Jugend gegen Ausbeutung

26.09.2015, Lesezeit 4 Min.
1

Die kapitalistische Krise schlägt immer größere Wellen in Europa. Auch die Jugend in Deutschland bekommt die Auswirkungen der Krise und der Agenda 2010 zu spüren. Wie müssen wir uns dagegen organisieren?

Die Bedeutung der kapitalistischen Krise seit 2007 wird Arbeiter*innen und Jugendlichen in Südeuropa besonders hart vor Augen geführt. 51 Prozent Jugendarbeitslosigkeit in Griechenland, 48 Prozent in Spanien. Die, die es sich leisten können, suchen in anderen Ländern Europas eine Perspektive. Das ist vor allem die Folge einer brutalen Kürzungspolitik der dortigen Regierungen, die unter dem Troika-Diktat durchgesetzt wurde. Privatisierungen wurden weiter ausgeweitet und ein massiver Stellenabbau vorangetrieben. Das Ziel sind Einsparungen auf den Schultern der Ausgebeuteten und die nachhaltige Umstrukturierung des europäischen Arbeitsmarktes nach deutschem Vorbild.

Denn auch wenn die Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland im europäischen Vergleich am geringsten ist, wurde der Arbeitsmarkt im Sinne von Kapitalinteressen liberalisiert, sodass Vollbeschäftigung unter Jugendlichen eine Seltenheit ist. Das betrifft vor allem junge Frauen und People of Colour (PoC), das heißt Menschen, die in Deutschland sexistisch und rassistisch diskriminiert werden. Diese Entwicklung hin zu Teilzeitbeschäftigung wurde in Deutschland mit der Agenda 2010 eingeläutet. Ein Viertel der jungen Menschen zwischen 15 und 25 Jahren arbeitet heute in prekären Beschäftigungsverhältnissen, oft neben der Ausbildung. Das heißt, sie haben nur unsichere befristete Verträge, verdienen wenig und ihre Arbeitszeiten ändern sich ständig. Die Folgen sind neben erhöhten psychischen Belastungen aufgrund unsicherer Zukunftsaussichten auch die Aushöhlung von Arbeiter*innenrechten, wie dem Kündigungsschutz.

Gewerkschaften in Routine gefangen

Die Antwort der Gewerkschaften auf diese neueste Entwicklung ist ernüchternd. Sie hängen weiter an der Sozialpartnerschaft: Statt in Konfrontation mit den Kapitalist*innen zu gehen, setzen sie auf Verhandlungen und Zusammenarbeit mit ihnen. Diese Praxis der Apparate widerspricht den Erfahrungen vieler Jugendlicher, die keinerlei Sozialpartnerschaft von ihren Bossen erleben. Auch die Tatsache, dass mit der Agenda 2010 der härteste Angriff auf Arbeiter*innenrechte in Deutschland von Gewerkschaftsführungen mit ausgehandelt wurde, senkt das Vertrauen in diese Organe. Der ohnehin schon geringe gewerkschaftliche Organisationsgrad in Deutschland von 18 Prozent ist bei unter 25-Jährigen noch einmal geringer. Das hängt auch damit zusammen, dass viele Jugendliche ihre prekären Arbeitsverhältnisse neben der Ausbildung oft nur als Übergangssituation empfinden, die ihnen einen praktischen Nebenverdienst einbringen. Dazu kommt der massive Druck der Kapitalist*innen auf die Arbeiter*innen durch die Befristung von Arbeitsverhältnissen. Um den eigenen Job nicht durch Konflikte mit den Bossen zu verlieren, schrecken viele vor gewerkschaftlicher Organisierung zurück.

Doch auch eine abgeschlossene Ausbildung ist heutzutage alles andere als ein Garant für einen sicheren Vollzeitjob. Diese Entwicklung hin zu Teilzeitarbeit wird von bürgerlichen Kräften zynischerweise als die beste „Work-Life-Balance“ bezeichnet. Die gewerkschaftlichen Apparate schauen dieser Entwicklung weitestgehend ohnmächtig zu.

Allerdings bedeutet dies nicht, dass die Jugendlichen sich nicht in Gewerkschaften organisieren sollten. Im Gegenteil: je niedriger der gewerkschaftliche Organisationsgrad im Betrieb, desto schlechter die Arbeitsbedingungen. Die Gewerkschaften sind auch weiterhin die Basis für den Kampf um weitere Rechte. Ihr derzeitiger verkrusteter Zustand bedeutet nichts anderes, als dass wir einen intensiveren Kampf um die Rückeroberung unserer Gewerkschaften führen müssen!

Ein Weg für die Jugend!

Die Jugend hat ihre gesamte Zukunft noch vor sich. Viele Jugendliche sind im Gegensatz zu alten Gewerkschaftsmitgliedern bisher kaum mit schlechten Erfahrungen belastet. Manöver, die ihr Engagement bremsen und ihre Interessen verraten sollen, können sie deshalb besser erkennen und dagegen kämpfen. Das bedeutet aber in keiner Weise, darauf zu setzen, weitere junge Bürokrat*innen auf der gewerkschaftlichen Karriereleiter aufsteigen zu lassen. Vielmehr ist es notwendig klassenkämpferische, von den Führungen unabhängige, Basisstrukturen in Gewerkschaften aufzubauen, in denen Jugendliche als Arbeiter*innen gegen die Angriffe auf ihre Lebens- und Arbeitsbedingungen kämpfen. Diese Strukturen ermöglichen erst den erfolgreichen Kampf gegen die Kapitalist*innen und die sozialpartnerschaftlichen Gewerkschaftsführungen, wenn diese gegen die Interessen der Arbeiter*innen handeln.

Eine solche gewerkschaftliche Organisierung ersetzt dabei keinesfalls den Aufbau einer revolutionären Partei der Jugend und der Arbeiter*innen.

Die meisten Jugendlichen arbeiten heute schon und werden in Zukunft ein besonders prekarisierter Teil der lohnabhängigen Klasse sein. Unter einem enormen Leistungsdruck werden sie auf ihre Zukunft vorbereitet. Deshalb stellen wir die Forderung nach dem Recht auf einen freien Ausbildungsplatz, der mindestens nach dem Mindestlohn bezahlt wird, auf. An der Seite der Arbeiter*innen müssen wir um unsere Arbeitsbedingungen von heute und morgen kämpfen.

Mehr zum Thema