„Gegen die rassistische Spaltung der Arbeiter*innenklasse müssen wir kämpfen.“
Im Rahmen des bundesweiten Bündnisses „Jugend gegen Rassismus“ werden am 27. April in vielen Städten Schüler*innen und Studierende gegen Ausgrenzung, Abschiebung und Krieg auf die Straße gehen. An dieser Stelle lassen wir die zahlreichen Ableger des Bündnisses zu Wort kommen. Dieses Mal haben Tabea Winter (Revolutionär-kommunistische Jugend, RKJ) und Marco Blechschmidt (Waffen der Kritik, WdK) mit Lucho Espinoza Gonzales aus Hannover gesprochen.
Die große Frage zuerst: Werdet ihr am 27. April einen Schulstreik auf die Beine stellen?
Wir werden am 27.4. um 16:00 Uhr eine Demo veranstalten. Von der Uni werden wir am türkischen Konsulat vorbei durch die Innenstadt zum Refugee-Protestcamp unserer sudanesischen Genoss*innen laufen, wo wir mit einer Pressekonferenz und gemeinsamem Essen abschließen werden.
Was gibt es bisher in Hannover für Erfahrungen? Gab es frühere Aktionen mit Schüler*innen?
Der antirassistische Kampf in Hannover hat sich in den letzen Jahren hauptsächlich in Demos gegen den lokalen PEGIDA-Arm und „Bürgerwehren“ ausgedrückt, wie vor allem auch im Kampf der sudanesischen Geflüchteten, die hier seit zwei Jahren ein Protestcamp haben, in dem sie für Bleiberecht und gegen den Diktator Al-Bashir kämpfen, mit dem das Auswärtige Amt gerade Geheimverhandlungen über einen Rückführungsplan aufgenommen hat.
Die Schüler*innen- und Studierendenbewegung ist hier im allgemeinen leider sehr schwach. Niedersachsen war das letze Bundesland, wo z.B. die Studiengebühren zu Fall gebracht wurden, noch nach Bayern. Wir spüren aber ein großes Interesse gerade unter Schüler*innen und Berufsschüler*innen. Ich hoffe, dass am Mittwoch viele Schüler*innen auf die Straße gehen werden und wir im Zukunft auch Aktionskomitees an Schulen aufbauen können.
Welche Gruppen und Organisationen beteiligen sich in Hannover an „Jugend gegen Rassismus“? Wie schätzt ihr die Dynamik dort ein?
Neben den sudanesischen Geflüchteten beteiligen sich die Solidaritätspartei Afghanistan, die Revolutionäre Internationalistische Organisation (RIO), die Linksjugend Solid und der SDS, sowie viele unorganisierte Studierende permanent an der Bündnisarbeit. Wir haben darüber hinaus eine gute Beziehung zu der kurdischen Jugend Ciwanen Azad.
Allein der Fakt, dass sich mehrere migrantische Gruppen mit Jugendlichen und Kartoffel-linken an einen Tisch setzen und anfangen zusammen Politik zu machen, ist ein bahnbrechender Erfolg. Ich finde, wir entwickeln eine sehr interessante Dynamik. Wir werden am Mittwoch keine rein weiße Demo sein, die gegen Rassismus demonstriert, sondern wir schaffen es, die Kämpfe der Geflüchteten mit denen der Schüler*innen und Studierenden zusammen zu bringen.
Profitiert ihr davon, dass „Jugend gegen Rassismus“ bundesweit auftritt?
Definitiv. Bisher gab es in Hannover noch gar keine bundesweite antirassistische Bewegung. Und wir können viel von der Arbeit anderer Städte lernen.
In einigen Städten entstehen gerade Streikkomitees an Unis und Schulen, in anderen gibt es diese bereits. Was sind eure Erfahrungen mit der Mobilisierung? Gibt es besondere Schwierigkeiten?
Wir haben gerade eine Keimzelle für ein erstes Streikkomitee an der Fachhochschule. Doch dadurch, dass wir erst Mitte März angefangen haben Jugend gegen Rassismus zu gründen, fehlt uns einfach die Zeit um Komitees aufzubauen. Dass der bundesweite Termin auf das Monatsende gelegt wurde, ist auch ein großes Problem. Viele Geflüchtete haben am Monatsende kein Geld mehr, um in dem Flächenland Niedersachsen das Zugticket in die Landeshauptstadt zu bezahlen.
Die letzten Wahlen haben einen Beweis geliefert für den anhaltenden Rechtsruck. Aus eurer Sicht, wieso scheiterte die Strategie „geht demokratisch wählen!“ und welche Rolle spielt „Jugend gegen Rassismus“ für eine erfolgreiche Strategie gegen Rechts?
Wir können gerade sehen, wie alle bürgerlichen Parteien den Forderungen der AfD hinterherlaufen und die Regierung sie Stück für Stück umsetzen. Die Errungenschaften vom jahrelangen Kampf der Geflüchteten wurden im Handumdrehen weggewischt. Die Residenzpflicht wurde wieder eingeführt, Familiennachzug faktisch abgeschafft und Abschiebungen werden intensiviert. Auch in Deutschland geborene Schüler*innen werden jetzt intensiver abgeschoben. Gleichzeitig treibt die Bundesregierung Pakte mit diktatorischen Regimen voran, um die EU-Außengrenzen dicht zu machen und die Geflüchteten vor den Mauern Europas in Armut, Krieg und Elend zu halten. Fluchtursachen bekämpfen heißt, gegen imperialistische Kriege und Wirtschaftspolitik zu kämpfen und nicht die Grenzen zu schließen.
Wenn wir den aktuellen Rechtsruck in Deutschland aufhalten möchten, brauchen wir eine große antirassistische Bewegung, die nicht nur AfD und PEGIDA angreift, sondern auch den staatlichen Rassismus und Krieg. Gleichzeitig müssen wir soziale Forderungen erheben, damit die Krise des Imperialismus nicht auf den Schultern der Jugend und Arbeiter*innen ausgetragen wird. Die AfD präsentiert sich als Alternative zum politischen Establishment. Doch nicht nur ihr Rassismus greift uns als Jugendliche und Arbeiter*innen an. Sie wollen Arbeitslosen- und Krankenversicherungen privatisieren und den Mindestlohn abschaffen. Gegen die rassistische Spaltung der Arbeiter*innenklasse müssen wir kämpfen.
Jugend gegen Rassismus ist derzeit das einzige Bündnis, das probiert eine bundesweite Bewegung aufzubauen. Eine Bewegung aus Jugendlichen, Migrant*innen, Arbeiter*innen und Geflüchteten. Gleichzeitig kämpft „Jugend gegen Rassismus – im Gegensatz zu dem Linkspartei-Projekt „Aufstehen gegen Rassismus“ – auch gegen den staatlichen Rassismus und soziale Sparmaßnahmen.
Wenn das jetzt Menschen aus Hannover lesen, die sich gerne beteiligen wollen, wie können sie euch erreichen?
Schreibt uns gerne auf Facebook an oder kommt auf der Demo am Mittwoch ab 16:00 hinter der Leibniz-Uni (Im Moore/Nelkenstr.) und sprecht die Leute am Boxen-Bollerwagen an!