Gegen die Fünf-Prozent-Hürde!

21.09.2017, Lesezeit 4 Min.
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Die Fünf-Prozent-Hürde wird allgemein dafür gelobt, „extreme“ Positionen aus dem Parlament zu halten und für Stabilität zu sorgen. Doch gerade dies sind triftige Gründe, warum Linke für die Abschaffung dieser undemokratischen Hürde eintreten sollten.

6,8 Millionen Stimmen gingen bei den letzten Bundestagswahlen 2013 an Parteien, die später nicht im Parlament vertreten waren. Ungefähr genauso viele Stimmen gingen an die beiden Oppositionsparteien, die Linkspartei und die Grünen, die neben der Union und der SPD in den Bundestag einzogen. Millionen gingen also zur Wahl, ohne dass am Ende ihre Stimme einen positiven Einfluss auf die Zusammensetzung des neuen Bundestags gehabt hätte. Dies haben sie der „Fünf-Prozent-Hürde“ zu verdanken.

Diese Hürde wurde für das gesamte Bundesgebiet zum ersten Mal bei den Parlamentswahlen 1953 eingeführt und wurde seitdem auf alle Ebenen (bis auf die kommunale) ausgeweitet. Begründet wurde sie damals dadurch, das „politische Chaos“ der Weimarer Republik und die bestehende Fragmentierung des Parlaments durch die vielen dort vertretenen Parteien zu verhindern, die als eine der Ursachen des Aufstiegs des Faschismus gedeutet wurde. Tatsächlich befanden sich zum Höhepunkt dieser Fragmentierung neun größere Parteien im Weimarer Reichstag und 29 weitere Sitze entfielen auf Kleinstparteien.

Doch war diese Zerspaltung nicht die Ursache der Schwäche der Weimarer Demokratie, sondern nur ein Ausdruck der fehlenden Legitimation, welche die bürgerliche Republik in den Augen der breiten Massen hatte. Und der Aufstieg des Faschismus wurde nicht durch die fehlende Fünf-Prozent-Hürde ermöglicht, sondern durch die kapitalistische Krise, die zur Verarmung der Mittelklassen führte, und den fehlenden gemeinsamen Kampf der Arbeiter*innenparteien SPD und KPD gegen Hitler.

Trotz dieser falschen Analyse leistete die Fünf-Prozent-Hürde dem politischen System der BRD in der Nachkriegszeit gute Dienste: sie vereinfachte es Union und SPD, Garanten der bürgerlichen Ordnung, sich als „Volksparteien“ zu etablieren und trug somit zu einer nie dagewesene Stabilität des politischen Systems bei mit einem Parlament, in dem über Jahrzehnte nur drei Parteien (neben CDU/CSU und SPD die FDP als Klientelpartei der Kleinbourgeoisie) vertreten waren.

Zudem verhinderte sie die parlamentarische Vertretung linker Organisationen wie der KPD, die dank der Einführung der Fünf-Prozent-Hürde aus dem Bundestag geworfen und drei Jahre später verboten wurde, und war damit ein perfektes Mittel, zusammen mit anderen undemokratischen Methoden die bürgerliche Demokratie gegen links zu schützen. Auch heute noch erfüllt die Fünf-Prozent-Hürde eine solche Aufgabe, wie man zuletzt bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfahlen sehen konnte, wo die Linkspartei mit einem relativ kämpferischen Wahlkampf nur knapp den Einzug ins Parlament verpasste. Damit bleibt sie nicht nur von der mit parlamentarischer Repräsentation verbundenen Öffentlichkeit befreit, sondern auch von zusätzlichen Geldern und Mitteln.

Zugegeben, heute sind es vor allem rechtsextreme bis faschistische Parteien, denen mit der Fünf-Prozent-Hürde der Einzug in den Bundestag erschwert wird. Im Fallbeispiel von 2013 blieben so AfD und FDP ohne parlamentarische Vertretung, was für Arbeiter*innen und Linke kein Grund zur Trauer ist. Doch solche bürgerlichen Parteien kommen durch Parteispenden von Unternehmen oder einzelnen Kapitalist*innen an ihr Geld und durch die rechte Medienlandschaft an ihre Öffentlichkeit.

Linke Kräfte, die unabhängig von den Kapitalist*innen, der bürgerlichen Presse und den bürgerlichen Parteien sind, haben es ungleich schwerer, ein Massenpublikum zu erreichen. Die Fünf-Prozent-Hürde dient dem politischen Establishment einerseits, ein Erstarken solcher Alternativen der radikalen Linken zu erschweren, und im Falle eines sozialen Linksrucks die parlamentarische Vertretung von revolutionären Kräften der Ausgebeuteten und Unterdrückten zu verhindern.

Sie ist deshalb ein weiterer Mechanismus zur Verfeinerung dieser verkommenen Demokratie für Reiche, bei der die Arbeiter*innen und Jugendlichen nichts zu sagen haben. Deshalb treten wir für die Abschaffung der Fünf-Prozent-Hürde ein.

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