Jetzt reicht’s! Ab Januar wird gestreikt!

16.12.2017, Lesezeit 7 Min.
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Heute demonstrieren studentische Beschäftigte von den Berliner Hochschulen – bisheriger Höhepunkt ihres Arbeitskampfes für eine Lohnerhöhung und einen neuen Tarifvertrag. Waffen der Kritik verteilt dieses Flugblatt.

Wir gehen heute auf die Straße, um zu sagen: Es reicht! Studentische Beschäftigte, Hochschulbeschäftigte, Studierende, andere Landesbeschäftigte und sonstige solidarische Unterstützer*innen – wir alle demonstrieren heute durch Berlin, weil wir wissen, dass es so nicht weiter gehen kann. Seit Jahren kämpfen wir gegen die Verschlechterung unserer Arbeits- und Lebensbedingungen, doch wir kriegen immer wieder nur Almosen vorgesetzt. Wir wollen uns das nicht länger bieten lassen!

Seit fast 17 Jahren hat es für studentische Beschäftigte in Berlin nun schon keine Lohnerhöhung mehr gegeben. Und obwohl wir eigentlich nur einen Inflationsausgleich fordern, verhöhnen uns die Hochschulleitungen immer wieder mit dreisten und lächerlichen Angeboten.

Am vergangenen Montag sind auch die letzten Verhandlungen gescheitert: 12,50 Euro bis 2022, ohne Ankopplung an den TV-L, ohne Weihnachtsgeld – so unverschämt war das letzte Angebot der Hochschulleitungen. Die 1,50 Euro mehr pro Stunde im Vergleich zu heute gleichen nur die Hälfte des Inflationsverlustes seit 2001 aus – ganz zu schweigen von all den andren Forderungen, die wir in einem Tarifvertrag festschreiben wollen: Dynamisierung der Lohnentwicklung durch Ankopplung an den TV-L, längere Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und mehr Urlaubstage.

Keine Geschenke von den Bossen!

Besonders perfide: Die TU Berlin zahlt laut eigener Aussage schon ab Januar 2018 einseitig 12,50 Euro an alle studentischen Beschäftigten – mit einer Unterschrift unter ein Angebot, wie es uns am Montag vorgelegt wurde, wären vier Jahre Spaltung und Ungleichbehandlung zementiert worden.

Doch auch wenn die Ankündigung der TU ein Zeichen dafür ist, dass den Unis sehr wohl bewusst ist, dass sie uns mehr zahlen müssen – und können! –, ist auch das nur ein Almosen. Denn weder berücksichtigt das unsere anderen Forderungen, noch wäre die TU verpflichtet, sich an diese einseitige Zahlung auch zu halten.

Wir wissen jedenfalls, dass wir uns auf solche Geschenke der Bosse nicht verlassen können, sondern nur auf unsere eigene Durchsetzungskraft. Wir werden uns nicht spalten lassen, sondern einen Tarifvertrag für alle studentischen Beschäftigten erkämpfen!

Mit der heutigen Demo den Streik vorbereiten

Deshalb sind wir heute – mitten in der Dezemberkälte – auf der Straße, um ein Zeichen unserer Stärke zu setzen. Wir wollen den Hochschulen zeigen, dass wir gut organisiert sind und ab Januar für unsere Rechte streiken werden!

Doch auch wenn wir heute zu Hunderten auf der Straße sind: Im Januar müssen wir noch mehr sein! An jeder Uni, an jeder Hochschule, an jedem wissenschaftlichen Institut brauchen wir aktive Streikgruppen, die im neuen Jahr noch intensiver als jetzt schon für den Streik werben.

Denn es war schon lange klar, dass die Leitungen der Hochschulen sich nicht von alleine bewegen werden. Lasst uns im Januar schlagkräftige Streiks organisieren, sodass die Hochschulen bereuen, dass sie kein gutes Angebot vorgelegt haben!

Wir können Bibliotheken schließen, Tutorien ausfallen lassen, Prüfungen blockieren, wissenschaftliche Arbeit verlangsamen, kurz: dem Hochschulbetrieb Sand ins Getriebe streuen. Doch dazu müssen wir geschlossen agieren. Es gibt etwa 8.000 studentische Beschäftigte in Berlin. Nur wenn wir es schaffen, die Mehrheit von ihnen zu mobilisieren – und weitere Unterstützung zu organisieren –, werden wir unsere Forderungen durchsetzen können.

TVStud, Botanischer Garten, CFM, VSG – gemeinsam kämpfen, gemeinsam siegen!

Deshalb fordern wir nicht nur bessere Bedingungen für uns selbst, sondern für alle Beschäftigten und Studierenden an den Hochschulen sowie im öffentlichen Dienst in Berlin. Denn zum Einen haben unsere Arbeitsbedingungen direkte Auswirkungen auf die Lernbedingungen der großen Mehrheit der Hochschulangehörigen. Und zum Anderen eint uns mit allen Beschäftigten im Landesdienst in Berlin, dass der Berliner Senat die politische Verantwortung für unsere Arbeitsbedingungen trägt.

