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Grüne und Linke fordern mehr Polizeiauflagen gegen Corona-Demos

04.08.2020, Lesezeit 5 Min.
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Nach der verschwörungstheoretischen Großdemonstration am Samstag in Berlin wurden viele Stimmen aus dem Staat laut, die stärkere Auflagen für Demonstrationen fordern. Doch hinter dem vermeintlichen Schutz der Gesundheit verbirgt sich ein Angriff auf elementare Rechte und ein weiterer Schritt in Richtung Polizeistaat.

Als am Samstag 20.000 Menschen aus dem Bundesgebiet in Berlin eintrafen, um auf einer verschwörungstheoretischen Demo ohne Mundschutz und Abstandsregelungen gegen Hygienemaßnahmen zu demonstrieren, ließ die Polizei der Demonstration freien Lauf. Lediglich 1.100 Polizist*innen wurden mobilisiert. In einem Kontext, in dem die Infektionszahlen erneut steigen, trafen einige Teilnehmer*innen den Nagel auf den Kopf, als sie zynischerweise “Wir sind die zweite Welle” riefen.
Der Demo wurde seitens der Polizei mit Toleranz und Passivität begegnet. Lediglich auf der Abschlusskundgebung wurde eingegriffen und die Versammlung frühzeitig aufgelöst.

Dies löste in der Politik Debatten aus, wie denn nun mit solchen Demonstrationen umgegangen werden sollte. Aus der Union kamen Forderungen nach Einschränkungen der Versammlungsfreiheiten, so der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Stephan Mayer: Zwar seien Versammlungsfreiheit und freie Meinungsäußerung „hohe, allen Bürgern garantierte unveränderliche Grundrechte“. „Allerdings eben immer nur so weit, als die Rechte Dritter oder die öffentliche Sicherheit nicht erheblich verletzt werden.“ Er forderte die Landesbehörden auf, „abzuwägen, inwieweit Maßnahmen noch verschärft werden müssen und man aufgrund der negativen Erfahrungen des Demonstrationsgeschehens vom Wochenende bei der Genehmigung von Versammlungen zukünftig restriktiver zu entscheiden hat.“

Auch die Berliner Grünen fordern, künftig durch ein höheres Polizeiaufgebot gegen Verletzungen der sanitären Auflagen Recht und Ordnung durchzusetzen. Benedikt Lux, innenpolitischer Sprecher der Senatsfraktion, meinte, nächstes Mal solle schneller gehandelt werden, und kritisierte das defensive Handeln der Polizei.

Niklas Schrader, sein Kollege im Dienst der Linkspartei, hatte einen freundlicheren Ton und stufte das Vorgehen der Polizei grundsätzlich als richtig ein. Jedoch waren sich beide darüber einig, dass zukünftig die Auflagen strenger durchzusetzen seien.

Jedoch zeigte die Herangehensweise gegen eine Anti-Gentrifizierungs-Demonstration am selben Abend das Programm der Berliner rot-rot-grünen Regierung. Die Demo gegen die Räumung der linken Kiezkneipe Syndikat in Berlin-Neukölln, die die Abstands- und Hygieneregelungen einhielt, wurde brutal auseinandergetrieben. Die Antwort gegen Rechts und Links ist nach feinster Hufeinsentheorie gleich: Sie lautet Polizei und Aufrüstung.

Für Die Linke besteht die Antwort auf rechte Verschwörungstheorien also darin, die Polizei zu stärken, die jedoch wie seit jeher unverhältnismäßig stärker gegen Antifaschist*innen und Linke vorgeht als gegen Rechte, die in Shishabars Razzien durchführt und rechte Terrornetzwerke in ihren eigenen Reihen duldet.

Anstatt eine offensive Antwort auf diejenigen zu geben, die die Auswirkungen der Pandemie leugnen, deren Todeszahl global bereits auf die Million zusteuert, oder wie im Falle Tönnies diese für ihre Profite in Kauf nehmen, setzt die Linkspartei auf den Staat, der die Interessen eben dieser Menschen schützt – während die Kosten der Krise Abertausende in die Arbeitslosigkeit treiben.
Wie wir an anderer Stelle schrieben:

Doch es wäre möglich, mit einem soziales Programm gegen die Auswirkungen der Corona-Krise – durchgesetzt durch Streiks in betroffenen Betrieben und Massenmobilisierungen gegen Entlassungen und Betriebsschließungen, für Hygiene- und Schutzmaßnahmen an Arbeitsplätzen usw. – nicht nur die Attraktivität der Rechten zu beschneiden, sondern tatsächlich auch die sozialen Forderungen und die demokratischen Fragen umzusetzen wie die Kontrolle der Corona-Maßnahmen durch gewählte Komitees in Betrieben und Nachbarschaften.

Fehlt diese Perspektive, bleibt nur das Vertrauen in die Regierung und den Staat – und damit die Absage an jegliche linke Politik. In den sozialen Netzwerken waren auch in linken Kreisen gestern vielerorts Forderungen nach einem harten Durchgreifen der Polizei zu hören. Doch wie uns nicht zuletzt Black Lives Matter vor Augen geführt hat, steht die Polizei nicht auf unserer Seite – und kann nicht auf unserer Seite stehen. Schon gar nicht kann die Polizei, deren Rassismus strukturell in ihrer Funktion der Aufrechterhaltung der kapitalistischen Eigentumsordnung verankert ist, eine Verbündete im Kampf gegen den Aufstieg der Rechten sein.

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