Griechenland: noch mehr Austerität
Die ehemalige "Anti-Austeritäts-Regierung" von Alexis Tsipras brachte letzte Woche erneute Kürzungsmaßnahmen auf den Weg – dieses Mal trifft es die Renten. Außerdem wird die Mehrwertsteuer erhöht. Proteste und einen 48-stündigen Streik gegen die Austerität beantwortet Syriza mit Repression.
In der Nacht zum 9. Mai brachte das griechische Parlament erneute Einschnitte in das Sozialsystem auf den Weg. Die Renten werden gekürzt, die Mehrwertsteuer erhöht. Es handelt sich um eine „Express“-Reform, die in kürzester Zeit durchgepeitscht wurde, um die Forderungen der Troika umzusetzen. Diese „evaluiert“ in diesen Tagen den „Reformprozess“. Von der Stimme der Finanzminister der Eurozone ist abhängig, ob die nächste Tranche des 86 Milliarden Euro schweren Kreditpakets ausgezahlt wird.
Die Rentenreform setzt eine Mindestrente von 384 Euro pro Monat für eine Einzahlungsperiode von 20 Jahren fest. „Für uns ist das Gesetz der Grabstein des Rentensystems, so wie wir es bislang kannten“, sagte ein Demonstrant im griechischen Fernsehen. „Wir werden nur noch etwas Taschengeld statt unsere Rente bekommen“, sagte eine Frau.
Mit den Rentenkürzungen sollen 1,8 Milliarden Euro gespart werden. Zudem sollen weitere 1,8 Milliarden Euro durch Steuererhöhungen in die Staatskassen fließen. In den kommenden Wochen soll das Parlament auch über Erhöhungen der indirekten Steuern wie der Mehrwertsteuer entscheiden. Die Mehrwertsteuer soll dabei auf bis zu 24 Prozent steigen, während die Untergrenze der Besteuerung noch weiter abgesenkt wird. Im Klartext also: eine weitere Verschärfung der Krise für die ärmsten Sektoren der Arbeiter*innen und der Massen.
Vor kurzem wurde eine Studie der Berliner Privathochschule European School of Management and Technology (ESTM) bekannt, die aufzeigt, dass die Mehrheit des Geldes der vorherigen „Rettungspakete“ seit 2010 für die Bezahlungen der Gläubiger*innen verwendet wurde, in Form von Schuldzahlungen und Zinstilgungen. Nur zehn Prozent von all diesem Geld sei demnach in den griechischen Haushalt geflossen. Ein Teufelskreis der „Rettungspakete“, um Schulden zu bezahlen, die neue unbezahlbare Schulden generieren. Ein Teufelskreis, dem sich die Regierung von Alexis Tsipras unterworfen hat. Seine Syriza setzt die Schuldenzahlung mit Kürzungen und Repression durch.
Proteste gegen die neuen Gesetzesmaßnahmen wurden dementsprechend mit Tränengas und Schockgranaten zerschlagen. Bis zu 20.000 Menschen hatten sich am Abend der Parlamentssitzung, bei der die Rentenreform beschlossen wurde, vor dem Parlament versammelt. Sie forderten die Rücknahme der Renten- und Steuerreform. Schon am Vormittag hatten in der Hauptstadt und in Thessaloniki 15.000 Menschen gegen die Reformen protestiert. Für den vorigen Freitag und Samstag hatten die Gewerkschaftszentralen ADEDY und GSEE zu einem 48-stündigen Streik aufgerufen. Der öffentliche Nahverkehr stand völlig still, genauso wie andere Sektoren wie wie der Zeitungsbetrieb und die Landwirtschaft.