Interview mit einem Beschäftigten im Schnelltestcenter
Aufgrund der Überlastung der PCR-Testkapazitäten soll nun der Zugang für PCR-Tests eingeschränkt werden und vermehrt auf Schnelltests gesetzt werden. Dass hier aber auch seit mehreren Monaten die Teststellen mehr als ausgelastet sind, berichtet Kenay Fiedl in einem Interview.
Wie heißt du, wo arbeitest du?
Ich heiße Kenay Fiedl und arbeite in einem privaten Schnelltestzentrum in Berlin Friedrichshain. Ich bewerbe mich auf das nächste Semester, um Sport auf Lehramt zu studieren, und wollte zwischen dem Abi und dem Studium die Wartezeit überbrücken mit dem Job beim Schnelltestzentrum.
Wie verläuft eine Standardschicht für dich, wie sieht dein Arbeitsalltag aus?
Ich komme Morgens einige Minuten vor offizieller Öffnung an und sehe dann meistens schon einige Leute warten. Beim Vorbeigehen gucken mich oft manche so an, als würden sie sich gleich beschweren, dass ich mich vordrängeln würde. Ich schließe auf, bereite mit meinen Kolleg:innen alles vor und bitte dann die ersten Leute rein. Es ist von Wochentag und Inzidenz immer schwankend, wie viele Leute da sind, aber eine Schlange steht fast immer vor dem Testzentrum. Wir arbeiten die Kund:innen ab, wie am Fließband. Zurzeit sind wir vier Beschäftigte in einer Schicht – und das braucht es auch! Als die Tests kostenpflichtig waren, war ich auch öfters alleine da. Kurze aufmunternde Gespräche mit den anderen Mitarbeiter:innen und mit netten Kund:innen lockern den Alltag etwas auf. Auch wenn nicht alle Kund:innen freundlich sind. Leider gibt es viele, die ihren Frust über die Einschränkungen und ihre aktuelle Lage an uns auslassen. Öfters gibt es auch ,,Coronaskeptiker:innen”, die keine Maske aufziehen wollen oder uns ihre Daten nicht geben wollen, damit wir sie nicht dem Gesundheitsamt bei einem positiven Test übermitteln können. Wie in vielen Branchen trifft deren Zorn uns Arbeitende. Auch unser sexistischer, cholerischer und manchmal rassistischer Chef macht den Arbeitsalltag jedes Mal zu einer Tortur. Die Zeit vergeht am schnellsten, wenn es viel zu tun gibt. Das bedeutet dann aber auch, dass ich sechs Stunden lang keine Pause mache. Schließlich muss ich, wenn ich einmal kurz eine Pause mache, hinterher doppelt so schnell arbeiten, um die Schlange an Kund:innen abzuarbeiten. An sich versuche ich immer, die Abstriche trotzdem gründlich zu machen und mir dafür Zeit zu nehmen, aber natürlich macht dann mein Chef immer Stress: ,,Das muss schneller gehen, das muss richtig flutschen!”. Deswegen sind die Abstriche natürlich nicht hundertprozentig zuverlässig. Ich kenne auch viele Kolleg:innen, die die Abstriche einfach nur noch schnell machen. Eigentlich sollten wir Beschäftigte auch alle 45 Minuten unsere Maske wechseln, aber das kann absolut nicht eingehalten werden. Dementsprechend ist meine Erschöpfung nach 6 Stunden Arbeit ohne Pause, mit Maske und oft noch mit einem zusätzlich Visier.
Wie sieht es mit Überstunden aus?
Generell arbeiten die meisten meiner Kolleg:innen und ich nicht jeden Tag, sondern mit flexiblen Schichten, da ich nebenbei noch andere Verpflichtungen habe. Mein Chef setzt uns aber sehr unter Druck, möglichst viele Schichten zu übernehmen, sodass ich auch aufpassen muss, mich nicht zu sehr zu verausgaben. Sehr häufig sind Schichten unterbesetzt oder Kolleg:innen sagen kurzfristig ab, sodass Überstunden zum Arbeitsalltag dazu gehören. Meist auch ohne Pause zwischen der alten und neuen Schicht.
Wie bekommst du die aktuelle Situation der Testengpässe mit oder wie schätzt du sie ein?
Eigentlich kümmert sich unser Chef darum, neue Tests zu beschaffen. In den letzten Monaten gab es aber immer wieder Testengpässe und ab und zu mussten wir den Laden kurz zu machen und auf die Schnelle neue besorgen oder kurzzeitig sogar fehlerhafte Tests benutzen. Alles in allem würde ich sagen, dass es viel zu wenig Schnelltestzentren gibt, weil alle meine Kolleg:innen und ich total überlastet sind und auch die Kund:innen immer lange warten müssen. Ich bin aber auch froh, gerade nicht in einem Labor oder einer Teststelle für PCR-Tests zu arbeiten, wo die Belastung zurzeit noch deutlich höher ist. Dass deswegen jetzt hauptsächlich auf Schnelltests gesetzt werden soll, beunruhigt mich sehr, da die Kapazitäten dafür auch total fehlen! Ich weiß, dass es auch ähnlich bei anderen Zentren in Berlin ist.
Was hältst du von der Entlohnung zurzeit?
Der Job ist ein 450 Euro Job, das, was ich darüber hinaus verdiene, bekomme ich über eine Coronaprämie. In der Woche gibt es 15 Euro, am Wochenende 19 Euro und dafür musste ich nur eine kleine Schulung machen. Das ist natürlich verhältnismäßig viel. Deswegen fühlt es sich auch nicht richtig an, sich zu beschweren, schließlich arbeiten viele bei ähnlicher Belastung mit geringerer Entlohnung. Mein Chef betont aber auch immer, dass er für diese Entlohnung auch entsprechende Leistung fordert, so rechtfertigt er unsere hohe Arbeitsbelastung.
Was wünschst du dir für Verbesserungen für euch als Beschäftigte und darüber hinaus in Bezug auf den Umgang mit Test vonseiten der Regierung?
An sich, wäre eine Verstaatlichung der Testzentren meine Forderung, denn momentan sind wir sehr abhängig von unserem Chef, der durch den Besitz des Testzentrums sehr viel Gewinn macht und vermutlich bald ein Millionengeschäft damit hat: Wir führen zwei bis drei Tests die Minute durch und pro Test bekommt unser Chef 18 Euro. Davon geht natürlich einiges noch ab für Miete, unseren Lohn und die Anschaffung der Tests. Trotzdem ist der Gewinn noch immens groß und sollte nicht bei einer Privatperson liegen. Außerdem könnten dann auch Pausen festgeschrieben sein, die durchgeführt werden müssten und es könnte besser gesteuert werden, wie viele Zentren es gerade braucht, damit es nicht zu einer Überlastung kommt.
In Solidarität mit anderen Arbeiter:innen, besonderes denen, die durch die Pandemie besonders belastet sind, fordere ich gleiche Entlohnung für gleiche Arbeit. So sollten beispielsweise Beschäftigte im Krankenhaus angemessen bezahlt werden.
Außerdem macht es mich jedes Mal traurig, wie viel Plastikmüll wir täglich produzieren. Die Testkits, die Stäbchen … – alles aus Plastik. Das könnte auch nachhaltiger geregelt werden.