Gegen Knäste und das System das sie benötigt: Interview mit der Soligruppe Free Benni

26.02.2024, Lesezeit 6 Min.
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Seit dem 5. Januar sitzt Benni in der JVA Leipzig in Untersuchungshaft. Ihm wird vorgeworfen, an Tag X in Leipzig, bei den Protesten in Reaktion auf das Urteil im Antifa- Ost Prozess, einen Brandsatz auf die Schläger vom USK Dachau geworfen zu haben. Wir inteviewten die Soligruppe Free Benni.

1. Könnt ihr euch kurz vorstellen und sagen wer genau ihr seid?

Wir sind eine Soligruppe aus Freund:innen und Gefährt:innen/Genoss:innen von Benni. Er sitzt seit dem 5. Januar in der JVA Leinestraße in Leipzig in Untersuchungshaft.

Wir setzen uns gerade viel mit der Institution Knast auseinander und versuchen, das Leben von Benni im und außerhalb des Knastes zu organisieren. Dazu zählt auch viel emotionale Arbeit für ihn, aber auch für uns. Wir sprechen über Gefühle, reflektieren die eigenen Rollen im Prozess und tauschen uns darüber aus, was der Knast mit ihm und uns macht.

2. Wir sprechen ja gerade weil ein Genosse nun in U-Haft sitzt, kannst du erklären was der Vorwurf ist und was genau passiert ist?

Am 3. Juli 2023, dem Tag X im Antifa-Ost-Prozess, haben in Leipzig viele Menschen gegen die staatliche Verfolgung und Verurteilung von Antifaschist:innen demonstriert. Ihm wird vorgeworfen, an Tag X in Leipzig, bei den Protesten in Reaktion auf das Urteil im Antifa- Ost Prozess, einen Brandsatz auf die Schläger vom USK Dachau geworfen zu haben. Neben dem tausendfach verteiltem Vorwurf des besonders schweren Fall des Landfriedensbruches für die einfache Demoteilnahme, wird ihm versuchter Totschlag vorgeworfen. Bekannt wurden die Ermittlungen und der Haftbefehl am 23.11.2023, als die Bullen mal wieder eine großangelegte Razzia gegen die autonome Szene in Leipzig durchführten und vergeblich versuchten ihn, durch vermummtes MEK aus einem Gerichtsverfahren wegen der LuWi-71 Besetzung, zu entführen. Benni, der zu U-Haft verdammte Genosse, war an dem Tag nicht vor Gericht erschienen, was sich als großer Glücksfall herausstellte. Er hat sich am 05.01.24 selbstständig gestellt. Von freiwillig kann hier aber nicht die Rede sein, sondern viel mehr von der bitteren Erkenntnis, dass die Freiheit schon aufhört, sobald der Name auf der Haftanordnung steht.

3. Wie geht’s dem Genossen, was ist der aktuelle Stand?

Er ist dank einer relativ kurzen, aber guten Vorbereitungszeit recht stabil. Es geht ihm den Umständen entsprechend gut, dennoch gibt es auch viele schwere Tage. Die fehlende Privatsphäre macht ihm regelmäßig zu schaffen, nur einmal die Woche hat er die Zelle eine Stunde lang für sich allein. Inzwischen hat er ein Telefon, was ihm neben den Briefen ermöglicht begrenzten Kontakt mit der Außenwelt zu halten. Denn das Weggerissensein aus dem Alltag, von Freund:innen und dem politischen Leben ist hart. Belastend ist natürlich auch die Situation der großen Ungewissheit, wie lange es wohl noch so weitergeht. Innerhalb der nächsten Monate dürfte die Anklageschrift kommen. Derzeit erwarten wir, dass der Prozess im Sommer stattfindet.

4. Wir sehen ja vermehrt Angriffe auf Linke Strukturen und spezifisch Antifaschist:innen in den letzten Jahren, welchen Zusammenhang seht ihr zwischen Bennis Fall und der aktuellen politischen Situation?

Bennis Fall reiht sich ein in die zunehmende Kriminalisierung von linker Politik und Antifaschismus. Kürzliche Veröffentlichungen haben gezeigt, dass das brutale Eingreifen der Polizei am Tag X bereits im Vorfeld geplant war. Wir sehen in dem flächendeckenden Verbot von Protest über mehrere Tage rund um die Urteilsverkündung eine weitere Zuspitzung der Einschränkung von Demonstrationsfreiheit. Hier setzt sich die Verbotspolitik linken Protests nach Blockupy in FFM und G20 in Hamburg fort. In Sachsen wird mit dem neuen Versammlungsgesetz diese Politik weiter institutionalisiert.

5. Wie schätzt ihr zukünftige Repression auf euch und andere Organisationen ein und wie können wir uns als Linke schützen?

Inwieweit Solidaritätskreise/Unterstützer:innen von Menschen im Knast in den Fokus der Behörden geraten, können wir nicht so wirklich einschätzen. Wir sind ja noch ganz neu im Game. Wir sehen aber gerade um das 129er Verfahren in Leipzig/Berlin viel Repression im Knast in Form von Zelldurchsuchungen und begleiteten Besuchen. Aber auch im Budapest-Verfahren gab es letzten Monat Hausdurchsuchungen bei der Familie von Maja nach einem Besuch in der JVA. Es ist wirklich erschreckend!

Was können wir tun, um uns zu schützen? Es gibt viele Veröffentlichungen rund um das Thema Sicherheit, wie z.B. von der Roten Hilfe und den Ermittlungsausschüssen. Außerdem halten wir es für sinnvoll, sich mit Verschlüsselung und Beriebssystemen, wie Tails und Graphene vertraut zu machen. Das Rad müssen wir nicht neu erfinden. Wichtig erscheint es uns, die Standards hoch zu halten und weder nachlässig zu sein, noch sich in einer vermeintlichen Sicherheit zu wägen. Dabei ist es wichtig uns gegenseitig bei Sicherheitsfragen zu unterstützen und Wissen sowie Skills nicht vorauszusetzen. Wir lernen ja alle Tag für Tag neue Sachen. Auch das Vertrauen, dass wir füreinander da sind, ob draußen oder im Knast, mildert die Angst vor der Repression.

6. Wie kann man euch und Benni derzeit unterstützen?

Über Briefe oder andere Zeichen der Solidarität freut sich Benni natürlich. Wir brauchen vor allem Geld um den anstehenden Prozess zu bewältigen und alles weitere. Infos dazu gibt es auf dem Blog freexantifas.org. Was uns in den letzten Wochen klar geworden ist, ist das eine gute Solistruktur einen großen Unterschied für die Person im Knast macht. Viele andere Inhaftierte um Benni herum bekommen weder Briefe noch Besuch, sondern nur ein klägliches Taschengeld.

Lasst uns die Gefangenen nicht vergessen. Gegen Knäste und das System das sie benötigt!

Alle Infos wie ihr Benni Briefe schreibt oder die Soligruppe finanziell unterstützen könnt, findet ihr hier.

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