[Interview] Warum braucht es einen klassenkämpferischen Block neben den betrieblichen Blocks am 1. Mai?

28.04.2022, Lesezeit 5 Min.
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Foto: Klasse gegen Klasse

"Gegen Märchen von Sozialpartnerschaft" mobilisiert der Klassenkämpferischer Block für den 1. Mai in Berlin. Gespräch mit Marc Brunner

Der 1. Mai steht vor der Tür. Warum braucht es bei der Berliner Demonstration neben dem DGB-Block einen klassenkämpferischen Block?

Die ganze Ideologie der politischen und betrieblichen Linie des DGB beruht auf der Lüge der Sozialpartnerschaft, die eine angebliche partnerschaftliche Beziehungen von Beschäftigten und Ausbeutern predigt. Die arbeitende Klasse braucht keinen „Zusammenhalt„ mit ihren Klassengegnern, den Ausbeutern:innen, – wie es im 1. Mai-Aufruf 2022 des DGB behauptet wird-, sondern einen konsequenten Klassenkampf gegen die Klasse der Ausbeuter:innen.

Wir werden als Klassenkämpferischer Block konsequent für die Beendigung des Burgfriedens eintreten.

In den letzten Jahren haben sich die Initiatoren des klassenkämpferischen Blocks sehr stark bei den Kämpfen der landeseigenen Krankenhäusern engagiert. Derzeit gibt es wieder große Probleme bei Vivantes. Worum geht es und was ist Ihre Position dazu?

Die ver.di-Landesfachbereichsführung kam in der letzten Tarifrunde den Erwartungen der Geschäftsführungen entgegen und hat so die Kolleginnen und Kollegen enttäuscht. Tausende haben über Wochen mutig für die Rückführung der ausgelagerten Betriebe in die Mutterkonzerne und so den TVöD gekämpft. Sie forderten einen Entlastungstarifvertrag, der der barbarischen Überlastung der Pleger*innen einen Riegel vorschiebt. Doch mit der Zustimmung zu den Tarifverträgen hat die Gewerkschaftsführung der Spaltung der Beschäftigten in zwei Klassen und dem weiter so des Outsourcings zugestimmt. Durch eine fehlende kämpferische Haltung der ver.di Landesfachbereichsführung kann Vivantes noch immer vielen Beschäftigen die Auszahlung des landeseigenen Mindestlohns von 12,50 Euro die Stunde verweigern und die Umsetzung des Entlastungstarifvertrags verschleppen.

Auffällig ist, dass sie neben den typischen Arbeitnehmerthemen viele politische Forderungen vertreten! Warum?

Weil die Politik vor allem der Wahrnehmung und Durchsetzung von ökonomischen Interessen und Forderungen dient, was klar benannt werden muss. Rein betriebliche bzw. tarifliche Politik kann viele Aspekte nicht erfassen, wie die Verteilung von Milliarden durch den Bund.

Die geplanten100 Milliarden für eine enorme Aufrüstung der Bundeswehr werden zum Beispiel viel dringender benötigt zur Bekämpfung von Armutsrenten, zur stärkeren Förderung von Studienhilfen oder zum Ausbau einer besseren Gesundheitsversorgung und vieles mehr. Diese Punkte werden in rein tariflichen Forderungen nicht erfasst, beeinflussen aber am Ende unsere Arbeitsbedingungen.

Das heißt auch der Krieg in der Ukraine wird einen Schwerpunkt haben?

Ja, am 1. Mai 2022 wollen wir selbstverständlich auch die imperialistische Aufrüstungs- und Kriegspolitik der eigenen imperialistischen Großmacht, der BRD, entlarven. Einer der größten Feinde des Friedens auf der ganzen Welt ist die BRD. Die Politik der Bundesregierung demagogisch als „Friedenspolitik“ darzustellen, wie es der DGB macht, ist faktisch nichts anderes als Unterstützung der Aufrüstungs- und Kriegspolitik der eigenen imperialistischen Großmacht. Eroberungs- und Vernichtungskriege sind untrennbare Bestandteile kapitalistischer und imperialistischer Länder. Arbeitende Menschen unabhängig von der Landeszugehörigkeit werden von den Herrschenden als Kanonenfutter eingesetzt und zur Schlachtbank geführt. Die arbeitenden Menschen vor den Abgründen der imperialistischen Barbarei zu warnen, ist angesichts der Ukraine-Krise dringender als je nötig!

Die von Ihnen genannten politischen Forderungen müsste man in politischen Streiks umsetzen. Ein Thema dass bei den Gorilla-Riders derzeit auch juristisch geprüft wird. Wie steht Ihr dazu?

Das deutsche Streikrecht ist in vielen Bereichen restriktiv und selbst im europäischen Vergleich reaktionär. Politische und sogenannte verbandsfreie Streiks sind faktisch illegal. Diese aus der faschistischen NS-Diktatur übernommenen Rechtsnormen sind große Einschränkungen, die den Kampf um die Durchsetzungsfähigkeit der Belegschaften und der Gewerkschaften behindern. Im Gegensatz zum DGB halten wir die Forderung nach der Anerkennung eines demokratischen und umfassenden Streikrechts aufrecht, einschließlich die des politischen Streikrechts. All diese reaktionären Einschränkungen behindern die Tarif- und Arbeitskampfpolitik der Beschäftigten und Gewerkschaften massiv und schwächen ihren Kampf um Durchsetzung ihrer Forderungen.

Am 1. Mai werden wir diese Forderung mit einem klassenkämpferischen Block auf die Straße tragen. Im Gegensatz zu DGB-Führung mobilisieren wir nicht für einen angeblich „bessseren“ oder „sozialen“ Kapitalismus, sondern für die Abschaffung des Kapitalismus als wahre Ursache des weltweiten Übels.

Wo geht es los und wie kann man sich beteiligen? Gibt es noch eine weitere Demo, die Sie empfehlen können?

Vor uns steht ein ganzes Demonstrationswochenende. Bereits am Samstag organisieren wir im Wedding eine Demonstration unter dem Motto: „Von der Krise zur Enteignung! – Die Reichen sollen zahlen!“. Die Demo bietet eine kämpferische Plattform für eine Vielzahl wichtiger Forderungen, von einem Ende des Krieges, über bessere Arbeitsbedingungen bis hin zur Umsetzung des Volksentscheids Deutsche Wohnen & Co Enteignen. Beginn ist um 15Uhr am Leopoldplatz.

Am 1. Mai trifft sich der klassenkämpferische Block um 10Uhr am Alexanderplatz und unterstützt als Block auch die Abenddemonstration, die 16.30Uhr am Hertzbergplatz startet. Wer dazwischen noch mal im Wedding ist, ist auch herzlich zum Gedenken an den Blutmai von 1929 eingeladen, welches um 15Uhr am Blutmaistein in der Wiesenstraße 27 stattfindet.

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