Hoffen auf den Staatssekretär

15.12.2017, Lesezeit 4 Min.
1

Kuratorium der Freien Universität debattiert über Beschäftigte des Botanischen Gartens. Dabei geht es um Grundsatzfragen der prekären Beschäftigung in Verantwortung des Landes Berlin.

„Unsere letzte Hoffnung ist Steffen Krach.“ Die meisten Berliner*innen werden den Namen des sozialdemokratischen Jungpolitikers nicht kennen. Aber die Beschäftigten des Botanischen Gartens achten zur Zeit sehr genau auf die Worte des Staatssekretärs für Wissenschaft und Forschung.

Am heutigen Freitag trifft sich das Kuratorium, eine Art Aufsichtsrat, der Freien Universität Berlin (FU). Staatssekretär Krach wird den regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) im Gremium vertreten. Die Tagesordnung klingt nach bürokratischer Routine – „Feststellung des Haushaltsplans“ –, aber es geht um Grundsatzfragen der prekären Beschäftigung in Verantwortung des Landes Berlin.

Zum 1. Januar wird die „Betriebsgesellschaft für den Botanischer Garten und Botanisches Museum“ in die Freie Universität eingegliedert. Die rund 70 Beschäftigten haben zehn Jahre lang für diese 100-prozentige Tochterfirma gearbeitet – teilweise für 40 Prozent weniger Geld als ihre Kolleg*innen in der Stammbelegschaft. Nun wird diese Tochterfirma nach einem langen Arbeitskampf in die FU wieder eingegliedert.

Beim geplanten Betriebsübergang will die Freie Universität die Belegschaft nun spalten. Die neun Techniker*innen sollen im Gegensatz zum Besucher- und Gartenservice aus der Belegschaft herausgelöst und in die zentrale Technikabteilung der Hochschule – mehrere Kilometer entfernt – integriert werden. Nicht nur die Beschäftigten sind empört: Dieser Streit war in den vergangenen Monaten immer wieder Thema im Berliner Abgeordnetenhaus und im Senat.

Die Konfliktparteien liegen so sehr im Clinch, dass die letzte Verhandlung zum Interessensausgleich – für vergangenen Freitag angesetzt – gar nicht stattfinden konnte. Die FU wollte keine Vertreterin der Gewerkschaft ver.di dabei haben. Die Hochschulleitung beharrt auf ihre Sicht, dass der Arbeitsort der Techniker*innen eine rein unternehmerische Entscheidung – ohne Mitbestimmung – sei.

Das sehen die Kolleg*innen anders: Nicht nur alle neun Techniker*innen haben sich für ihren Verbleib am bisherigen Arbeitsplatz ausgesprochen. Auch eine komplette Betriebsversammlung Anfang November stimmte dafür, ähnlich wie verschiedene Personalräte und gewerkschaftliche Strukturen an der Uni.

Das hat auch einen finanziellen Aspekt: Der Senat hat zusätzliche finanzielle Mittel für die FU bereitgestellt, damit die Löhne auf Tarifniveau angehoben werden. Das gilt aber dem Anwalt des Betriebsrats zufolge nur für das Personal im Garten. Sollte die FU die Techniker*innen in anderen Bereichen einsetzen, wäre das eine unzulässige Querfinanzierung.

Auch der Senat hatte sich indirekt für den Erhalt der bisherigen Belegschaft ausgesprochen. Ende November sagte Krach im Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses: „Wir werden darauf achten, dass die Techniker überwiegend im Botanischen Garten tätig sein werden“. Aber die Freien Universität möchte ihre „Freiheit“ auf auf Kosten von ihren Beschäftigten erhalten. Die Hochschulleitung bestätigt nur, dass die Techniker*innen „bis auf weiteres schwerpunktmäßig“ im Garten arbeiten können. Damit wären sie außerhalb der lokalen Personalvertretung und dürften nicht an Personalversammlungen teilnehmen.

Die Frage wird sein, ob Steffen Krach sich gegen die Leitung der FU durchsetzen und die Versprechen der SPD an die Beschäftigten halten kann. Das Problem stellt sich momentan an vielen Stellen in der Hauptstadt. Vor zehn Jahren haben zahlreiche öffentliche Unternehmen Outsourcing betrieben – damals unter einem rot-roten Senat. Mit dem Amtsantritt von Rot-Rot-Grün versprach Michael Müller, die Tarifflucht zu beenden und Firmen wie die „Charité Facility Management“ (CFM) wieder in das Mutterunternehmen einzugliedern. Getan hat sich allerdings nichts, weshalb an der Charité momentan wieder gestreikt wird. Auch am Klinikum wird sehr genau auf die Worte des Staatssekretärs geachtet.

Mehr zum Thema