Globaler Klimastreik am 25.09. – Die letzte Chance für Fridays for Future?

24.09.2020, Lesezeit 7 Min.
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Nach monatelanger Pause ruft FFF am Freitag zum nächsten globalen Klimastreik auf. Das Thema Klimawandel wird uns noch für Jahre beschäftigen, doch die Mobilisierungskraft von FFF hat schon seit geraumer Zeit abgenommen. Basis und Führung der Bewegung driften immer weiter auseinander. Mit welcher Perspektive muss FFF diesen Streiktag angehen?

Bild: Wiki Commons

FFF auf dem absteigenden Ast?

Während letzten September alleine in Berlin über 100.000 Menschen, und bundesweit sogar über 1,4 Millionen Personen unter dem Motto #AllefürsKlima auf die Straße gingen, ist mit solchen Zahlen für den kommenden Klimastreik am Freitag nicht zu rechnen. Die abnehmende Fähigkeit zur Mobilisierung liegt dabei nicht (nur) an den Bedingungen, die das Infektionsgeschehen momentan für Demonstrationen bedeutet, sondern zeigte sich schon in den Monaten vor dem Ausbruch der Pandemie. Obwohl der harte Kern der Aktivist:innen sich weiter jeden Freitag versammelte, gelang es FFF immer weniger den Druck auf Politik und Regierung aufrecht zu erhalten, was auch bei vielen Langzeit-Aktivist:innen verständlichen Frust auslöste.

Die Gründe dabei sind vielfältig: Der regelmäßige Freitagsstreik als Mittel des Protests löste zwar zu Beginn Euphorie aus, und verhalf durch seine Kontinuität den Themen der Bewegung zu einer omnipräsenten Berichterstattung. Im Laufe der Zeit verwandelte sich diese Kampfform jedoch mehr in eine Art Ritual, in das Medien, Politik und auch Aktivist:innen gleichermaßen langsam das Interesse verloren. Mit der Ritualisierung – Streiken um des Streiks willen – zu brechen und neue Protestformen für sich zu entdecken, gelang der Bewegung nicht.

Das berechtigte Anliegen von FFF wurde außerdem immer wieder durch einzelne Führungsfiguren diskreditiert. Wenn Luisa Neubauer zu einem hippen und überaus neoliberalen Start-Up-Demokratie“-festival“ aufruft, und Jakob Blasel ankündigt er sehe die einzige Möglichkeit sinnvoll politisch weiter zu arbeiten darin, für die durch und durch pro-imperialistischen und pro-kapitalistischen Grünen in den Bundestag zu gehen, entfremdet das viele Aktivist:innen an der Basis zu Recht von der Führung ihrer Bewegung.

(K)eine Kaderschule für die Grünen!

Der Frust darüber, dass sich FFF Führungskader mehr und mehr in das politische Systemintegrieren, welches nicht nur den Grundstein für die Katastrophe gelegt hat, sondern uns ihr auch unaufhaltsam entgegentreibt, muss immens sein. Was bringt eine Luisa Neubauer im Aufsichtsrat eines Automobilunternehmens? Was bringt ein Jakob Blasel mit einem Sitz im Bundestag? Mit einem Sitz in jenem Bundestag, der seit Jahrzehnten dafür verantwortlich ist, dass die Kohle aus dem Boden nach oben geholt wird, und Anliegen zum Klimaschutz nach unten gedrückt werden. Dabei darf nicht vergessen werden, dass auch die Grünen bei diesem Vorgehen fleißig mithelfen. Und wenn sie irgendwann manchmal doch für entfernte Klimaziele einstehen, kämpfen sie mit Maßnahmen wie einer CO2-Steuer bis zum letzten Meter dafür, dass die Last des ökologischen Wandels nicht von den reichsten Prozent der Bevölkerung getragen, sondern auf die Arbeiter:innen und Jugend abgewälzt wird.

Die Oxfam-Studie vom Montag ist dabei nur ein weiterer Beweis dafür, dass der Kurs der Grünen ein Spiel mit falschen Karten ist. Aus ihr geht hervor, dass das reichste Prozent der Erdbevölkerung pro Kopf für etwa 35-mal so viele Emission, wie die ärmsten 50 Prozent der Menschheit verantwortlich sind. Auch verursachen die reichsten 10 Prozent zusammen mehr als die Hälfte aller Emissionen überhaupt. Diese „reichsten Prozente“ sind nicht nur irgendwelche SUV-Besitzer:innen, sondern unsere Vermieter:innen, unsere Bosse und so weiter. Allein in ihrer Freizeit blasen sie doppelt so viele Emissionen in die Luft, wie die ärmsten 3,1 Milliarden Menschen. Doch anstatt diese Kapitalist:innen, die seit Jahrzehnten über die Auswirkungen ihres Handelns bescheid wissen, zu besteuern, zu enteignen, sie von der Kontrolle über die Produktion zu verjagen, hofieren die Grünen den Ausbeuter:innen und wollen, dass die Arbeiter:innen und Jugend für die Krise bezahlen.

