“JA” zum Erzwingungsstreik an den Berliner Kliniken!
Nachdem in der vergangenen Woche bereits drei gemeinsame Warnstreiktage stattfanden, geht es jetzt in die heiße Phase des Arbeitskampfs an den Berliner Kliniken. In dieser Woche finden von Montag bis Sonntag Urabstimmungen unter den Verdi-Mitgliedern der Charité- und Vivantes-Krankenhäuser statt. Wenn sich mindestens 75 Prozent dafür aussprechen, werden wir in den unbefristeten Erzwingungsstreik treten.
Anlass für intensive Streiks gibt es genug: Nicht nur, dass unser 100-Tage-Ultimatum ergebnislos verstrichen ist, es gab auch den besonders dreisten Versuch, Streikverbote für die Vivantes-Töchter und später auch für die Pflegeberufe durchzusetzen. Unverblümt offenbarte das Vivantes- und Charité- Management seinen Willen, unseren Streik zu brechen. Nicht nur mit Verbotsversuchen, sondern auch mit Taktiken wie der Spaltung unserer Berufsgruppen, elend langen Verhandlungen, Androhung von Kündigungen, gestreuten Fake News und vielem mehr. Doch das zeigt uns, wie wichtig es jetzt ist, umso entschlossener weiterzustreiken, bis alle Forderungen der Berliner Krankenhausbewegung erfüllt sind. Die Mobilisierungen der vergangenen Woche waren erfolgreich und übten den notwendigen Druck auf die Gerichte aus, um die jeweiligen Streikverbote aufzuheben. Auch die Arbeitgeber stehen nun unter Druck, so dass diese Woche mehrere Verhandlungen mit den einzelnen Tarifkommissionen laufen werden. Das bisherige Angebot der Charité war jedoch ein schlechter Witz. Unsere stations- und bereichsbezogenen Forderungen für eine Mindestbesetzung wurden abgelehnt. Es wurden Belastungspunkte vorgeschlagen, die Beschäftigte bei zu geringer Stationsbesetzung oder bei anderen Zusatzbelastungen sammeln können. Allerdings sollen diese nicht in zusätzliche Freizeit eingetauscht werden können. Stattdessen soll es dafür Geld für „Erholungsangebote“ geben – doch wie sollen wir so etwas annehmen, wenn wir gar nicht die nötige Zeit für solche Erholungsmöglichkeiten haben?! Den Azubis wird zudem überhaupt kein Recht auf das Sammeln von Belastungspunkten zugestanden – während die anderen – eher kleineren – Forderungen aufgenommen wurden. Also kurz: Der Ist-Zustand wird mehr oder weniger als neues Angebot verkauft. Ein Zustand, der sowohl für die Beschäftigten als auch für die Patient:innen unzumutbar ist.
Die kleineren Erfolge, wie die Durchsetzung unseres Streikrechts, zeigen, dass der gesetzliche Rahmen der uns auferlegt wird, immer auch eine Frage der Kräfteverhältnisse ist. Das heißt, wenn sich eine große Mehrheit der Kolleg:innen beispielsweise weigert, ein Streikverbot zu akzeptieren, könnten es sich die Bosse und die Regierung nicht leisten, einfach tausende Beschäftigte mit Sanktionen zu überschütten. Vor allem nicht während einer Pandemie und direkt vor den Wahlen. Trotzdem beharrt die ver.di-Bürokratie darauf, dass es tausende Euro an Strafen bedeuten würde, wenn die Gewerkschaft trotz Verbot offiziell streiken würde. Tatsächlich sind solche Schadensersatzforderungen aber extrem selten – und ob sie durchgesetzt werden werden, ist ebenfalls eine Frage der Kräfteverhältnisse. Außerdem ist ver.di nicht nur in Mitgliederzahlen, sondern auch in Mitgliedsbeiträgen millionenschwer. Wenn es politisch notwendig ist, könnte die Gewerkschaft also durchaus auch Strafen riskieren. Verdi und auch der DGB sollten Organisationen von und für uns Beschäftigte sein, die dementsprechend auch mit allen Mitteln für unsere legitimen Rechte eintreten – auch in Zeiten massiver Angriffe auf unsere Arbeitskämpfe. Das Konzept der Sozialpartnerschaft wirkt jedoch wie ein Korsett für gewerkschaftliche Arbeit und soll Konsenspolitik dort erzwingen, wo die Interessen unterschiedlicher nicht sein könnten.
Den Taktiken der Unternehmensleitungen und derjenigen Teile der ver.di-Bürokratie, welche bereit sind, faule Kompromisse auf unserem Rücken auszutragen, müssen mit eigenen Taktiken der Berliner Krankenhausbewegung beantwortet werden. Dazu gehören Betriebsversammlungen, Organisierung von Streiks die Verbotsversuche zurückschlagen, Diskussionen und Abstimmungen aller Beschäftigten über die Perspektive des Streiks, Auseinandersetzung mit den Erfahrungen früherer Arbeitskämpfe, und so weiter. Vergangenen Mittwoch sind 2.000 Beschäftigte von Charité, Vivantes und Vivantes-Tochterunternehmen auf die Straße gegangen und haben damit einen großen Zusammenhalt untereinander bewiesen. Das ist auch die besondere Stärke unserer aktuellen Bewegung, dass wir sagen: Ein Krankenhaus – eine Belegschaft. Leider fehlt an unserer Seite die Charité-Tochter CFM, welche Anfang des Jahres mit einem halbgaren Tarifvertrag abgespeist wurde und sich nun bis 2024 in der „Friedenspflicht“ befindet. Ver.di sollte alle Mittel nutzen, insbesondere die Aufstellung neuer Forderungen für die CFM, die noch nicht tarifiert sind, um auch die CFM-Kolleg:innen zu gemeinsamen Streiks aufzurufen. Schließlich sollen alle Töchter der Krankenhäuser eingegliedert werden, auch die CFM!
Gemeinsam streiken, bis alle Forderungen erfüllt sind!
Mit der Vivantes-Geschäftsführung soll es nun am Montag Tarifverhandlungen geben. Daneben gibt es auch Verhandlungen mit den Töchtern über die Eingliederung in den TVöD – aber leider nicht gemeinsam. Wir denken, dass diese Verhandlungen ab sofort gemeinsam geführt werden müssen. Denn man muss nicht allzu phantasievoll sein, um sich auszumalen, was Vivantes am liebsten hätte: Zwei unterschiedliche Abschlüsse für Mütter und Töchter und ein Weiterbestehen der Ausgliederungen samt Gehaltsunterschieden. Um eine solche Spaltung zu verhindern, müssen auch die Streiks immer zusammen geführt werden. Ergebnisse müssen von allen Kolleg:innen der Mütter und Töchter demokratisch abgestimmt werden, um zu verhindern, dass nur für einen Teil der Belegschaft ein Abschluss erreicht wird, während der Rest von uns im Regen steht. Die Urabstimmung ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung. Darauf müssen nun Erzwingungsstreiks folgen. Solange es kein gutes Ergebnis gibt, können die Verhandlungen auch parallel zum Streik geführt werden. Denn laufende Erzwingungsstreiks wären für die Verhandlungen das stärkste Druckmittel, das wir haben.