Interview: Der CFM-Streik ist beendet

14.12.2011, Lesezeit 5 Min.
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Der Streik an der Charité Facility Management (CFM) ist nach 13 Wochen zu Ende. Ein Gespräch mit Kenan Uzundag, Reiniger für die CFM am Campus Benjamin Franklin des Krankenhauses Charité in Berlin-Steglitz.

Nach 13 Wochen ist der Streik an der Charité Facility Management (CFM) am Freitag zu Ende gegangen. Wie fühlt man sich nach 89 Tagen im Ausstand?

Ich fühle mich glücklich, aber auch ein bisschen erschöpft. Streiken ist viel anstrengender als arbeiten. Die „Arbeitstage“ im Streik sind nicht unbedingt länger, aber nach der Arbeit kannst du nach Hause gehen und abschalten. Der Streik beschäftigt einen noch am Abend und am Wochenende. Und man bekommt nicht jeden Tag vorgeschrieben, was man zu tun hat – wir haben auch keine Ausbildung im Streiken.

Besonders am Anfang standen wir noch meist herum, der Streik war mit Langeweile verbunden. Aber nach etwa drei Wochen – da gab es auch die erste Streikversammlung – haben wir gemerkt, dass wir den Druck steigern müssen. Wir sind dem CFM-Miteigentümer Dussmann mit Flashmobs in seinem Kulturkaufhaus in der Friedrichstraße auf die Nerven gegangen und haben das Zentrallager der CFM am Rohrdamm blockiert. Viele KollegInnen haben auch an Selbstbewusstsein gewonnen: Ich habe zum Beispiel gemerkt, wie Frauen, die am Anfang ganz still waren, plötzlich bei den Blockaden vorne dabei waren.

Wie findest du das Eckpunktepapier, das am Wochenende zwischen der Geschäftsführung und der Tarifkommission vereinbart wurde?

Mit gemischten Gefühlen gehe ich jetzt zurück zur Arbeit. Das Ergebnis ist für mich persönlich unbefriedigend, denn ich hatte mehr erhofft. Es gibt jetzt 8,50 Euro Mindestlohn für alle CFM-Beschäftigten. Das hilft etwa 500 Kollegen – besonders die Sicherheitskräfte werden ab dem 1. Mai 2012, also in sechs Monaten, etwa zwei Euro mehr pro Stunde bekommen. Bei anderen KollegInnen aber kommt eine Lohnerhöhung von gerade mal 10 Cent. Also ich kann das nicht als einen grandiosen Sieg bezeichnen.

Wir ReinigerInnen sind zum Beispiel von der Einmalzahlung von 300 Euro explizit ausgeklammert. Da war der Arbeitgeber schlau, um einen Keil in die Belegschaft zu treiben. Doch wir hätten mit dem Streik nicht wirklich weitermachen können: Nach einer oder zwei Wochen wäre er wohl zusammengebrochen, besonders wegen der Weihnachtsferien.

Dass die ReinigerInnen größtenteils außen vor gelassen werden, hängt damit zusammen, dass die IG BAU den Streik nicht unterstützte. Woran liegt das?

Das würde mich auch interessieren. Ich war jahrelang in der IG BAU. Vor dem großen Streik an der Charité im Mai hieß es, dass sie mitstreiken würden. Dann plötzlich hieß es, dass sie wegen eines juristischen Problems gar nicht zum Streik aufrufen dürften. Auf jeden Fall bin ich im Mai von der IG BAU zu ver.di übergetreten. Alle Reinigungskräfte, die am Streik teilgenommen haben, insgesamt etwa 100 Leute, sind jetzt bei ver.di oder der gkl. Später hat die IG BAU mit einem Flugblatt mit der Überschrift „Vorsicht: Falle!“ behauptet, dass ReinigerInnen gar nicht streiken durften, was wirklich eine krasse Lüge ist. Ich habe gehört, es ginge ihnen um ihre Tarifhoheit über die Reinigungskräfte, sogar auf Kosten ihrer Mitglieder.

Was hättest du rückblickend anders gemacht?

Da fallen mir viele Sachen ein. Zum Beispiel bestreiken wir einen Betrieb mit drei Standorten, Dutzenden Gebäuden und geschätzt tausend Eingängen. Wir hätten uns also überlegen müssen, wie wir die Streikposten hätten aufstellen können, um StreikbrecherInnen besser zu erreichen.

Ich denke, dass wir einen besseren Streik hätten machen können, wenn es jeden Tag Streikversammlungen gegeben hätte. Da hätte man jede einzelne Idee für Aktionen gemeinsam durchdenken können. So ist eine Idee für eine Störaktion bei der Weihnachtsfeier der CFM wegen mangelnder Diskussion ausgefallen. Man hätte auch darüber diskutieren müssen, warum in manchen Wochen weniger KollegInnen da waren, oder auch, warum nach Wochen immer noch neue dazu gekommen sind. Natürlich kann so eine Diskussion die Stimmung drücken, aber wir sehen es eh, wenn wir weniger sind, da muss darüber diskutiert werden. So kann man einen Informationsaustausch gewährleisten und auch eine Diskussionskultur etablieren. Einige KollegInnen haben in den ersten Wochen mit einem Flugblatt gefordert, dass es tägliche Streikversammlungen geben sollte, aber leider wurde daraus nichts.

Wie sah es mit den Solidaritätskampagnen aus?

WIr hatten viel mit anderen Kämpfen zu tun: Streikende von Alpenland waren öfters bei uns, wir hatten in der letzten Woche mit Arbeitskämpfen der PsychotherapeutInnen in Ausbildung und der Beschäftigten des Berliner Ensembles zu tun, wir waren beim Bildungsstreik und hatten mehrere studentische Solidaritätsdelegationen bei uns. Es ist wichtig, sich mit anderen Leuten auszutauschen, die kämpfen, sei es mit der Occupy-Bewegung, selbst wenn es nichts direkt mit Lohn und Arbeitsbedingungen zu tun hat.

Was kann man vom CFM-Streik lernen?

Wie es schon vor drei Monaten in einem Interview mit einem anderen Kollegen in der jungen Welt hieß: „Streiken lohnt sich.“ Nach 89 Tagen kann ich das nur wiederholen.

dieses Interview auf Indymedia

dieses Interview in der jungen Welt

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