Handgranaten und Schießbefehl gegen Geflüchtete

01.02.2016, Lesezeit 4 Min.
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Vergangene Woche warfen Unbekannte eine scharfe Handgranate auf eine Geflüchtetenunterkunft. Die AfD-Spitze fordert einen Schießbefehl gegen Geflüchtete an der deutschen Grenze. Rechter Terror und Hetze sind weiter auf dem Vormarsch.

Über 1000 Angriffe gegen Geflüchtetenunterkünfte gab es im Jahr 2015. Der neueste Höhepunkt im Aufstieg des Rechtsterrorismus ergab sich vergangene Woche, in der Nacht zum 29. Januar: In Villingen-Schwenningen (Baden-Württemberg) warfen unbekannte Täter eine wahrscheinlich scharfe Handgranate auf das Gelände einer bewohnten Erstunterkunft. Sie explodierte nicht, niemand wurde verletzt. Doch das Ziel der Faschist*innen war klar: Möglichst viele der 170 dort lebenden Refugees und des Sicherheitspersonals in die Luft zu jagen. Ein rassistisch motivierter terroristischer Anschlag.

Diese Episode macht erneut die enorme Bedrohung deutlich, die von der militanten rechten Bewegung ausgeht – für Geflüchtete, jedoch auch für alle Unterdrückten und linken Aktivist*innen. Der Handgranatenanschlag ist ein Sprung in der Qualität rassistischer Gewalt und gleichzeitig Teil einer massiven rechten Polarisierung der Mittelschichten.

Brennende Asylunterkünfte und Mobilisierungen des gewaltbereiten rechten Mobs sind zum Alltag geworden. Dieses Phänomen konnte die erzreaktionäre und nationalistische Alternative für Deutschland (AfD) in den vergangenen Monaten ausnutzen – und gleichzeitig potenzieren –, um sich als politischer Arm dieser Bewegung zu etablieren. In der neuesten Emnid-Umfrage kommt sie sogar auf zwölf Prozent.

Die neuesten Aussagen von zwei Anführerinnen der AfD zeigen, dass es längst keine Grenze mehr zwischen AfD und rechtsradikalen Schlägertrupps gibt. Die Vorsitzende Frauke Petry forderte den Einsatz von Waffengewalt an den Außengrenzen, um die unregistrierte Einreise von Geflüchteten über Österreich zu verhindern. Damit tut sie es dem Vorsitzenden der NRW-Landesgruppe, Marcus Pretzell, gleich, der schon im November den Einsatz von Schusswaffen durch die Bundespolizei befürwortete. AfD-Frontfrau Beatrix von Storch setzte infolge dessen noch eins drauf: „Ja“, sie will, dass an der Grenze auf Frauen mit Kindern geschossen werde. Zudem bezeichnete sie Geflüchtete – Opfer von Vertreibung und imperialistischer Zerstörung – als Angreifer.

Gemeinsam mit ihrem Aufruf zum „Kampf gegen Links“ am vergangenen Wochenende werfen diese Aussagen ein klares Licht auf die Zielsetzung der AfD-Spitze. Politisch nehmen sie immer offener klassische faschistische Positionen nach einer militärischen Abschottung und der Bekämpfung der politische und sozialen Organisationen der Arbeiter*innenklasse an. Sozial fußt sich dieser Kurs auf verängstigen Teilen der Mittelschichten, die solche Positionen jedoch nicht nur passiv, sondern auch aktiv – in physischer Gewalt gegen Geflüchtete und Linke, Anschlägen auf Erstunterkünfte und rassistischen Demonstrationen – vertreten.

Angesichts dieser Entwicklungen fordert ausgerechnet Vizeminister Sigmar Gabriel (SPD) eine stärkere Kontrolle der AfD und ihren Ausschluss aus den öffentlich-rechtlichen Medien. So sagte er der „Bild am Sonntag“: „Für mich gehört die AfD in den Verfassungsschutzbericht und nicht ins Fernsehen.“ Die damit vorgetäuschte Besorgnis ist mehr als scheinheilig. Es ist seine Regierung, die mit der kontinuierlichen Verschärfung des Asylrechts und der Einführung von Grenzkontrollen der reaktionären Hetze nachgab. Er ist es, der klassisch rassistische Aussagen wie „das Boot ist voll“ oder Forderungen nach einer „Haftstrafe in der Heimat“ vertritt und damit das reaktionäre Klima weiter nährt. Zudem möchte der die AfD genau unter Aufsicht des Verfassungsschutzes stellen, der Institution des BRD-Regimes, die jahrzehntelang den Nazi-Terror der NSU unterstütze und verdeckte, die Pegida nicht für rechtsextrem hält und zur bevorzugten Heimat von anerkannten Reaktionär*innen wurde.

Kein Tag vergeht ohne neue Berichte von Angriffen auf Geflüchtetenunterkünfte, keine Woche ohne neue Pläne zur Asylgesetzverschärfung. Nur die kämpferische Jugend gemeinsam mit allen Unterdrückten und unter Führung der Arbeiter*innenklasse und ihrer Organisationen kann diese Rechtsspirale stoppen. Dazu braucht es eine breite Mobilisierung gegen Rassismus und Krieg, gegen Bundeswehreinsätze und Abschiebungen, für volle soziale und demokratische Rechte für Geflüchtete und offene Grenzen, und gegen die zunehmende rechte Gewalt. Die radikale Linke muss schon jetzt gemeinsam mit der antirassistischen Jugend und fortgeschrittenen Arbeiter*innen den Selbstschutz organisieren und die Gewerkschaften auffordern, die Verteidigung von Geflüchteten und linken Aktivist*innen von den Betrieben aus zu organisieren.

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