Gesundheit4Palestine veröffentlicht Manifest

29.02.2024, Lesezeit 6 Min.
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foto: IG / @gesundheit4palestine

Gesundheitsbeschäftigte in Berlin, die sich mit Palästina solidarisieren haben einen Gründungsmanifest veröffentlicht. Darin stellen sie Forderungen an die Bundesregierung, das Gesundheitsministerium, sowie Gewerkschaftsvorständen.

Wir teilen das Statement von Gesundheit4Palestine-Gruppe solidarisch, das am 28. Februar 2024 auf ihrer Instagram-Seite und als PDF veröffentlicht wurde:


Angriffe auf Kliniken sind ein Kriegsverbrechen!

Seit fast 5 Monaten führt die israelische Armee einen verheerenden Krieg gegen die Bevölkerung in Gaza. Laut Menschenrechtsorganisationen wurden bisher Stand Mitte Februar:
– mindestens 28.000 Palästinenser:innen getötet, darunter 14.000 Kinder und 800 Gesundheitsarbeiter:innen; zusätzlich werden mindestens 8.000 Personen unter den Trümmern vermisst (wobei die Dunkelziffer höher liegt),
– über 300.000 Wohngebäude zerstört,
– 2 Millionen Menschen vertrieben und dem Hungertod ausgesetzt,
– alle humanitären Hilfsmaßnahmen nach Gaza blockiert,
– 250 Gesundheitseinrichtungen und Versorgungspunkte sowie 380 Schulen zerbombt,
– und jede Universität zerstört.

Bereits im November warnten UN-Expert:innen angesichts der Angriffe auf lebenswichtige Infrastruktur vor der Gefahr eines Genozids. Israel wird derzeit vor dem internationalen Gerichtshof wegen Völkermords angeklagt. Der Gerichtshof hat bisher alle Anschuldigungen für plausibel befunden und führt eine Untersuchung durch. Gleichzeitig ruft er dazu auf, alle Handlungen zu unterlassen, die gegen die Genozidkonvention verstoßen, und drängt darauf, humanitäre Hilfe nach Gaza zuzulassen.

Trotz des Genozidvorwurfs weigert sich die Bundesregierung, einen Waffenstillstand zu fordern, und liefert weiterhin deutsche Waffen an die israelische Armee, die zur Ermordung palästinensischer Menschen und Kinder eingesetzt werden. Außerdem wurden die Zahlungen an das UN-Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) auf Wunsch des israelischen Militärs ausgesetzt. Die Bundesregierung entscheidet und beteiligt sich somit aktiv an diesen Kriegsverbrechen und dem Völkermord!

Von den 36 Krankenhäusern in Gaza wurden 25 vom israelischen Militär zerstört. 50.000 schwangere Frauen sind vom extremen Hunger bedroht. Medizinische Güter sind entweder knapp oder nicht mehr vorhanden. Mit großem Unverständnis beobachten wir das Schweigen oder sogar die Unterstützung der israelischen Regierung seitens großer Klinikkonzerne, medizinischer Verbände und Gewerkschaften.

Die Vorstände der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, welche uns als Gesundheitspersonal in Deutschland vertreten, haben sich bisher nur in „Solidarität mit israelischen Kolleginnen und Kollegen“ positioniert und kein Wort über das Leiden der Millionen von Menschen in Gaza verloren. Dies, obwohl der internationale Dachverband „Public Services International“, dem ver.di angehört, zu einem Waffenstillstand aufgerufen und Solidarität mit der Bevölkerung in Gaza gezeigt hat.

Seit Monaten gehen weltweit Millionen von Menschen gegen den Genozid in Gaza auf die Straße, auch in Deutschland finden wöchentlich Demonstrationen statt. Die Regierungen und die Polizei reagieren auf diese Demonstrationen mit Repression und Gewalt, bis hin zu gewaltsamen Festnahmen schwangerer Frauen ohne jegliche rechtliche Grundlage. Wir beobachten einen starken anti-palästinensischen/ anti-muslimischen Rassismus, der darauf abzielt, palästinensische Fahnen, Symbole, Kultur und Kleidung aus der Öffentlichkeit zu verbannen und sie mit rassistischen Vorurteilen zu stigmatisieren.

Die Unterstützung der Gerechtigkeit für Palästinenser:innen wird mit unbegründeten Vorwürfen des Antisemitismus kriminalisiert. Sogar jüdische Stimmen, die sich gegen die Politik Israels aussprechen, werden auf Demonstrationen von der deutschen Polizei gewaltsam festgenommen und aus dem öffentlichen Diskurs verbannt. Der notwendige Kampf gegen realen Antisemitismus in Deutschland wird von der Regierung instrumentalisiert, um die Kritik an den Kriegsverbrechen der israelischen Armee in Palästina zu unterdrücken.

