Iran: Nieder mit den Sanktionen! Hoch die internationale Solidarität mit den Protesten gegen das Regime!
Die Proteste im Iran dauern an und erhalten weltweite Solidarität. Doch die imperialistische Einmischung in Form von Sanktionen oder im Sinne einer angeblich „feministischen“ Außenpolitik à la Annalena Baerbock sorgt nur für eine weitere Unterwerfung des Irans unter die Interessen des imperialistischen Kapitals. Wer die Proteste unterstützen will, muss sich zugleich gegen das imperialistische Sanktionsregime stellen.
Die Proteste im Iran gegen das reaktionäre Regime dauern weiter an. Die soziale Explosion, die nach dem Polizeimord an Jina Amini begann, erfasst immer breitere Teile der Bevölkerung. Trotz hunderten Toten, tausenden Verletzten und zehntausenden Festnahmen haben sich erst Lehrer:innen, Schüler:innen und Studierende den Protesten angeschlossen, dann traten auch die Arbeiter:innen der petrochemischen Industrie in den Streik. Und auch weltweit wird die Solidarität mit den Protesten im Iran immer größer.
Diese Situation nutzen die imperialistischen Machthaber:innen in den USA, der EU und insbesondere auch in Deutschland unter Federführung von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) aus, um die Unterwerfung des Iran unter die Interessen des Imperialismus weiter zu vertiefen.
So hat die EU bei einem Treffen der EU-Außenminister:innen am Montag beschlossen, neue Sanktionen gegen den Iran zu verhängen. Formell betroffen sind elf hochrangige Funktionär:innen sowie vier Organisationen, darunter die verhasste iranische „Sittenpolizei“ selbst, die eine der Zielscheiben der Proteste ist. Gegen sie wurden Einreiseverbote verhängt und ihr Vermögen eingefroren. Auch die US-Regierung verhängte neue Sanktionen, zusätzlich haben die USA, Frankreich und Deutschland weitere Zwangsmaßnahmen angekündigt. So sagte Baerbock: „Wenn dieses Regime weiter auf seine Bevölkerung so einschlägt, dann wird es weitere Sanktionen geben.“
Dabei versucht Baerbock sich als Vorkämpferin für die Rechte von Frauen zu inszenieren. So posierte sie gemeinsam mit der Grünen-Vorsitzenden Ricarda Lang auf dem Bundesparteitag der Regierungspartei mit dem Slogan „Jin Jiyan Azadi“ (Frauen, Leben, Freiheit) – einem Ausdruck der kurdischen Bewegung, der auch in den Protesten im Iran eine zentrale Rolle spielt. Doch in den Händen von Baerbock ist diese Parole mehr als zynisch – schließlich hält Baerbock Rüstungsdeals und Anti-Migrations-Abkommen mit der Türkei aufrecht, während der türkische Präsident Erdogan seit Monaten eine Invasion der kurdischen Gebiete in Nordsyrien vorbereitet.
Baerbocks Feminismus ist nichts anderes als die mit ökonomischen und militärischen Waffen durchgesetzte Interessenpolitik des deutschen Imperialismus. Das gilt auch für die Politik gegenüber dem iranischen Regime und den Protesten vor Ort.
Die Bundesregierung, die EU oder die USA sind keine Verbündeten der iranischen Massen, die aktuell auf die Straßen gehen. Denn sie haben in den vergangenen Jahrzehnten am eigenen Leib gespürt, welche Auswirkungen die harten imperialistischen Sanktionen tatsächlich hatten. Sie trafen längst nicht nur die obersten Machthaber – und schwächten deren Herrschaft erst recht nicht –, sondern sorgten für die massive Verschlechterung der Lebensbedingungen der Massen.
Sicherlich haben wir keinerlei Sympathie für die Herrschenden im Iran oder für die „Sittenpolizei“, die Jina ermordet hat und das ganze Land mit Repression überzieht. Es liegt jedoch in der Natur von Sanktionen, dass – selbst dann, wenn dieser Wirtschaftskrieg angeblich nur gegen eine Institution gerichtet ist – Arbeiter:innen, Frauen und unterdrückte Gemeinschaften wie das kurdische Volk unverhältnismäßig stark von ihnen betroffen sind.
Um nur ein Beispiel für die Wirkung von Sanktionen zu benennen: Die Sanktionen der USA gegen den Iran unter der Trump-Regierung, die einen „maximalen Druck“ auf das Regime ausüben sollten, schränkten den Zugang des Iran zu Medikamenten für Krebsbehandlungen und Epilepsiepatient:innen erheblich ein. Auf dem Höhepunkt der Covid-Pandemie hat Trump die Sanktionen gegen den Iran sogar noch verschärft und damit zu den massiven Todesfällen in diesem Land beigetragen.
Jetzt, wo die Welt auf den Iran schaut und Feminist:innen weltweit ihre Solidarität bekunden wollen, ist es für die Linke wichtig, auf den Schaden hinzuweisen, den die Sanktionen den iranischen Frauen zufügen, ohne dabei das Regime, gegen das die Iraner:innen protestieren, zu unterstützen. Es ist bemerkenswert, dass die Iraner:innen selbst keine Sanktionen fordern – kein Wunder, da das Erbe der US-Intervention ebenfalls für die Unterdrückung der Frauen im Iran mitverantwortlich ist.
Wie wir in Bezug auf die Sanktionen gegen Russland im Ukraine-Krieg geschrieben haben, sind Sanktionen ein Instrument des Imperialismus, der stets nur seine eigenen Interessen verfolgt, die im Gegensatz zu den Interessen der unterdrückten Menschen und der Arbeiter:innenklasse in den unterjochten Ländern stehen.
Reichen wir dem Imperialismus keinen Finger! Nieder mit allen Sanktionen!
Wir – die Arbeiter:innenklasse, die Frauen und die Jugend weltweit, die solidarisch mit den Protesten im Iran stehen – haben stattdessen unsere eigenen Methoden, um für unsere Befreiung zu kämpfen, wie Streiks, Besetzungen und Blockaden. Die Massen im Iran haben nichts damit zu gewinnen, an der Seite der „feministischen“ Außenpolitik Baerbocks oder anderer imperialistischer Mächte zu stehen.
Wir fordern die sofortige Beendigung jeglicher Interventionen des Imperialismus im Iran, sowohl militärisch als auch wirtschaftlich. Das Regime im Iran kann nur durch das Bündnis der Arbeiter:innenklasse und der Unterdrückten gestürzt werden, unabhängig von der Einmischung des Imperialismus und allen lokalen Kapitalfraktionen, in der Perspektive einer sozialistischen Föderation Westasiens.