Kämpfen lohnt sich! Sieg der Kolleg*innen vom Botanischen Garten!
Seit 45 Monaten kämpft die halbe Belegschaft am Botanischen Garten in Berlin für einen Tarifvertrag. Am Mittwoch war es so weit: Eine Einigung wurde erzielt! Bald gibt es gleiches Geld für gleiche Arbeit – fast.
In Steglitz knallten die Korken. Am Mittwoch fand die zwanzigste Tarifverhandlung zwischen der Gewerkschaft ver.di und der Betriebsgesellschaft Botanischer Garten und Botanisches Museum statt. Nach zwei Stunden wurde eine Einigung unterschrieben – endlich!
Das Wichtigste ist, dass bald alle Beschäftigten am Botanischen Garten – auch die Kolleg*innen von der Tochterfirma – Löhne nach dem Tarifvertrag der Länder (TV-L) verdienen werden. Vereinbart wurde eine schrittweise Annäherung an das Tarifniveau: Rückwirkend zum 1. Januar dieses Jahres soll 80% des TV-L bezahlt werden. 2018 werden es 90% sein. Im darauf folgenden Jahr wird schließlich 100% bezahlt.
Also in ein bisschen mehr als zwei Jahren gilt: Gleiches Geld für gleiche Arbeit! „Auf einem Schlag bekomme ich mehr als 500 Euro im Monat brutto mehr“, sagte ein Arbeiter im Gespräch mit Klasse Gegen Klasse.
ver.di fasst die Einigung zusammen:
- Einmalzahlung 2015: 700 Euro brutto
- 1.2016 Tariferhöhung auf 80% TV-L Niveau
- 3.2016 Übernahme der TV-L Entgeltsteigerung in Höhe von 2,3 Prozent, Mindestbetrag
- 3.2017 Übernahme der TV-L Entgeltsteigerung
- 1.2018 Tariferhöhung auf 90% TV-L Niveau plus Dynamisierung TV-L
- 1.2019 Tariferhöhung auf 100% TV-L Niveau plus Dynamisierung TV-L
- Laufzeit bis 31.12.2019
- Sonderkündigungsrecht der FU zu Ende 2017 für den Fall, der Senat finanziert die Tariferhöhungen 2018 und 2019 entgegen anderslautender Zusage nicht aus, Tariferhöhungen 2016 und 2017 sowie die Einmalzahlung für 2015 bleiben auch bei Wahrnehmung des Sonderkündigungsrechts bestehen (80% TV-L Niveau).
Natürlich hat das alles mehrere Haken: Die Beschäftigten der Tochterfirma sind zwar am TV-L angekoppelt, aber noch nicht im Tarifvertrag drin. Und das betrifft auch nur die Löhne: Für die Tochterfirma gilt weiterhin ein anderer – schlechterer – Manteltarifvertrag. Schließlich kann die FU auch immer noch den Vertrag kündigen, falls der Berliner Senat im nächsten Doppelhaushalt nicht die entsprechenden finanziellen Mittel zur Verfügung stellt. Zwar haben die regierenden Sozialdemokrat*innen das bereits schriftlich versprochen – aber ihnen kann man nicht über den Weg trauen.
Der Kampf ist also noch nicht vorbei.
Seit anderthalb Jahren läuft der Arbeitskampf. Es gab nicht nur drei Warnstreiks. Bei jedem großen Event im Garten haben die Beschäftigten Zehntausende Flyer verteilt. Sie besuchten die Kuratoriumssitzungen an der FU, veranstalteten Teach-Ins mit Studierenden und störten gemeinsam mit ihnen Vorlesungen. Solidarische Studierende haben auch mehrmals Transparente aufgehängt.
Schlechte Ratschläge
Rat bekamen die Kolleg*innen immer wieder: Sie sollten höflich bleiben; sie sollten geduldig sein; sie sollten sich auf die Politiker*innen (besonders von der SPD) verlassen, die sich darum kümmern würden; sie sollten nicht mit den „radikalen“ Studis rumhängen; sie sollten nicht alles gleich an die Presse tragen.
Solche Ratschläge haben die Beschäftigten konsequent ignoriert. Eine Person von der Gegenseite sprach vom „nervigsten Arbeitskampf“, den sie je erlebt hatte. Und es funktioniert! Das zeigt: Wer kämpft, kann gewinnen!
Die Kolleg*innen sind ein wirkliches Beispiel für die Tausenden, Zehntausenden Arbeiter*innen im öffentlichen Dienst in Berlin, die für Tochterfirmen mit Niedriglöhnen und ohne Tarifverträge arbeiten. Die „Harten vom Garten“ haben es vorgemacht: Wer lange genug kämpft, kann seine Forderungen durchsetzen!
Wir haben diesen Kampf seit fast einem Jahr unterstützt und fühlten uns immer wieder von den Kolleg*innen inspiriert. Wir werden weiterhin unser Bestes dafür tun, dass dieser Sieg am Botanischen Garten der erste in einer langen Serie von Siegen der Berliner Arbeiter*innen wird.
Klasse Gegen Klasse hat mehrere Dutzend Artikel und auch ein Video über diesen großartigen Arbeitskampf veröffentlicht. In den nächsten Tagen und Wochen werden wir mehr über diesen Sieg schreiben.