Der rot-rot-grüne Senat ist nun ein Jahr im Amt, doch die Versprechen, die in den Koalitionsvertrag Eingang gefunden haben – ein Ende des Outsourcings im öffentlichen Dienst, ein neuer Tarifvertrag für studentische Beschäftigte, mehr Personal im Krankenhaus – sind bisher nicht viel mehr als heiße Luft. Obwohl die Regierungsparteien mit in den Aufsichtsräten der öffentlichen Unternehmen und in den Kuratorien der Hochschulen sitzen, bewegt sich nichts. Das lässt eigentlich nur zwei Schlüsse zu: Entweder tanzen die Geschäftsführungen und Hochschulleitungen der Regierung auf der Nase herum, oder der Senat hat kein wirkliches Interesse an einer Verbesserung unserer Situation.

Deshalb wollen wir dem Berliner Senat – der höchsten politisch verantwortlichen Ebene, die direkten Einfluss auf die Tarifverhandlungen für einen neuen Tarifvertrag für studentische Beschäftigte nehmen kann – zeigen, dass wir nicht länger darauf warten wollen, dass die Versprechen endlich umgesetzt werden. Jetzt müssen Taten folgen! Deshalb ziehen wir ab Januar nicht nur bei den Hochschulen die Daumenschrauben an, sondern müssen unseren Protest auch gegen die Abwartehaltung des Senats richten.

Am besten tun wir das, indem wir mit allen Beschäftigten im Verantwortungsbereich des Landes Berlin, die sich gerade im Arbeitskampf befinden – Botanischer Garten, Charité Facility Management, Vivantes Service Gesellschaft und viele mehr –, gemeinsam kämpfen. Denn unser Kampf gegen die Prekarisierung unserer Arbeits- und Lebensbedingungen geht nicht nur uns etwas an, sondern alle Lohnabhängigen in Berlin und bundesweit.

Gegen Prekarisierung kämpfen heißt auch, gegen den Rechtsruck kämpfen!

Die Prekarisierung, die seit der Einführung der Agenda 2010 immer weiter um sich gegriffen hat, beruht auf einem ganz einfachen Mechanismus: teile und herrsche. Unterschiedliche Arbeitsbedingungen und Entlohnung für Beschäftigte im selben Betrieb mittels Leiharbeit und Outsourcing, Tarifflucht in den Landesunternehmen und der Privatwirtschaft, die Ausdehnung von Minijobs, Mehrfachjobs und Altersarmut – all das sind Mechanismen, die die Profite der deutschen Konzerne sichern und gleichzeitig unsere eigene Kampfkraft schwächen.

Die Prekarisierung unserer Lebensbedingungen und der Aufstieg von AfD und Co. sind direkt miteinander verbunden. Denn die Spaltung von Beschäftigten anhand ihrer Arbeitsbedingungen geht oft einher mit der Spaltung in Kolleg*innen mit und ohne deutschen Pass. Vor allem migrantische Kolleg*innen werden vom deutschen Staat als Lohndrücker*innen in unsichere Arbeitsverhältnisse getrieben. Damit schüren sie die ohnehin schon vorhandene Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt weiter und laden sie rassistisch auf. Diese reaktionäre Spaltung wird von der AfD weiter geschürt.

Diese Situation lenkt von den eigentlichen Aufgaben im Kampf gegen Sozialabbau, Privatisierungen usw. ab und richtet den Blick weg von den verantwortlichen Bossen und Regierenden, um sie gegen Migrant*innnen und Geflüchtete zu richten – und so aus Verbündeten Feind*innen zu machen. Diese Verfeindungen innerhalb unserer Klasse müssen wir in gemeinsamen Kämpfen überwinden.

Deshalb müssen wir die Kämpfe gegen Prekarisierung, wie wir sie bei TVStud und anderswo führen, mit dem Kampf gegen den Rechtsruck verbinden. Den Aufstieg von AfD und Co. können wir nur aufhalten, wenn wir ihm den sozialen Nährboden – die Prekarisierung, mittels derer soziale Spaltung vorangetrieben wird, die sich dann rassistisch, sexistisch, homo- und transfeindlich etc. ausdrückt – entziehen.

Offene Liste gegen Rechtsruck und Prekarisierung an der FU Berlin

An der Freien Universität Berlin werden wir von Waffen der Kritik bei den anstehenden Wahlen zum Studierendenparlament deshalb eine „Offene Liste gegen Rechtsruck und Prekarisierung“ präsentieren, deren Ziel es ist, an der FU eine Bewegung aufzubauen, die Rechtsruck und Prekarisierung als zwei Seiten einer Medaille bekämpft.

Lasst uns Komitees gegen Rechtsruck und Prekarisierung überall dort aufbauen, wo wir uns tagtäglich bewegen, und uns an jedem Ort der AfD und allen anderen Varianten des Rechtsrucks die Stirn bieten! Kontaktiert uns, wenn ihr euch an einem solchen Projekt beteiligen wollt!

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