Hilfe der Wirtschaft, Krankheit den Menschen – die Prioritätenverteilung in der Krise

08.12.2020, Lesezeit 5 Min.
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Quelle: Pexels Pixabay / Shutterstock

Während seit Beginn der Coronakrise Konzernbosse wie Jeff Bezos, die Lufthansa oder die Automobilindustrie in Deutschland entweder Rekordgewinne verzeichnen oder Staatshilfen in Milliardenhöhe einkassieren dürfen, bangen Jugendliche und Arbeiter:innen weiterhin um ihre Existenz. Doch dahinter steckt System.

Der reichste Mensch der Welt verzeichnet in der Coronapandemie Umsätze in Rekordhöhe, während die Arbeiter:innen bei seinem Unternehmen Amazon unter ausbeuterischen Bedingungen für viel zu geringe Löhne arbeiten. Trotz öffentlichem Wissen über die katastrophalen Arbeitsbedingungen darf er an der Warschauer Straße das dann größte Gebäude Berlins errichten.

Auch die indische Regierung versucht während der Coronakrise weiterhin ihre kapitalistische Politik zu Lasten der Bäuer:innen und Arbeiter:innen durchzusetzen – mit Gesetzen, die so arbeiter:innenfeindlich sind, dass 250 Millionen Menschen dagegen streiken und auf die Straßen gehen. Seit Beginn der Pandemie wird noch klarer, für wen das System, in dem wir leben, gedacht ist, wem es nutzt und wer auf der Strecke bleibt. Auch in Deutschland werden die Interessen der herrschenden Klasse durch die Coronapolitik immer sichtbarer.

Staatszuschüsse für Konzerne – Entlassungen für Arbeiter:innen

9 Milliarden Euro Staatshilfe für die Lufthansa, 3 Milliarden für die Automobilindustrie – die deutsche Regierung unterstützt die Wirtschaft in der Coronakrise mit großen Finanzspritzen. Doch bei wem kommt dieses Geld an? Arbeitsplätze werden gestrichen, Arbeiter:innen in Kurzarbeit geschickt. Die, die weiterarbeiten, müssen das wie vor der Krise für zu geringen Lohn unter schlechten Hygienebedingungen tun. Investor:innen wie Rene Benko, Inhaber von Galeria Karstadt Kaufhof, nehmen die Krise zum Anlass, massiv Stellen zu streichen und Filialen zu schließen, obwohl sich ihr Privatbesitz häuft. Frei nach dem Motto: „Solang sich mein Vermögen vermehrt, sind die Existenzen meiner Angestellten nichts wert.“

Kapital vor Menschenleben

Doch während die Konzerne vom Staat unterstützt werden, bleiben die Arbeiter:innen und die Jugendlichen auf der Strecke und bangen um ihre Existenz. Studierende, von denen ein Großteil in der Gastronomie und in Bars arbeitete und die jetzt ihre Jobs verloren haben, müssen neben erhöhtem Arbeitsaufwand und psychischem Druck durch die digitale Lehre auch überlegen, wo ihr Geld für die überteuerte Miete herkommen soll. Die beantragbare Hilfe von maximal 500 Euro im Monat erscheint als ein schlechter Witz, wenn man überlegt, dass in Großstädten wie Berlin oder München das Geld gerade so für die Miete reicht.

Schüler:innen müssen seit Beginn des neuen Schuljahrs wieder in die Schulen, die man für einen Bruchteil des Geldes, das an Konzerne ging, mit Lüftungsanlagen hätte ausstatten können, um die Ansteckungsgefahr zu verringern. Die Betonung hier liegt auf hätte, denn passiert ist nichts. Flugzeuge sind der deutschen Regierung eben wichtiger als gesunde Kinder.

Auch im Gesundheitssektor sind die jetzigen Zustände katastrophal. Krankenhäuser sind überlastet, es fehlen viele Betten und Mitarbeiter:innen sollen trotz einer Infektion mit Corona arbeiten. Schrecklich doch nicht verwunderlich, wenn die Privatisierung des Gesundheitssektors immer weiter voranschreitet und medizinische Versorgung etwas ist, woraus Profite gemacht werden können. Profite, die durch die Ausbeutung von Pfleger:innen, Reinigungskräften und anderen, oftmals outgesourcten Beschäftigten entstehen. In Kombination sorgt das für eine schlechtere Versorgung der Patient:innen. Denn hier gilt, wie überall in unserem kapitalistischen System – Geld vor Menschenleben. Dieser Grundsatz lässt sich auch in den jetzigen Coronaregelungen finden.

Schützt Konsum vor Corona?

Im Moment dürfen sich höchstens fünf Menschen aus zwei Haushalten treffen, Kultur- und Sportangebote sind massiv eingeschränkt. Ohne große Einschränkungen erlaubt bleibt Konsum. Geschenke zu Weihnachten zu kaufen ist absolut ok, doch das Offenhalten von Einkaufszentren, Malls, etc. birgt zum einen erhöhte Ansteckungsrisiken für die Menschen die dort einkaufen gehen, zum anderen für die dort Angestellten, die dort arbeiten müssen um ihre Existenz zu sichern. Diese Arbeiter:innen können sich nicht aussuchen, ob ihnen das Ansteckungsrisiko in den überfüllten, schlecht belüfteten Malls zu hoch ist und sie diese lieber meiden wollen, sondern müssen dort täglich arbeiten gehen. Doch wenn die Einkaufsmöglichkeiten geschlossen werden würden, dann ginge ja auch Profit verloren – und der ist nun mal wichtiger als die mittlerweile fast 20.000 Corona-Tote in Deutschland.

Diese Einstellung merkt man auch besonders gut am Beispiel von Tönnies, Deutschlands größtem Schlachtbetrieb für Schweine: Zwei Corona-Großausbrüche in NRW und Sachsen Anhalt sind immer noch nicht Grund genug, die Produktion einzustellen, wieder heißt es Profit vor Mensch.

In Anbetracht dieser Tatsachen wird klar, worum es der Regierung während der Corona-Pandemie geht. Die Politik, die hier verfolgt wird, nützt nur der herrschenden Klasse, die Mehrheit der Menschen bleibt auf der Strecke. Die Krise soll auf dem Rücken der Arbeiter:innen ausgetragen werden – doch das darf so nicht passieren.

Um die Bevölkerung direkt jetzt in der Krise zu schützen muss die nicht-essenzielle Wirtschaft heruntergefahren werden – Arbeiter:innen sollen bei vollem Lohn freigestellt werden. Es braucht bessere finanzielle Unterstützung für Studierende. Doch um längerfristig bessere Lebensbedingungen zu erreichen, braucht es einen Zusammenschluss der Jugend und Arbeiter:innen in einer eigenen Kraft, einer Partei die Menschenleben vor Kapital stellt.

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