Gegen das FU-Präsidium gewinnen? Na, klar!
Gestern fand der Workshop „Sozialer Kannibalismus an der FU Berlin – Aufstand der Mutigen“ im Rahmen der Kritischen Orientierungswochen an der Freien Universität statt. Der Workshop wurde von Berliner Aktion gegen Arbeitgeberunrecht (BAGA) organisiert, die den Kampf der Arbeiter*innen am Botanischen Garten gemeinsam mit solidarischen Studierenden begleitet und unterstützt haben. Kolleg*innen waren natürlich auch am Start.
„Systematischer Vernichtungskrieg gegen Rechte der Arbeiter*innen“: So beschrieb Ramazan, Aktivist der BAGA, den „sozialen Kannibalismus“, der nicht nur in Privatunternehmen, sondern gerade auch im öffentlichen Dienst immer weiter um sich greift.
Doch die Kolleg*innen des Botanischen Gartens der FU Berlin haben es geschafft, diesen „Kannibalismus“ zu besiegen. Sie kämpften jahrelang für ihre Forderung „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ – bis 2019 werden sie auf 100% des Tarifvertrags der Länder (TV-L) angeglichen, was Lohnsteigerungen von mehr als 40% bedeutet.
Der Workshop begann mit einem kurzen Bericht der Streiks und Aktionen, die diesen Erfolg ermöglicheten. Es wurden Fotos aus den jeweiligen Aktionen gezeigt, der Verlauf und die Hintergründe des Kampfes dargelegt. Die Geschäftsführer*innen wurden von den Aktivist*innen von BAGA als “Organisator*innen des sozialen Kannibalismus” beschrieben. Mit hartem Mobbing, Markierung von Betriebsräten als Feind, erfundenen Vorwürfen und Kündigungsdrohung hätten die Manager*innen ihre Rolle so gut wie möglich gespielt.
Auch die Tatsache der „indirekten Steuerung“ wurde diskutiert, die besonders bei den Arbeitszeiten anschaulich wird. Die sogenannte „indirekte Steuerung“ entsteht, indem sich die Verantwortlichen aus dem operativen Geschäft immer weiter zurück ziehen und die Beschäftigten sich selbst überlassen. Gleichzeitig wird Personal abgebaut und der Arbeitsumfang nicht verkleinert. Diese „Selbststeuerungs“-Techniken bauen indirekt hohen Druck auf, so dass es im Botanischen Garten sogar schon vorgekommen sein soll, dass sich vereinzelt Beschäftigte ausgeloggt und dann weiter gearbeitet haben sollen, um die liegengebliebene Arbeit zu schaffen. Dadurch wird es ermöglicht, dass die Geschäftsführung zwar keine Verantwortung für die Arbeitsbelastung und den Personalmangel auf sich nimmt, aber der Druck auf die Arbeiter*innen trotzdem immer weiter steigt.
Danach ergriff Lukas S., ver.di-Mitglied am Botanischen Garten, das Wort. Er meinte, dass die Unterstützung solidarischen Gruppen, zu denen auch die Revolutionär-Kommunistische Jugend und Klasse Gegen Klasse gehörten, für viele ein Ansporn war, die gewerkschaftliche Arbeit und unsere Forderungen voranzutreiben. Auch der studentische Druck auf das FU-Präsidium habe eine wichtige Rolle bei den Verhandlungen gespielt. . Durch die Unterstützung der Studierenden und durch Personalräte, haben sich viele Beschäftigte der Betriebsgesellschaft das erste Mal als Teil der Freien Universität gefühlt. Nach Jahren der Auseinandersetzung haben nun viele das Bedürfnis nach einer weiteren atmosphärischen Annäherung.
Gegen Ende wurde nochmal betont, dass der Kampf am Botanischen Garten, von kleinen Ausnahmen abgesehen, der einzige gewonnene Kampf der letzten zehn Jahre gegen das FU-Präsidium sei. Die gewerkschaftliche Organisierung im Betrieb erhöhe sich weiter und immer neue Kolleg*innen beteiligen sich an Versammlungen. Die Arbeiter*innen am Botanischen Garten haben endlich ihre eigene Autorität gegen die Despotie des Managements durchsetzen können. Aber dieses neue Kräfteverhältnis beinhaltet zukünftige Konflikte, was bedeutet, dass der Kampf nicht vorbei sei, so Ramazan (BAGA). Aber auch gegenüber dem Berliner Senat ist der Kampf noch nicht zu Ende. Die vor der Wahl getätigten Versprechen und Parteibeschlüsse sind wichtiger Bestandteil der tarifvertraglichen Regelungen und müssten nun in die Tat umgesetzten werden, so Lukas S.. Daher könnte es schon bald zu weiteren Aktionen rund um die Koalitionsverhandlungen kommen.
Am Schluss des Workshops wurde ein Video über den gewonnenen Sieg und ein Solidaritätsfoto zur Kampagne der Studentischen Beschäftigten für einen neuen Tarifvertrag (Tv-Stud) gezeigt.