Interview: Bundesweiter Refugee Schul- und Unistreik am 1. Juli
SchülerInnen und Studierende planen für den 1. Juli Aktionen, um die rassistische Asylpolitik anzuprangern. Ein Interview mit Konstantin Gerber, Student an der Theologischen Fakultät der Humboldt-Universität Berlin und Aktivist im Bündnis „Jugend gegen Rassismus, Krieg und Abschiebung“.
Am 1. Juni haben sich AktivistInnen aus mehreren Städten in Berlin getroffen, um einen „Schul- und Unistreik“ vorzubereiten, der auf die Forderungen von Flüchtlingen aufmerksam machen soll. Wie soll das vor sich gehen?
Unser „Refugee Schul- und Unistreik“ bedeutet, „dass wir SchülerInnen und Studierende auffordern, am 1. Juli ihre Klassenräume und Hörsäle zu verlassen und auf die Straße zu gehen, um gemeinsam mit Flüchtlingen gegen die rassistische Asylpolitik zu protestieren. Wir wollen auf die schreckliche Situation der geflüchteten Menschen in der BRD und Europa aufmerksam machen.
Welche Aktionen gab es bisher in dieser Richtung?
Begonnen hatte es mit dem Schulstreik für die Lampedusa-Flüchtlinge in Hamburg im Dezember, 5.000 SchülerInnen gingen damals auf die Straße. Im Januar gab es einen Aufruf zu einem Streik in Berlin, um das Protestcamp der Flüchtlinge am Oranienplatz zu verteidigen. Nach einer Vollversammlung an der Humboldt-Universität hat sich dann das Streikkomitee gegründet. An vielen Schulen und Universitäten in Berlin sind ebenfalls solche Komitees entstanden – fast wöchentlich kommen neue dazu. Das sind SchülerInnen, die sich regelmäßig treffen, Flugblätter schreiben, Spenden sammeln usw. Sie organisierten auch Vollversammlungen, um so viele Leute wie möglich über die Situation der Geflüchteten in der Bundesrepublik aufzuklären.
Am 13. Februar gab es in Berlin einen Schul- und Unistreik mit 3.000 TeilnehmerInnen. Seitdem haben wir als Bündnis noch so manches angeschoben, wie etwa eine Kundgebung gegen Rassismus vor der CDU-Zentrale oder einen großen Aktionstag auf dem Oranienplatz mit Workshops, Essen, Musik. Auf der Blockupy-Demo vor zwei Wochen haben wir einen großen und kämpferischen Block gebildet. Auf dieser Demo wurden die Flüchtlinge verabschiedet, die sich auf einen Protestmarsch nach Brüssel machten. Junge AktivistInnen aus dem Bündnis begleiten sie nun bei ihrem Fußmarsch durch Europa.
Stoßen die Forderungen an Schulen und Unis auf Interesse?
Das war die größte Bewegung an den Schulen im letzten Jahr. Aber das Interesse könnte noch größer sein, und deswegen bieten wir immer wieder Veranstaltungen an. Die einzelnen Streikkomitees an den Unis organisieren Teach-Ins, d.h. wir besetzen Foyers und Innenhöfe, um Guerilla-Vorträge zu halten. Dazu kommen FlüchtlingsaktivistInnen als RednerInnen, die von ihren Erlebnissen berichten.
Ein Bündnis für einen Bildungsstreik 2014 will in den kommenden Monaten Proteste an deutschen Universitäten organisieren – arbeiten Sie mit ihm zusammen?
In mehreren Städten finden schon Proteste gegen Kürzungen an den Universitäten statt. Das Bündnis fordert aber nicht nur die Ausfinanzierung des Bildungssystems, sondern auch die Öffnung der Hochschulen für Menschen ohne Papiere. Inhaltlich und personell gibt es also starke Überschneidungen zwischen beiden Kampagnen. Bildung ist ein Menschenrecht, und der Zugang muss allen Menschen – auch illegalisierten – möglich sein.
Wie soll diese Bewegung weitergehen?
Unser nächstes großes Ziel ist ein bundesweiter Schul- und Unistreik unter dem Motto „Jugend gegen Rassismus, Krieg und Abschiebung“. Bei unserem Vernetzungstreffen am Sonntag waren Initiativen aus Hamburg, München, Halle, Bonn und Leipzig dabei, wir haben uns auf den 1. Juli als Streiktag geeinigt. Denn am Tag zuvor werden die Protestierenden – hoffentlich erfolgreich! – vom Marsch nach Brüssel zurückkehren. Wir wollen gemeinsam mit ihnen demonstrieren, sobald sie wieder da sind.
In den nächsten vier Wochen werden wir zahlreiche Mobilisierungsaktionen an den Schulen durchführen. Dazu machen wir aber auch immer wieder spontane Aktionen, z.B. wenn eine akute Abschiebung ansteht. Denn diese Bewegung kann nicht nur SchülerInnen politisieren, sondern auch dabei helfen, dass die Stimmen der Flüchtlinge in der Mitte der Gesellschaft ankommen.
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