Gegen die AfD heißt auch gegen die Bundesregierung
Gegenwärtig findet in der Bundesrepublik ein ernstzunehmender und radikaler Rechtsruck statt. Neben der stetig zunehmenden Zahl der Angriffe gegen Menschen, die nicht ins Weltbild der Rechten passen, gehören dazu vor allem die wachsenden Wahlerfolge der "Alternative für Deutschland". Doch was ist ihr Programm und wie kann diese Partei bekämpft werden?
Gegenwärtig findet in der Bundesrepublik ein ernstzunehmender und radikaler Rechtsruck statt. Der deutlichste Ausdruck dieser Tendenz ist die stetig zunehmende Zahl der Angriffe gegen Menschen, die nicht ins Weltbild der Rechten passen. Hierbei nimmt nicht nur die Häufigkeit der Übergriffe, sondern auch die Brutalität, mit der sie ausgeführt werden, zu. Das brennende Geflüchtetenheim ist zum Symbol für den rechten Terror in Deutschland avanciert. Allein 2015 gab es 222 gewalttätige Angriffe auf Gebäude, in denen Geflüchtete untergebracht waren. Bisher kam es in nur vier Fällen zu Verurteilungen der Täter*innen.
Als Beleg für diesen Rechtsruck könnte man auch die Wahlerfolge anführen, die die sogenannte Alternative für Deutschland in letzter Zeit errang. Diese Wahlergebnisse lediglich als weiteres Symptom der rechten Welle zu deuten, greift jedoch zu kurz. Die AfD als alleinige Verursacherin des nach rechts verschobenen politischen Diskurses anzusehen, beschreibt ihren Charakter jedoch ebenso wenig. Dieser Partei kommt vielmehr die Rolle eines Katalysators des Rechtsrucks zu, was ihr wiederum zu weiteren Erfolgen verhilft.
Doch wofür steht diese Partei, deren Erfolge Angehörige des gesamten politischen Spektrums in der BRD in so helle Aufregung versetzt haben? Bisher konnte mensch über die Antwort auf diese Frage nur rätseln, da es noch kein Wahlprogramm gab. Umso schwerer fiel dies, weil die Partei in einen völkischen und ein rechtskonservativen Flügel aufgespalten ist und ihre Vertreter*innen, wie es Populist*innen eigen ist, ihre Meinungen kaum jemals für mehr als eine Woche beibehielten. Die Strategie der AfD bestand in erster Linie darin, das politische Tagesgeschehen reißerisch und radikal zu kommentieren, um durch beabsichtigte Tabubrüche den politischen Diskurs nach rechts zu verschieben und dadurch wiederum die eigene Wählerschaft zu vergrößern. Ein geleaktes Parteiprogramm ermöglicht nun jedoch tiefere Einblicke in die Absichten dieser Partei, die vorgibt die Interessen des „kleinen Mannes“ zu vertreten. Im Folgenden sind nun einige Punkte aus diesem Programm zusammengefasst.
Eine Familie besteht im Weltbild der AfD aus Vater, Mutter und idealerweise drei Kindern. Durch ein Verbot von Abtreibungen soll das Recht von Frauen auf körperliche Selbstbestimmung beschnitten werden. Alle Menschen, die ihre sexuelle Ausrichtung individuell ausleben möchten, werden als wertlos betrachtet und unterdrückt. Diese Forderungen stehen in krassem Wiederspruch zu den Beteuerungen vieler AfD-Funktionär*innen nach der Silvesternacht in Köln, auf der Seite von Frauen zu stehen.
Die öffentliche Finanzierung kultureller Institutionen soll durch eine private ersetzt werden. Mit anderen Worten sollen somit arme und benachteiligte Menschen vom Besuch von Theatern, Museen oder anderen Möglichkeiten, Kultur zu genießen, ausgeschlossen werden. Die Forderung nach einem Ende der politischen Korrektheit verdeutlicht die Bestrebung, die Rechte der verhassten Lügenpresse zu beschneiden.
Die Religionsfreiheit wird von der AfD abgelehnt. Das geforderte Kopftuchverbot diskriminiert in Deutschland lebende Muslimas, hat einen rassistischen Charakter und zeigt wie Pseudofeminismus dazu benutzt wird, um die Bevölkerung zu spalten und rassistisch zu hetzen.
Zudem soll die Arbeitslosenversicherung privatisiert werden. Somit fordert die Partei die Rücknahme einer vor mehr als 100 Jahren von der Arbeiter*innenklasse erkämpften Errungenschaft. Zudem sollen „preußische Tugenden“ (als da wären: Absolutismus, Militarismus und Imperialismus) in der Schule gefördert werden. In der Praxis bedeutet das wohl eine autoritäre Schule in der lernschwache Kinder ausgegrenzt und benachteiligt werden. Inklusionsschulen lehnt die AfD ab und greift so auch die Rechte von Menschen mit Behinderung an.
Keine Front mit Merkel!
Dieses Programm attackiert Menschen mit Migrationshintergrund, Frauen, LGBTI und Muslime. Dass viele, die sich politisch dem linken Lager zurechnen, ihr komplettes Engagement gegen Pegida und AfD ausrichten, ist nachvollziehbar. Viele gehen dabei aber so weit, sich mit der Politik der großen Koalition zu solidarisieren, da ihre Positionen im Vergleich mit denen der AfD als noch vertretbar erscheinen. Diese Heltung ist widersprüchlich: Durch die beschlossenen Asylpakete und das Integrationsgesetz erfüllt die Regierung Merkel zahlreiche der rassistischsten Forderungen der AfD. Selbst der Schießbefehl ist längst Realität, wenn auch nicht an der deutschen, sondern an der türkischen Grenze – finanziert durch europäisches Geld im Erdoğan-Merkel-Deal.
Ein Hauptgrund für den Erfolg der „Alternative für Deutschland“ ist, dass sie eben das ist: die einzige sichtbare Alternative zu Merkels Politik der Alternativlosigkeit. Da keine der sogenannten etablierten Parteien die Politik der großen Koalition in der Praxis angreift, ist es die Pflicht jeder*s Linken, die rassistische, imperialistische und neokolonialistische Politik der großen Koalition zu kritisieren und zu bekämpfen.
Die autonome Strategie, dem Rechtsruck nur individuell entgegenzutreten, scheitert. Einzig eine antirassistische und antikapitalistische Massenbewegung, die eine Verankerung in Schulen, Betrieben und Unis hat, kann die rassistische Praxis in Deutschland beenden und Forderungen nach Bewegungsfreiheit für alle und offene Grenzen durchsetzen. Ihr effektivstes Mittel wird der politische Streik sein. Für diese Perspektive kämpfen wir im bundesweiten Bündnis „Jugend gegen Rassismus“.
Wer für die Rechte von Geflüchteten kämpfen will, sollte auch in Betrieb, Schule oder Universität für eine lebendige Streikkultur eintreten. Das Repoirtoir sollte nicht nur für die (richtige) Störung rechter Veranstaltungen umfassen, sondern auch die Verhinderung von Abschiebungen und die Unterstützung Geflüchteter bei der Organisation von Selbstverteidigung.