Parteitag der AfD in Riesa: Höcke-Flügel setzt sich durch
Am Sonntag ging im sächsischen Riesa der dreitägige Parteitag der AfD zu Ende. Die neugewählte Parteiführung, sowie weitere Ergebnisse dieser Tage stehen für die fortlaufende Verschiebung der politischen Ausrichtung in Richtung einer faschistischen Bewegungspartei, der angeblich aufgelöste “Flügel” um den Faschisten Björn Höcke konnte seinen Einfluss auf die Partei weiter ausbauen.
“Die Ära Meuthen ist mit dem heutigen Tag beendet”, verkündete der zum Parteiführer gewählte Tino Chrupalla, welcher bisher das Amt des Fraktionsvorsitzenden im Bundestag besetzte. Gemeinsam mit Alice Weidel bildet er nun das Führungsduo der Partei. Während Weidel mit 76 Prozent der Stimmen ins Amt gewählt wurde, erhielt Chrupalla nur schlappe 53 Prozent. Dafür verantwortlich dürfte die Kritik von in der Regel westdeutschen AfD Politiker:innen seien, welche ihm vorwerfen durch seine “russlandfreundlichen” Positionen für die vergangenen Wahlniederlagen mitverantwortlich zu sein. Das “Ende der Meuthen Ära” bedeutet vor allem eine Abkehr von den Vetreter:innen welche die rechtsextremen Positionen der AfD hinter einem bürgerlichen Image verbergen wollen. So konnte sich auch der als Vertreter dieses Lagers angesehene Norbert Kleinwächter, der einen “kompletten Neuanfang” in der Partei gefordert hat, nicht in der Wahl gegen Chrupalla behaupten.
Doch der interne Widerspruch, gegen die neue Parteiführung dürfte nicht selten auch vom völkisch-faschistischen Flügel, dessen bekanntester Vertreter der Thüringer Landeschef Björn Höcke ist, ausgehen. Dies zeigt sich bspw. durch einen von Höcke mit unterstützten Antrag, der gegen den Willen von der Parteispitze durchgesetzt wurde. 60 Prozent der Delegierten stimmten für die Aufhebung des Unvereinbarkeitsbeschlusses gegenüber der neonazistischen Pseudogewerkschaft “Zentrum” (ehemals Zentrum Automobil). Durch Abstimmungen wie diese wird der neue Bundesvorstand regelrecht demontiert, es ist eine entschiedene Machtdemonstration des Flügels, dass er seine Anträge auch gegen den Vorstand durchsetzen kann. Insbesondere der Ausschluss von Andreas Kalbitz im Mai 2020 stärkte die Basis des Flügels.
Höcke auf dem Weg an die alleinige Macht?
Besonders ein Antrag dürfte für die Zukunft der AfD richtungsweisende Tendenzen offenbaren. So stimmten die Delegierten mehrheitlich für den von Höcke mitinitiierten Antrag auf eine Satzungsänderung, welche statt eines Bundesführungsduos auch einen einzelnen Vorsitzenden ermöglicht. Dies führt zu Spekulationen darüber, dass Höcke dieses Amt in zwei Jahren für sich beanspruchen könnte. Auch Höcke selbst macht aus dieser Option und seinen Ambitionen kaum einen Hehl, so sagte er laut dpa “Vielleicht ist es in zwei Jahren so weit. Bis dahin bin ich in Thüringen gut aufgehoben. […] Im Bund möchte ich ganz gerne, wie ich das bisher auch gemacht habe, aus der zweiten Reihe beratend tätig seien.”
Der Parteitag in Riesa verstärkte die bereits in den vergangenen Monaten anzusehenden Veränderungen der Partei. Die völkisch-nationalen Kräfte, welche auf einen enthemmten Kurs, weg vom bürgerlich neoliberalem Image der mittlerweile auf Bundesebene fast völlig einflusslosen Strömung um den ehemaligen Vorsitzen Jörg Meuthen setzen, konnten ihre Stärke demonstrieren und ihnen genehme Vertreter:innen in den führenden Positionen installieren. Die Vorbereitung auf die Machtübernahme dieses Lagers laufen also auf Hochtouren.
Die Änderung des Kurses ist nicht endgültig
Auch wenn sich die völkisch-nationalen Kräfte in der Partei gerade in einer Offensive befinden, sollten wir nicht annehmen, dass sie die Führung der Partei auch langfristig an sich reißen können. Die AfD bleibt in einem strategischen Patt gefangen. Sie ist auf die Perspektive mit der Union koalieren zu können angewiesen. Wie anhand der vergangenen schlechten Wahlergebnisse zu erkennen ist, dürfte es der AfD mit einem immer enthemmterem Auftreten und noch rechterem Programm schwer fallen sich als überregionale Partei zu behaupten. Daher sollten wir auch eine Neuformierung der aktuell geschwächten „nationalkonservativen Strömung“ und eine erneute Kursänderung in Richtung der gemeinsamen rechten Opposition mit der Union als mögliche Perspektive für die Entwicklung der Partei in Betracht ziehen. Auch ist denkbar, dass die AfD sich zwar zu einer faschistischen Partei mit regionalem Einfluss konsolidiert, sich ein breiterer Teil der politischen Rechten aber wieder unter Friedrich Merz in der Union sammelt. In jedem Fall bleibt aktuell, dass der Faschismus und die politische Rechte nicht mit dem Ruf, demokratische Parteien zu wählen, besiegt werden können. Sondern der antifaschistische Kampf sich gegen die kapitalistischen Ursachen richten muss.