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Jurastudium online: Kauft euch eine Webcam oder verschwindet!

17.12.2020, Lesezeit 4 Min.
Gastbeitrag

Ein Berliner Student berichtet für KGK Campus von seinem absurden Alltag im Jurastudium.

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Rawpixel.com / Shutterstoock.com

Dass Jura ein Studiengang ist, der darauf ausgerichtet ist, Arbeiter:innen so schnell wie möglich rauszuekeln, sollte inzwischen keine Breaking News mehr sein. Die Freie Universität Berlin legt in diesem Semester aber noch einen drauf. Im letzten online Semester wurde, aus Mangel an Ideen, ein neues Klausursystem benutzt. Statt Präsenzklausuren wurden Hausarbeiten gestellt, die in 24 Stunden zu bearbeiten waren. Open Book und ohne Literaturverzeichnis. Zwar war der Tag der Klausur stressig, da man sich die ganze Zeit Gedanken machen musste, aber insgesamt funktionierte das System gut.
So gut offensichtlich, dass der Fachbereich Rechtswissenschaften sich dazu entschied ein neues, umständlicheres System zu nutzen:

Die Klausuren sollten wieder in der regulären Zeit (in meinem Fall bis zu 240 Minuten) bearbeitet werden. Um zu verhindern, dass geschummelt werden kann, wird der „Safe-Exam-Browser“ verwendet. Dabei handelt es sich um eine Software, die Kontrolle über den Computer erlangt und den Zugriff auf andere Programme verhindert. Damit ist dieses System schon auf einer informationstechnologischen Ebene fragwürdig. Jedoch war das für den Fachbereich nicht genug.

Außer der Verwendung des Safe-Exam-Browsers, soll man nämlich auch mit aktiver Kamera arbeiten, um die Benutzung von Lehrbüchern, Handys, o.ä. zu unterbinden. Abgesehen davon, dass die Effektivität dieses Systems zumindest fragwürdig ist, wirft das auch noch weitere Probleme auf: Was, wenn ich keine Kamera habe? Ein Professor hatte darauf eine simple Antwort: Studierende sollen sich einfach eine Kamera kaufen, oder abwarten bis sich die Umstände ändern, wenn sie mit den Bedingungen nicht zufrieden sind. Danke dafür.

Dass es Studierende gibt, die sich keine Kamera leisten können, oder für die die Anschaffung einer Kamera, die sie abgesehen für diese eine Klausurenphase nie benutzen werden, im besten Fall finanziell fragwürdig ist, weiß er entweder nicht oder juckt ihn nicht. Warum sollte es ihn auch jucken, er verdient genug Geld, um sich um solche Probleme nicht kümmern zu müssen.
Studierende, die nicht bereit sind, eine Kamera zu kaufen, müssen halt ihre Klausuren so lange nach hinten schieben, bis Präsenzklausuren wieder möglich sind. Das sind pro Semester mindestens drei Klausuren. Weil Jura keinen Nachschreibetermin hat, bedeutet das, man muss sie im folgenden Semester schreiben. Und dass die Klausuren des größten Fachbereichs der Uni nächstes Semester in Präsenz stattfinden können, glaube ich persönlich nicht. Viel Spaß dabei einen Haufen Klausuren zu schieben, in einem Studiengang, in dem man sowieso kaum Zeit für andere Dinge hat, vor allem, wenn man nebenher noch arbeiten muss.

Das war es aber immer noch nicht. Um die Klausuren in dieser Form möglich zu machen, wurde der Terminplan verschoben. Die Hausarbeit, mit zwei Monaten Bearbeitungszeit, wird am 12.04. VOR der Klausurenphase ausgegeben anstatt danach, wie sonst. Einen Monat später geht die Klausurenphase los. Nach der Klausurenphase bleiben dann drei Wochen, um die Hausarbeit zu bearbeiten. Wenn man eine Hausarbeit nachschreibt, verdoppelt sich der Arbeitsaufwand dafür dann auch noch. Abgabe ist am 09.04. Das gibt den Studierenden wenigstens noch eine Erholungsphase in den Semesterferien von ganzen drei Tagen. Dann geht der Spaß von vorne los.

Der FB Jura hat mit dieser Umstellung mehrere Sachen bewiesen:

  1. Sie scheißen auf die wirtschaftlichen Verhältnisse ihrer Studierenden
  2. Sie scheißen auf den Zeitaufwand der für die Studierenden entsteht
  3. Sie verhindern aktiv die Möglichkeit für Studierende neben dem Studium noch großartig zu arbeiten.

Aber, wenn einem die Umstände nicht gefallen, kann man ja immer noch abbrechen.

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