Gregor Gysi: Endlich wieder ein linker Alterspräsident? 

26.03.2025, Lesezeit 2 Min.
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Gregor Gysi, Abgeordneter der Fraktion Die Linke im Bundestag. Foto: Juergen Nowak, shutterstock.com

Gregor Gysi ist der neue Alterspräsident. In seiner Rede springt er von Thema zu Thema und bezieht sich auf Zetkin als eine seiner Vorgänger:innen. Was würde sie wohl dazu sagen?

Gysi eröffnet den Bundestag mit einem Appell an Respekt und Kompromissbereitschaft. Es brauche Kompromisse, die über die eigenen ideoligischen Prägungen hinausgehen. „Können sich nicht konservative einen Ruck geben und unterstützen, eine Straße nach Clara Zetkin zu benennen?“

Zetkin meint in ihrer Rede als Alterspräsidentin 1932: „Die Politik des „kleineren Übels“ stärkte das Machtbewußtsein der reaktionären Gewalten und soll […] die Massen an Passivität gewöhnen. Diese sollen darauf verzichten, ihre volle Macht außerhalb des Parlaments einzusetzen“. Unsere Kampfkraft liegt aber eben nicht im Parlament, sondern in kraftvollen Aktionen der Massen außerhalb dieser Mauern. 

Dann beginnt Gysi mit der Friedenspolitik. Es brauche eine „neue Sicherheitsstruktur für Europa“. Das heißt, „die Bundeswehr sollte selbstverständlich verteidigungsfähig sein“ und diejenigen, die die Aufrüstung vorantreiben, sollten nicht als „Kriegstreiber“ bezeichnet werden, diejenigen, die sie ablehnen, nicht als „Putin-Knechte“. 

„Krieg dem Krieg!“ riefen die sozialistischen Frauen bei der Anti-Kriegs-Konferenz 1915 um Zetkin und berieten, wie sich dem Militarismus und dem Verrat ihrer Parteien entgegensetzen können. Clara Zetkin war Pionierin des internationalistischen Feminismus gegen den Krieg und Teil der Verteidigung der russischen Revolution. Zetkin war, im Gegensatz zu Gysi, konsequente Antimilitaristin. 

Auch Gysis Rede davon, dass Kinder und Jugendliche so gebildet werden sollen, dass „Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit“ für sie Ziele werden und Klimaproteste der Jugend, die nicht anschlussfähig für breite Teile der Bevölkerung seien, kritisiert, lässt nicht an Zetkins Erbe erinnern. Diese meint:

Streiks und Aufstände in den verschiedensten Ländern sind lodernde Flammenzeichen, die den Kämpfenden in Deutschland zeigen, daß sie nicht allein stehen. Überall beginnen die Enterbten und Niedergetretenen zur Eroberung der Macht vorzustoßen.

Der Weg zur Überwindung wirtschaftlicher Krisen und aller drohenden imperialistischen Kriegsgefahren ist einzig und allein die proletarische Revolution, die das Privateigentum an den Produktionsmitteln abschafft und damit die Planmäßigkeit des Wirtschaftens verbürgt.

Clara Zetkin, Rede als Alterspräsidentin bei der Eröffnung des Reichstags (30. August 1932)

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