Gorillas: Großes Treffen für den Kampf gegen 350 Entlassungen

04.11.2021, Lesezeit 5 Min.
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Foto: Simon Zamora Martin

Beschäftigte von Gorillas, Gewerkschafter:innen, solidarische Aktivist:innen und linke Gruppen haben eine gemeinsame Kampagne gegen die 350 Entlassungen beschlossen, mit denen das Management die Streikbewegung zerschlagen will. Erste Aktionen wie eine Großdemonstration und Mobilisierungen zu Gerichtsterminen stehen bereits fest.

Am vergangenen Wochenende trafen sich auf Einladung des Gorillas Workers Collective (GWC) über 40 Arbeiter:innen und Aktivist:innen in Berlin Neukölln, um einen gemeinsamen Kampfplan gegen die jüngsten Angriffe und Entlassungen des Managements zu diskutieren.

Das Treffen, an dem sich zahlreiche politische Organisationen beteiligten, ist ein wichtiger Anstoß für breitere Mobilisierungen und mehr öffentliche Aufmerksamkeit für den andauernden Kampf der Gorillas-Beschäftigten.

Das Unternehmen eskalierte die Auseinandersetzung Anfang Oktober nach einer erneuten Welle von Streiks gegen die schlechten Bedingungen. Es wurden bis zu 350 Angestellte gefeuert, begründet mit der Beteiligung an angeblich illegalen Streiks. Und das, obwohl CEO Kağan Sümer selbst noch im Sommer behauptet hatte, dass niemand für die Teilnahme an Streiks entlassen werden würde. Dazu gesellt sich ein weiterer Angriff des Managements auf die Organisierung der Kolleg:innen: Es wurde eine einstweilige Verfügung gegen die Wahl des Betriebsrats beantragt, um diese zu verhindern.

Das Treffen mit politischen Aktivist:innenen kommt also in einem besonders kritischen Moment. Gemeinsam wurden mehrere Aktionen und eine breite gemeinsame Mobilisierung beschlossen. Im Zentrum steht eine große Demonstration am 16. November. Ziel ist es, dort ein breites Bündnis von Arbeiter:innen aus prekären Sektoren – nicht nur von Gorillas – mit Unterstützer:innen aus Gewerkschaften, NGOs und linken Gruppen zu mobilisieren. Alle Arbeiter:innen und Aktivist:innen, die sich der zunehmenden Prekarisierung, Union Busting, Einschnitten in das Streikrecht sowie den rassistischen Arbeitsmarktregelungen in Deutschland entgegenstellen wollen, sind zur Beteiligung an der Demonstration aufgerufen.

Der 16. November ist gleichzeitig der Vorabend der Verhandlung um die einstweilige Verfügung gegen die Betriebsratswahl. Bei dieser Verhandlung soll es ebenso Protestaktionen geben, wie auch zum Prozess gegen die Entlassungen aufgrund von Streikbeteiligung am 12. November. In den kommenden Wochen werden zudem weitere Gerichtstermine stattfinden, zu denen kurzfristig mobilisiert werden kann.

Einheitsfront gegen Prekarisierung

Die Selbstorganisierung der Beschäftigten hat den Arbeitskampf bei Gorillas erst möglich gemacht. Aber auf sich allein gestellt, werden sie es schwer haben, diesen Kampf zu gewinnen.

Das jüngste Treffen und die daraus entstehende Kampagne sind ein guter Startpunkt für die notwendige Einheitsfront von prekären Rider:innen und Lagerarbeiter:innen mit Beschäftigten anderer Sektoren und allen Organisationen der Arbeiter:innenbewegung und der Linken.

Auch wenn diese Kampagne noch viel größer werden muss, zeigte die Vielfalt der vertretenen Gruppen, dass ein breites Bündnis zur Unterstützung der Gorillas-Kolleg:innen möglich ist: Unter anderem nahmen antirassistische Aktivist:innen von Migrantifa und den Berlin Migrant Strikers teil, „Deutsche Wohnen und Co. Enteignen“, Linksjugend Neukölln und verschiedene revolutionäre Organisationen (RSO, SOL, KGK) waren vertreten, bis hin zu den Kritischen Jurist:innen. Außerdem waren zahlreiche Gewerkschaftsmitglieder anwesend, hauptsächlich von FAU und ver.di, inklusive Kolleg:innen aus dem Krankenhaus, sowie ehemalige Beschäftigte der Post und der Berliner Stadtreinigung (BSR).

Es wurde solidarisch darüber diskutiert, an wen sich die Kampagne und die Mobilisierungen vorrangig richten sollen und wie sie möglichst breit aufgestellt werden kann. Auch wenn es aufgrund von Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit zwischen den Streikenden und den zuständigen ver.di-Hauptamtlichen in den vergangenen Monaten Skepsis herrscht, wurde beschlossen, dass sämtliche Gewerkschaften zur Unterstützung der Mobilisierungen und des Arbeitskampfs eingeladen werden sollen. Auch ein Mitglied der anarchosyndikalistischen FAU sprach sich richtigerweise für eine breite Kampagne aus, die auch NGG, ver.di und die IG Metall miteinbezieht.

Aufgrund der kurzen Frist für das Treffen konnten keine hauptamtlichen ver.di-Vertreter:innen teilnehmen. Die Gespräche laufen aber weiter und es wurde auch von ver.di aus Interesse an einer weiteren Zusammenarbeit mit den aktiven Gorillas-Beschäftigten bekundet.

Kampf gegen postfaschistisches Streikrecht

Viele der entlassenen Gorillas-Rider:innen, denen die Beteiligung am Streik zur Last gelegt wird, gehen dagegen nun juristisch vor. Wenn es gelingt, diese Prozesse bis zum Ende zu führen, könnte damit öffentlichkeitswirksam auch das postfaschistische Streikrecht in Deutschland in Frage gestellt werden, das „wilde“ Streiks ohne offizielle Unterstützung einer großen Gewerkschaft verbietet.

Dieses restriktive Streikrecht zu bekämpfen ist notwendig – aber es ist auch ein langfristiges Projekt, in dem die juristischen Verfahren nur ein Baustein sind. Die praktische Infragestellung (wie durch die Streikenden bei Gorillas bereits geschehen) ist mindestens ebenso wichtig. Und die Fortsetzung und der Erfolg der Gerichtsverfahren hängt eng mit dem Kampf um die unmittelbaren Forderungen zusammen – schließlich werden die Betroffenen nur mit einer starken Kampagne im Rücken, die von vielen Beschäftigten mitgetragen wird, die Motivation für jahrelange Prozesse aufrechterhalten können.

In diesem Sinne stehen in den kommenden Wochen und Monaten vor allem die unmittelbare Bedrohung der organisierten Beschäftigten durch die massiven Kündigungen und die Behinderung der Betriebsratswahl im Vordergrund. Gegen diese Maßnahmen muss Protest und praktischer Widerstand organisiert werden.

Dazu werden die geplanten Mobilisierungen ebenso dienen, wie eine Fortsetzung der #BoycottGorillas-Kampagne, die das Potential hat, noch viel mehr Menschen in den Kampf um die Rechte von prekären Beschäftigten hineinzuziehen.

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