Genau bei dieser Partei sehen die leitenden FFF Kader ihre Zukunft. Die Illusionen in einen „grünen Kapitalismus“ und das nette Bitten darum, dass die EU die ohnehin viel zu niedrig gesetzten Klimaziele nur ein paar Jahre verspätet einhalten solle, werden uns nicht retten. Lassen wir FFF nicht zu einer Kaderschule für die Grünen, die SPD, oder irgendeine bürgerliche Partei verkommen. Was diese Parteien als Erfolge verkaufen wollen, sind nur Tropfen auf den heißen Stein. Wenn auch Teile der Führung von FFF sich davon haben blenden lassen, so darf das bei der breiten Basis nicht geschehen.

Gemeinsam kämpfen – Aber mit wem?

Mit dieser Perspektive müssen einzelne Aktivist:innen, Basis- und Ortsgruppen den Klimastreik am Freitag wahrnehmen. Schluss mit der Anpassung an den bürgerlichen Staat und an die Parteien, die ihn tragen. Statt der Führung blind in die Bedeutungslosigkeit hinterher zu laufen, die eine solche Anpassung bedeuten würde, muss die Basis der Bewegung sich nach neuen Verbündeten umschauen, um die Krise aufzuhalten. Denn FFF steht nicht allein da, alle, die wir schuften, (ob in der Schule, Uni, Arbeit oder Zuhause) rasen gleichermaßen auf die Katastrophe zu, weswegen wir anfangen müssen unsere Kämpfe zu verbinden und zu stärken. Dabei sind die natürlichen Verbündeten im Kampf der Jugend für eine nachhaltige und gerechte Zukunft die Arbeiter:innen. Ihr objektives Interesse ist mit dem der Jugend gleich. Da sie anders als die Kapitalist:innen an einem sterbenden Planeten nicht verdienen, und Opfer der gleichen Mechanismen sind, die auch unsere Natur ausbeuten, ist die Abschaffung dieses Systems auch in ihrem Sinn.

Nicht auf die bürgerlichen Parteien aller möglichen Farben, sondern auf sie muss FFF zugehen, wenn die Bewegung die Welt retten will. Der Aufruf zum Aktionstag der ÖPNV vom 18 September, war ein guter Anfang, doch hat dies zu kaum Mobilisierung und Aktionen geführt. Es braucht mehr als solidarische Erklärungen und halbherzige Aufmärsche. Die kommenden Streiks, egal ob in der Schule, im öffentlichen Dienst oder im ÖPNV müssen verbunden werden, denn nur mit der ökonomischen Stärke der Arbeiter:innen kann die Klimakatastrophe verhindert werden.

Alle auf zum Streik!

Bitten und Gesuche an jene bürgerlichen Parteien, die die Klimakatastrophe selbst verursacht haben, sind nicht die Lösung. Egal welcher bürgerlichen Färbung die Minster:innen angehören, die sich im Parlament verbiegen, der Staat den sie anleiten, wird die Krise nicht lösen können. Im Gegenteil: Führt er doch immer noch imperialistische Kriege um Öl und Ressourcen, mit langen Tentakeln, welche den ganzen Globus umklammern und ihn Stück für Stück zerstören. Die politischen Forderungen, die von FFF bisher gestellt werden, sind gerade mal ein nerviger Dorn im Auge der ausbeuterischen Produktionsverhältnisse und der Regierungen, die sie verwalten. Doch die Rettung des Planeten wird entweder über die Leiche des Kapitalismus geschehen, oder sie wird gar nicht geschehen.

Mit dem sich verschärfenden Klimawandel steuern wir auf die verheerendste Katastrophe der Menschheit zu, inmitten der durch die Pandemie ausgelösten, schwersten Wirtschaftskrise der Neuzeit. Der Kapitalismus und der bürgerliche Staat werden unter diesem Druck wanken, doch versuchen sich auf dem Rücken der Massen von Arbeiter:innen und Jugendlichen abzustützen. Der Appell an die Jugend muss lauten, sich jetzt mehr denn je den Streiks und Demos anzuschließen und gemeinsam mit den Arbeiter:innen eine Front für das Überleben des Planeten zu bilden. Aber nicht mit der Perspektive, die Produktionsverhältnisse und den Staat, der sich auf sie gründet, mit einem „grünen“ Kapitalismus und auf eigene Kosten zu stützen, sondern ihn, wenn er wankt – und er wird wanken – umzustürzen, um Platz zu machen für Verhältnisse, in denen wir unsere Erde wirklich retten können.

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