Uni Hannover: Schon wieder eine palästinasolidarische Veranstaltung verboten
Die Repression der Palästinasolidarität in Deutschland geht munter weiter. Jetzt verweigert auch die Leibniz Universität Hannover ihren pro-palästinensischen Studierenden die Nutzung von Räumen an der eigenen Uni.
Anfang Oktober erfolgte ein Gespräch zwischen dem Präsidium und der studentischen Initiative „Students for Palestine Hannover“. In diesem wurde die Nutzung der Räumlichkeiten der Leibniz Universität Hannover (LUH) erlaubt. Kurz nach der Bestätigung der Raumnutzungsanfrage und der Veröffentlichung der Einladung zum Offenen Plenum hat die Universitätsleitung die Raumnutzung jedoch widerrufen. Das wurde mit „einem deutlich abweichenden Veranstaltungszweck als die ursprüngliche Bewerbung“ begründet. Die beworbene Veranstaltung war ein offenes Plenum unter dem Motto „Hold LUH accountable“. Durch die Partnerschaft und Kooperation, insbesondere mit dem Technion Israel Institute of Technology, trägt die LUH eine direkte Mitverantwortung für die Fortführung der Besatzung, der Apartheidspolitik und der fortlaufenden Gewalt gegen das palästinensische Volk. Das Technion ist bekannt für seine zentrale Rolle in der Entwicklung von militärischen Technologien, die aktiv in den besetzten Gebieten eingesetzt werden.
Die Unterdrückung der studentischen Selbstorganisierung findet vor dem Hintergrund der weiter anhaltenden Repression gegen die palästinasolidarische Bewegung statt. Legitimiert wird diese mit einem angeblichen Import von muslimischem Antisemitismus, welcher bekämpft werden müsse. Medien und Politiker:innen greifen diese Propaganda auf und verbreiten sie bundesweit und auf allen sozialen Netzwerken. Von AfD bis Linkspartei wird ein scheinheiliger „Kampf gegen jeden Antisemitismus“ angekündigt und befürwortet. Während die Regierung tatsächlichen Antisemitismus nur als Randnotiz behandelt, wird von historischen Nazi-Kontinuitäten abgelenkt und eine Bekämpfung der extremen Rechten in Teilen aktiv verhindert. Die „Bekämpfung von israelbezogenem Antisemitismus“ ist in der Praxis eine Bekämpfung von antizionistischen, antiimperialistischen und antirassistischen Bewegungen, die die Entstehung des israelischen Staates und dessen Siedlerkolonialismus anprangern und ablehnen. In Deutschland bedeutet das konkret: Massive Repressionen und Kriminalisierung des Protestes gegen Genozid, Siedlerkolonialismus und Zionismus.
Gleichzeitig sehen wir einen sich verschärfenden Rechtsruck und eine gesellschaftliche Stimmung gegen muslimische Menschen in Deutschland. Das liegt zum Teil daran, dass Scholz und die SPD mit der ehemaligen Ampelregierung den Genozid selbst mit Waffenlieferungen unterstützt haben und sich auch an antimuslimischem Rassismus bedient haben. Der allgemeine Rechtsruck ist damit nicht nur das Ergebnis von der Attraktivität der AfD für Rechte und Protestwähler:innen, sondern auch von dem Versagen und den Verschiebungen des Diskurses durch die ehemalige Regierung selbst. Anstatt Antisemitismus wirklich zu bekämpfen, wird die vom Bundestag mit großer Mehrheit beschlossene Resolution die Kriminalisierung von Linken und Migrant:innen verschärfen und demokratische Rechte einschränken. In anderen Worten: Leichtere Abschiebungen und Ausbürgerungen, verschärftere Migrationsgesetze und mehr Polizeistaat. Die Resolution reiht sich in eine Serie autoritärer, repressiver und rassistischer Angriffe ein, die insbesondere seit dem Beginn des Genozids in Gaza an Fahrt aufgenommen haben.
Kampf der studentischen Palästinabewegung
Auf längere Sicht müssen wir jedoch einsehen, dass Unileitungen wie die der LUH unsere weitergehenden Forderungen im Kampf für ein freies Palästina niemals erfüllen werden, solange sie als Zahnrad im System des deutschen Staates funktionieren. Weitergehende Forderungen, wie die Einführung einer demokratisch kontrollierten Zivilklausel oder den Abbruch der Beziehungen mit Universitäten auf völkerrechtswidrig besetzten Gebieten, können nur von einer Universität unter demokratischer Kontrolle der Studierenden und Beschäftigten umgesetzt werden.Heute sehen viele Studierende die Universität nicht als einen Ort an, den sie aktiv mitgestalten können, oder wenn, dann im sehr begrenzten Rahmen von vereinzelten Freiräumen. Um die Komplizenschaft der Universität mit dem Genozid in Gaza, mit Imperialismus und Kriegstreiberei weltweit zu beenden, müssen wir jedoch der Universitätsleitung ihre Macht nehmen. Das passiert nicht von heute auf morgen, aber beispielsweise mit Vollversammlungen der Studierenden und Beschäftigten machen wir einen wichtigen Schritt in diese Richtung. Wir müssen an unseren Unis darauf hinarbeiten, selbstorganisierte Strukturen aufzubauen, damit niemand mehr unsere Forschungsarbeit missbrauchen kann, um Zivilist:innen zu bombardieren. Damit wir selbst bestimmen können, was wir lernen und lehren wollen. Damit niemand mehr um den Job oder den Studienplatz bangen muss, weil man sich kritisch gegenüber der Regierung geäußert hat.
Im Sommer haben wir die studentische Palästinabewegung bilanziert und Vorschläge gemacht, wie sie sich strategisch weiterentwickeln könnte. Zum Weiterlesen findest du den ganzen Artikel hier.