Diese Repression manifestiert sich auf verschiedenen Ebenen: Es werden derzeit Exmatrikulationsanträge gegen Palästina-solidarische Stimmen diskutiert. Zahlreiche Berichte zeigen, dass palästinensisch-solidarische Beschäftigte Repressionen an ihren Arbeitsplätzen erfahren, sogar gekündigt werden. Diese anti-palästinensische Repression ist zwar schon seit Jahrzehnten vorhanden, erreicht jedoch derzeit einen neuen Höhepunkt und das in einer Zeit, in der die israelische Regierung im Verdacht steht einen Völkermord zu begehen. Wir lehnen die Kriminalisierung der Solidaritätsbewegung und die Einschränkung des Demonstrationsrechts entschieden ab!

Wie einige unsere Kolleg:innen aus Deutschland bereits im November in einem offenen Brief zum Ausdruck brachten:

Als Beschäftigte des Gesundheitssektors glauben wir fest daran, dass jeder Mensch auf dieser Erde ein Recht auf Leben sowie Zugang zu Medizin und Gesundheitsversorgung hat. Dieses Recht wird den Palästinenser:innen seit Jahrzehnten verwehrt.

Mit größtem Respekt sehen wir, wie unsere Kolleg:innen in Palästina ihre persönliche Sicherheit, ihren Schlaf, die letzten Momente mit ihren eigenen Familien und nicht selten ihr eigenes Leben opfern, um ihre Patienten:innen weiter zu versorgen. Selbst ohne Zugang zu den grundlegendsten und wichtigsten Ressourcen sind sie in ihrer Entschlossenheit standhaft und mutig geblieben.

Wir rufen alle im Gesundheitswesen dazu auf, weltweit und insbesondere in Deutschland, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um einen Waffenstillstand zu erreichen und ein Ende der Besatzung des historischen Palästinas herbeizuführen.

Wir glauben, dass es die Pflicht eines jeden von uns ist, für eine Welt zu kämpfen, in der alle Menschen gleichberechtigt und sicher sind.

Wir fordern:

die Bundesregierung und das Außenministerium dazu auf:
– ein sofortiges Ende der Kampfhandlungen und Rückzug der israelischen Armee aus Gaza zu fordern;
– sich für die Aufhebung der vollständigen Blockade Gazas und den uneingeschränkten Einlass von Nahrungsmitteln, Arzneimitteln, medizinischen und anderen Hilfspersonals einzusetzen;
– Zahlungen an UN-Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) wieder aufzunehmen;
– das Recht auf Rückkehr aller palästinensischen Flüchtlinge anzuerkennen.
jegliche Waffenlieferung an Israel zu stoppen;
– ein Ende der israelischen Besatzung, sowie die Freilassung aller israelischen und palästinensischen Geiseln, sowie Gefangenen zu fordern.

das deutsche Gesundheitsministerium, deutsche Gesundheitseinrichtungen und -Verbände dazu auf:
– sich mit unseren palästinensischen Kolleg:innen zu solidarisieren,
– ein sofortiges Ende aller Angriffe auf Krankenhäuser in Gaza zu fordern;
-direkte Hilfen in Form von medizinischen Gütern zu organisieren;
Maßnahmen für ein Ende der Kriminalisierung und Repression von Palästina-solidarischen Gesundheitsfachkräften umzusezen.

die Gewerkschaftsvorstände, insbesondere von ver.di dazu auf:
– sich ebenfalls mit palästinensischen Beschäftigten und Kolleg:innen zu solidarisieren;
– sich den Positionen der internationalen Dachverbände für einen sofortigen Waffenstillstand anzuschließen;
– zur Beteiligung an Mobilisierungen in Solidarität mit der palästinensischen Bevölkerung aufzurufen.
– in den entsprechenden Sektoren sich zu weigern, Waffen für israelische Armee zu produzieren, verladen und zu transportieren;
– eine Spendenkampagne für alle palästinensischen Flüchtlinge und humanitäre Hilfe zu organisieren.

Werde mit uns aktiv im Gesundheit4Palestine-Komitee in der Solidaritätsbewegung für diese Ziele! Nehmen wir unsere Pflicht als Gesundheitspersonal wahr. Stoppt den Genozid!

Kontaktiert uns unter: gesundheit4palestine@proton.me

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