Gründung eines Neupack-Solikreises in Berlin

25.03.2013, Lesezeit 3 Min.
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Am vergangenen Freitag fand mit Unterstützung von RIO, GAM, RSB und SAS eine Versammlung zur Solidarität mit dem Streik der KollegInnen des Hamburger Verpackungsherstellers Neupack statt. Die Beschäftigten von Neupack befinden sich seit über vier Monaten im Arbeitskampf für einen Tarifvertrag und ein Ende prekärer Beschäftigung. Murat Günes, Betriebsrat von Neupack, kam am Freitag nach Berlin, um vom Streik zu berichten und eine Ausweitung der Solidarität einzufordern.

Günes erzählte eindrucksvoll vom Kampf der Streikenden „für ihre Würde“, trotz aller legalen und illegalen Schikanen, die die Kapitalisten-Familie Krüger gegenüber den Streikenden anwendet, inkl. der Anheuerung von polnischen LeiharbeiterInnen als StreikbrecherInnen, willkürlichen Kündigungen und Abmahnungen sowie von Hamburger Arbeitsgerichten unterstützten Einschränkungen des Streik- und Versammlungsrechts der Beschäftigten.

Besonderen Wert legte Günes dabei auf den Mut und das Zusammengehörigkeitsgefühl der Streikenden, welche sich im Laufe des Streiks entwickelt hat. Er betonte auch die Wichtigkeit der Solidaritätsarbeit, die insbesondere der Hamburger Solikreis Neupack bisher geleistet hat, und dessen große Auswirkungen auf die Kampfmoral der Beschäftigten.

Trotz der Länge des Arbeitskampfes zeigt sich die Krüger-Familie bisher unnachgiebig. Günes übte in dem Zusammenhang auch Kritik an der Streikführung der IG BCE, die über die Köpfe der Streikenden hinweg entscheidet, wann und wie lange gestreikt wird. Die sogenannte „Flexi-Streik“-Taktik, die seit Ende Januar den Arbeitskampf bestimmt, werde von vielen KollegInnen als „Flexi-Verarsche“ wahrgenommen, da sie keinen Einfluss auf das konkrete Streikgeschehen nehmen könnten. Günes wiederholte in diesem Zusammenhang auch die Kritik des Hamburger Solikreises, die auch bei der Berliner Veranstaltung im Fokus stand, dass die Streikenden ihren Kampf selbst in die Hand nehmen müssten.

Die Veranstaltung zeigte eindrucksvoll die Bedeutung dieses Arbeitskampfes auf: Es handelt sich für Hamburg um den längsten Streik seit des Zweiten Weltkrieges; die Logik der Sozialpartnerschaft ist durch die Krüger-Familie in besonderem Maße in Frage gestellt; deshalb ist die Gewerkschaftsführung der IG BCE in besonderem Maße unter Druck, was auch seitens der Streikenden für interessante Tendenzen zur Infragestellung der Streikführung führt. Somit weist der Streik sowohl darauf hin, wie verheerend das Festhalten an der Sozialpartnerschaftslogik innerhalb des Gewerkschaftsapparats sein kann, als auch, welche Lehren die ArbeiterInnenklasse in Deutschland insgesamt ziehen muss, um aus der Defensive der vergangenen Jahrzehnte herauszutreten.

Im Laufe des Abends entwickelten sich ausgehend davon spannende Diskussionen über die Notwendigkeit von Streikdemokratie, aber auch über die Frage, wie die Solidaritätsarbeit noch ausgeweitet werden kann, und wie auch aus Berlin mehr getan werden kann, um die Streikenden zu unterstützen — gegen die Krüger-Familie, aber auch gegen die Gewerkschaftsführung der IG BCE.

Am Ende des Abends wurde beschlossen, auch hier in Berlin einen Neupack-Solidaritätskreis zu gründen. Das erste Treffen dieses Kreises wird am morgigen Dienstag, den 26. März, um 19 Uhr im Café Commune (Reichenberger Straße 157) stattfinden. Bei diesem Treffen soll konkreter diskutiert werden, welche Möglichkeiten der Unterstützung dieses außerordentlichen Kampfes es gibt.

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