Gegendemonstration zu laut für Rassist*innen
Potsdam: Am Mittwochabend wiederholte sich ein Schauspiel, das in Potsdam nun schon seit Beginn des Jahres zu beobachten ist: Woche für Woche versucht ein Mob von Rassist*innen, sich Gehör zu verschaffen.
Unter dem klangvollen Namen „Pogida“ wollten im Januar um die 100 Rechten durch die Innenstadt marschieren. Mittlerweile ist der braune Haufen auf weniger als 50 zusammengeschrumpft, während auch gestern wieder an die 1000 Gegendemonstrant*innen vor Ort waren. Nichtsdestotrotz fuhr die Potsdamer Polizei in den letzten Wochen immer wieder ein Großaufgebot an Hundertschaften, Wasserwerfern und Hubschraubern auf, um eine Blockade der rechten Demos zu verhindern.
Eine bemerkenswerte Neuerung gab es allerdings: Bisher hatten die Gegendemos hauptsächlich den Zweck, möglichst viele Menschen, möglichst schnell an sinnvolle Blockade-Punkte zu bringen. Am Mittwoch gab es dagegen eine eigenständige antifaschistische Demonstration, die unter dem Slogan „Rassismus tötet!“ quer durch die Innenstadt zog und versuchte, auf den rassistischen Normalzustand aufmerksam zu machen, der eben noch nicht überwunden ist, sobald Pogida keine Demos mehr anmeldet. Stattdessen wurde die Rücknahme der Asylgesetz-Verschärfungen gefordert und das todbringende europäische Grenzregime angeprangert.
Aktivist*innen des Aktionskomitees Uni Potsdam machten während der Demo mit Flyern und einem Redebeitrag auf das bevorstehende Vernetzungstreffen am 4. März aufmerksam. Dort sollen erste Vorbereitungen für eine Potsdamer Demonstration am bundesweiten Aktionstag des Bündnisses Jugend gegen Rassismusgetroffen werden, der im April stattfindet. Bastian Schmidt, Mitglied im Aktionskomitee und der Revolutionär-kommunistischen Jugend, sagte in einem Redebeitrag dazu: „Wir wollen auch in Potsdam ein möglichst schlagkräftiges Bündnis von Refugees, Schüler*innen, Studierenden und jungen Arbeiter*innen aufbauen, das dem rechten Aufschwung etwas entgegensetzt. Über den Aktionstag hinaus soll das auch ein Anstoß für eine Jugendbewegung geben, die den deutschen Imperialismus, seine Kriege und seinen Rassismus, aktiv bekämpft.“
Als die antirassistische Demo am Mittwoch gegen 18.30 Uhr an ihrem Zielort aufgelöst wurde, machte sich die Mehrheit der Teilnehmer*innen sofort in Richtung der Pogida-Demo-Route auf. Auch wenn es gut und wichtig war, eigene Inhalte auf die Straße zu tragen: Ungestört laufen sollte der rechte Mob natürlich nicht. Die Polizei gab sich Mühe, das Recht auf Nazi-Propaganda mit Straßensperrungen, Kampfmontur und Pfefferspray durchzusetzen – selbst dann, wenn die eigentliche Demo-Route noch hunderte Meter entfernt war.
Mit viel Rennerei und Durchhaltevermögen gelang es trotzdem einem Teil der Antifaschist*innen, die vorgesehene Straße unweit des Pogida-Startpunktes zu besetzen. So konnte Pogida nur wenige hundert Meter die Kirschallee entlang laufen, bis sie wieder zu ihrem Startpunkt zurückkehren musste. Dort war sie auch gleich von zwei angemeldeten Gegenkundgebungen umringt, die mit Musik und Sprechchören verhinderten, dass die Rassist*innen ihrem Demo-Anmelder und Organisator Christian Müller lauschen konnten. Dieser forderte daraufhin eine Lautstärke-Messung, um die andauernde Störung mit Hilfe der Polizei unterbinden zu können. Das wurde von den Gegendemonstrant*innen vor allem mit Gelächter quittiert – möglichst laut, natürlich.