die Unfähigkeit der Regierungen, den Klimawandel aufzuhalten, immer deutlicher. Die Forscher:innen haben Recht: Es ist nicht zu spät zu handeln, sondern umso dringender. Doch uns bleibt keine Zeit, falsche Hoffnungen in die Vernunft von Staaten und Regierungen zu setzen, deren oberste Aufgabe die Aufrechterhaltung kapitalistischer Profite ist und die zu diesem Zweck die natürlichen Grenzen unseres Planeten komplett missachten. Um den Klimawandel zu bekämpfen müssen wir deshalb auch den Kapitalismus bekämpfen – als Arbeiter:innen und Jugendliche gemeinsam auf der Straße, organisiert an den Universitäten, an Schulen und in Betrieben. Klimakampf heißt Klassenkampf!

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