Italien: Gewerkschaftsführer bei Streikposten des nationalen Logistikstreiks getötet
Am vergangenen Freitag wurde bei einem Streik im Transportsektor der Gewerkschafter und Anführer des Streiks, Adil Belakhdim, ermordet. Belakhdim war lokaler Anführer der SICobas-Gewerkschaft und ein 37-jähriger Familienvater aus Marokko.
In Italien hat die Verbesserung der gesundheitlichen Situation mit der Pandemie den Weg für eine neue Welle von Angriffen auf die Arbeitsbedingungen geebnet. Und mit dieser Offensive wird die Tradition der physischen Gewalt gegen streikende Arbeiter:innen wieder aufgenommen. Nach wochenlangen Angriffen auf die Streikpostenketten der streikenden TNT-Fedex-Beschäftigten, die gegen die massiven gewerkschaftsfeindlichen Entlassungen vor allem im wichtigen Logistikzentrum Piacenza im Norden aufgestellt worden waren, ereignete sich vergangene Woche eine neue Tragödie.
Am Freitag fand ein wichtiger nationaler Streiktag im Transport- und Logistiksektor statt, der von der Gewerkschaft SI Cobas ins Leben gerufen und von anderen Basisgewerkschaften (USB, ADL, Cobas, CUB, SGB) aufgegriffen wurde. Im Zuge dieses Streikes hatten Arbeiter:innen ein Lagerhaus der deutschen Supermarktkette Lidl im Biandrate, in der Provinz Novara blockiert. Bei dem gewaltsamen Versuch, den Streikposten mit einem LKW zu durchbrechen, wurde der lokale Anführer von SI Cobas Adil Belakhdim überfahren und ermordet. Belakhdim war ehemaliger Arbeiter von TNT-Fedex, ein 37-jährigen marokkanischen Migrant, der verheiratet und Vater von zwei kleinen Kindern war.
Die Nachricht zirkulierte sofort durch die sozialen Netzwerke und schaffte es in die großen Online-Zeitungen, obwohl in den Nachrichten ausgelassen wurde, was ein echter Mord innerhalb eines wichtigen Tages des Klassenkampfes ist. Der Fahrer des LKW konnte leicht identifiziert werden und wurde kurz darauf auf einer Autobahnraststätte festgenommen.
Die Arbeiter:innen, die der großen bürokratischen Gewerkschaft CGIL in diesem Werk angehören, erklärten sofort einen Streik, der zusammen mit ihren Genoss:innen von SI Cobas das ganze Wochenende über andauerte. So haben auch Arbeiter:innen aus anderen Betrieben außerhalb des Logistik-Sektors und der Basisgewerkschaft bereits die ersten Streiks angekündigt und fordern von den großen Gewerkschaften die Ausrufung eines Generalstreiks, auch angesichts der drastischen Zunahme von Todesfällen am Arbeitsplatz im letzten Jahr während der Pandemie in Italien.
Bis Ende des Monats wird erwartet, dass die Regierung das Verbot von Entlassungen, das während der schwersten Momente der Pandemie in Kraft war, offiziell aussetzt, aber die große Gewerkschaftsbürokratie CGIL-CISL-UIL hat, obwohl sie sich formell gegen diese kriminelle Maßnahme positioniert hat, noch keine einheitliche Initiative der Mobilisierung oder des Streiks angekündigt und nur einige symbolische Mobilisierungen gegen Entlassungen bestätigt, die am Samstag, den 26. Juni, nur in Turin, Florenz und Bari stattfinden werden.
Auch die Regierung und Ministerpräsident Mario Draghi äußerten sich „betrübt“ über Adils Tod und versprachen, dass „Licht ins Dunkel“ dieses Verbrechens gebracht werden soll. Aber es gibt nicht viel zu klären über seinen Tod, während die Regierung keine Absicht hat, ihre total arbeiter:innenfeindliche Linie zu ändern. Diese Linie steht im Einklang mit den Forderungen der Industriellen und multinationalen Konzerne.
Am gestrigen Samstag fand in Rom eine landesweite Demonstration gegen die Gewalt der Bosse und die drohenden Entlassungen statt, zu der die SI Cobas selbst und der linksradikale Sektor des „antikapitalistischen Aktionsbündnisses“, an dem die italienische Sektion der Trotzkistischen Fraktion FIR-Voce delle Lotte teilnahm, aufgerufen hatten.
Inmitten einer Eskalation der Gewalt heuern die Kapitalist:innen Söldner an, um die streikenden Arbeiter:innen zu schlagen, und ermutigen die Streikbrecher, die Streikposten auf eigene Faust anzugreifen. Um dem zu begegnen, reicht die normale Gewerkschaftsroutine in den Betrieben oder in einzelnen Branchen nicht aus. Dieses Verbrechen der Bosse zeigt die Dringlichkeit für die militanten Sektoren der Arbeiter:innenbewegung, alles zu tun, um sich zu koordinieren und Druck auf die großen Gewerkschaften auszuüben, um einen massiven Generalstreik gegen diese Gewalt der Bosse aufzubauen.
Die Führungen der großen Gewerkschaften haben eine enorme Verantwortung und auch die Mittel, zu Massenaktionen aufzurufen, um diese Welle der Gewalt der Bosse und der Entlassungen zu stoppen. In einigen Gebieten sind bereits Mobilisierungen geplant: Es ist notwendig, sie auf ganz Italien auszudehnen, mit einer vereinigten Aktion der kämpferischen Gewerkschaftsbewegung, um eine vereinigte Front gegen die Gewalt der Bosse, die Todesfälle am Arbeitsplatz und die Entlassungen zu präsentieren, zusammen mit breiteren Sektoren der Arbeiter:innenklasse und unter Beteiligung anderer sozialer Bewegungen.