Gegen Repression!
Linke Gruppen und Aktivist*innen sind immer wieder Betroffene staatlicher Repression. Das allein ist keine neue Erkenntnis. Auch wir von WAFFENDERKRITIK haben in vielen Protesten interveniert und die Bekanntschaft mit repressiven Apparaten machen müssen. Sei es im Rahmen des Einzelhandelsstreiks letzten Winter, der Proteste gegen die neue Rahmenstudien- und -prüfungsordnung (RSPO) an der FU, des Refugee Schul- und Unistreiks dieses Jahr und einigen anderen Protesten. Jedes Mal zeigte sich, dass die Polizei die Interessen der Herrschenden vertritt. Mit teils abstrusen Begründungen wurden Genoss*innen angezeigt oder sogar festgenommen. Doch welchen Zweck verfolgt der bürgerliche Staat mit diesen Repressionen?
Repressionen sind immer ein Ausdruck des Selbsterhaltungstriebs eines Staates. Sie dienen dem Schutz vor gravierenden Strukturwandlungen. Denn das gültige Recht ist Ausdruck der Herrschaftsverhältnisse. Es dient also vor allem der Verteidigung dieser Verhältnisse gegenüber ihren Gegner*innen. Das bedeutet, dass nicht nur die konkreten Maßnahmen der Polizei repressiv sind, sondern dass bereits das Recht, auf dessen Grundlage die Polizei handelt, repressiv ausgestaltet ist. Auch unsere Genoss*innen sind von Repression betroffen. Während des Einzelhandelsstreiks wurden sie u. a. bei einer Aktion vor einer H&M – Filiale mit dem Vorwurf der Rädelsführerschaft konfrontiert, nachdem sie sich mit den streikenden Beschäftigten solidarisiert hatten. Dabei ist die Solidarisierung mit den Beschäftigten für uns ein zentraler Punkt. Denn die Arbeitsbedingungen, die heute erkämpft werden, sind unsere Arbeitsbedingungen von morgen. Auch an den Universitäten erleben wir Repression. Bei den RSPO – Protesten an der FU letztes Jahr hat der Präsident der Universität Polizei auf den Campus geholt, um die Verabschiedung der neuen, restriktiveren Prüfungsordnung trotz massiver studentischer Proteste durchziehen zu können. Der Aufbau einer lebendigen Massendemokratie soll dadurch bereits im Keim erstickt werden. Auch danach kam es zu Anzeigen gegen einzelne Aktivist*innen wegen Sachbeschädigung. Erst dieses Jahr bewies der bürgerliche Staat, dass er auch vor der Festnahme von Schüler*innen nicht zurückschreckt. Im Februar versammelten sich in Berlin mehrere Tausend Schüler*innen und Studierende, um für den Erhalt des Refugee-Camps auf dem Oranienplatz zu demonstrieren. Dabei kam es zu mehreren Festnahmen. Ihnen wurde versuchte Körperverletzung an Polizist*innen vorgeworfen. Trotz dieser Vorfälle existiert weiterhin das Refugee Schul- und Unistreik-Bündnis, an dem auch wir von WAFFENDERKRITIK uns beteiligen, um trotz der Räumung des O-Platzes die Solidarisierung mit den Geflüchteten durch die Organisierung von Info-Veranstaltungen und konkreten Aktionen voranzutreiben.
Die Liste der Repressionen ließe sich leider noch erweitern. Damit wird umso deutlicher, dass das Recht eben keinen neutralen Charakter besitzt. Nicht jede*r ist vor dem Gesetz gleich. Denn auch wenn der Aktivismus nicht ausdrücklich strafbar ist, werden über das geltende Strafrecht Vorwürfe gestrickt, die den Aktivismus dann eben doch bestrafen. Beispielhaft dafür steht das Urteil gegen den Antifaschisten Tim, der letztes Jahr wegen versuchter Körperverletzung und schwerem Landfriedensbruch zu 2 ½ Jahren Haft verurteilt wurde. Die Urteilsbegründung war dabei sogar aus bürgerlich-rechtsstaatlicher Sicht überaus abenteuerlich, machte aber deutlich, dass es lediglich darum ging, ein Exempel zu statuieren. Diese Fälle stellen uns vor große politische und finanzielle Herausforderungen, bei der wir auf Unterstützung angewiesen sind. Denn diese Maßnahmen dienen der Spaltung von Bewegungen und der Isolierung einzelner Personen. Auch wenn wir finanzielle Unterstützung leisten können, ist mensch als Aktivist*in allein dem Staat letztlich ausgeliefert. Die Drohkulisse wird durch das in der Regel massive Polizeiaufgebot auf Demonstrationen erheblich verstärkt. Denn auch wenn wir ein Recht auf Protest haben, wird dieses Recht über die Versammlungsgesetze und die konkreten polizeilichen Auflagen gleichzeitig enorm eingeschränkt.
Hinter all diesen Maßnahmen verbirgt sich letztlich die Verteidigung der heutigen Herrschaftsverhältnisse. Es reicht demnach nicht, nur für Reformen zu kämpfen oder die Abwahl gewisser Mitglieder der herrschenden Klasse zu fordern. Denn auf eine*n bürgerliche*n Politiker*in folgt lediglich ein*e andere*r. Repression wird es solange geben, solange dieser bürgerliche Staat existiert. Dagegen müssen wir kämpfen. Anti-Repressions-Politik ist in der deutschen Linken leider häufig nur defensiv, sie beschränkt sich darauf, geschehene Repression mit juristischer Hilfe und Soli-Partys erträglicher zu machen. Diese Arbeit ist wichtig und ein zentraler Bestandteil jeglicher politischer Arbeit. Aber wir wollen auch darüber nachdenken, wie wir auch mit Anti-Repressions-Kampagnen in die politische Offensive gegenüber diesem Staat und seinen Repressionsapparaten gehen können. Das bedeutet beispielsweise, dass wir jeden einzelnen Fall nicht nur allein im Kontext von Repressionen abhandeln, sondern immer die politischen Dimensionen im konkreten politischen Kontext beurteilen. Eins gilt jedoch in jedem Fall: Betroffen sind Einzelne, gemeint sind wir alle!