Nein zum Verbot von Samidoun
Mit dem Verbot von Samidoun verschärft die Bundesregierung die Repression gegen die palästinensische Bewegung. Das bedeutet Überwachung mit dem „Schnüffelparagrafen“ 129 und noch mehr Abschiebungen.
Im Zuge der Kriminalisierung von Palästina Solidarität wurde nun die linke Gruppe Samidoun in Deutschland verboten. Dabei handelt die Ministerin im Sinne der deutschen Außenpolitik, die den Genozid an der palästinensischen Bevölkerung zulässt und sogar unterstützt, um die geopolitische Rolle Israels in der Region zu sichern. Wie schon beim Betätigungsverbot der kurdischen PKK im Jahr 1993, interveniert der deutsche Staat in einer Situation der Zuspitzung im Fall der PKK, um den NATO-Partner Türkei zu unterstützen.
Samidoun ist ein internationales Solidaritätsnetzwerk, das die Freilassung von palästinensischen Gefangenen in israelischer Haft fordert. Dieses Thema ist seit den jüngsten Ereignissen in Palästina/Israel wieder in den Fokus der Medien geraten. Die Hamas hatte einen Austausch der von ihr gefangenen Geiseln mit allen palästinensischen Gefangenen in Israel gefordert. Katar und Ägypten haben in den Verhandlungen zwischen der Hamas-Führung und der israelischen Regierung eine vermittelnde Rolle eingenommen. Politische Gefangene waren seit jeher ein Teil des palästinensischen Widerstands. Im Moment sitzen über 4000 palästinensische Häftlinge in israelischen Gefängnissen. Viele von ihnen sind minderjährig, viele werden ohne Anklage oder Prozess, teils über Jahre, festgehalten. Ein prominenter Fall ist der französisch-palästinensische Menschenrechtsaktivist und Anwalt Salah Hammouri aus Jerusalem, der 2022 aufgrund seines Engagements gegen israelische Menschenrechtsverletzungen ohne Anklage für 9 Monate inhaftiert wurde. Nachdem er in einen Hungerstreik gegangen war, wurde er für mehrere Wochen in Einzelhaft gebracht, bis er im Dezember 2022 nach Frankreich ausgeliefert wurde und ihm sein Aufenthaltsrecht in Jerusalem entzogen wurde. Das zeigt auch deutlich die Komplizenschaft westlicher Staaten in den Verbrechen des israelischen Staates.
Wieso wird Samidoun gerade jetzt verboten?
Nancy Faeser verbindet in ihrem Statement das Netzwerk Samidoun mit der islamistischen Hamas. Samidoun ist jedoch eine säkulare Organisation und hat mit den Inhalten des politischen Islams nichts zu tun. Deren Forderung nach Freilassung von palästinensischen Gefangenen ist eine legitime Form des Widerstands gegen die israelische Besatzung und aufgrund der Radikalisierung des israelischen Staates heute wichtiger denn je.
Es ist davon auszugehen, dass die deutsche Regierung nicht darauf vorbereitet war, dass der internationale Druck auf den israelischen Staat, der militärisch, wirtschaftlich und politisch mit der deutschen Regierung verbündet ist, steigt. Einige arabische und südamerikanische Staaten haben in den letzten Tagen ihre diplomatischen Beziehungen zu Israel abgebrochen.
Der wirkungsvollste Widerstand gegen die Verbrechen der israelischen Regierung findet allerdings auf den Straßen statt. In London gingen mehrere Hunderttausend Menschen auf propalästinensische Demonstrationen, um sich gegen den Genozid Israels auszusprechen. Besonders beispielhaft für den Widerstand ist die Weigerung belgischer Arbieter:innen, Waffen nach Israel zu liefern und zeigt, welche Möglichkeiten die Arbeiter:innenklasse im Widerstand hat.
Auch in Deutschland gehen Tausende auf die Straßen. Die Gruppe „Palästina spricht“ und andere palästinensische und solidarische Gruppen hatten auf Grund der humanitären Katastrophe im Gazastreifen und gleichzeitig der Repressionen des deutschen Staates gegen palästinensische und solidarische Protestierende für den 20.10., zum Generalstreik aufgerufen. Das Statement wurde unter anderem von der internationalen Fridays for Future Bewegung und Greta Thunberg geteilt
In der sonst so belebten Sonnenallee im Berliner Stadtteil Neukölln blieben die meisten Geschäfte geschlossen. Auf den Türen war der Streikaufruf zu lesen.
Währenddessen zeichnen Politik und Medien ein komplett verzerrtes Bild von „israelbezogenem“ Antisemitismus. In Berliner Schulen kommt es beispielsweise zu Verboten von palästinensischen Symbolen. Die Parole „From the river to the sea, Palestine will be free“ wird auf Demos verboten und die Polizei wendet extreme Gewalt gegen, vor allem palästinensische, Demonstrierende in der Sonnenallee an.
Das Verbot von Samidoun führt dazu, dass die Polizei bei Mitgliedern oder vermeintlichen Mitgliedern unter Paragraf 129 (Gründung und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung), dem sogenannten „Schnüffelparagraf“, ohne Durchsungsbefehl oder richterliche Anordnung Ermittlungen durchführen können. Die Bedeutung dessen kann man anhand der massiven Repression gegen kurdische Aktivist:innen erahnen.
Bei Menschen ohne sicheren Aufenthaltsstatus ist die Gefahr der Abschiebung dabei immer real und darf nicht akzeptiert werden. Damit reiht sich das Verbot auch in die allgemeine Verschärfung des Asyl- und Einwanderungsrechts ein. Nancy Faeser profiliert sich damit gegen Merz und auch innerhalb ihrer eigenen Koalition. Der Rechtsruck schreitet weiter voran und die Sozialdemokratie macht mit.
Es braucht jetzt die Freilassung aller politischen Gefangenen und Solidarität dem palästinensischen Widerstand. Es braucht eine Aufhebung des Betätigungsverbots von sowohl Samidoun als auch der PKK. Außerdem muss der „Schnüffelparagraf“ 129 vollständig gestrichen werden und alle damit assoziierten Verfahren sofort beendet werden. Die Verschärfung der Repression gegen die palästinensische Bewegung steht in engem Zusammenhang mit der Verschärfung des Asylrechts, weshalb es ganz besonders jetzt den Stopp aller Abschiebungen und gleiche Staatsbürger:innenrechte für alle braucht.